Ein Östrogenmangel kann sich unterschiedlich auswirken. Junge Mädchen treten verspätet in die Pubertät ein, die erwachsene Frau ist weniger fruchtbar und die reifere Dame klagt über postmenopausale Beschwerden. Östrogenmangel kann einerseits durch eine Störung der Funktion des Eierstocks entstehen, andererseits aber auch durch mangelnde Kommunikation zwischen Gehirn und Organ - den Eierstöcken. Die Beschwerden sind je nach Altersgruppe verschieden. Junge Mädchen hängen in der Entwicklung zurück, der Kinderwunsch einer jungen Frau bleibt unerfüllt und die reifere Dame klagt über Hitzewallungen, Schwindel oder Kopfschmerzen. Die Therapie zielt vor allem auf die Gabe von Östrogen ab - dieses wird entweder synthetisch oder aus Produkten in der Natur hergestellt.
Östrogene sind, ebenso wie Gestagene, die Sexualhormone (Reproduktionshormone) der Frau. Sie werden hauptsächlich in den Eierstöcken gebildet, ein geringerer Teil aber auch in der Nebennierenrinde, im Bindegewebe und im Fettgewebe. Die Produktion der Sexualhormone unterliegt einem Regelkreis zwischen Strukturen im Gehirn (Hypophyse und Hypothalamus) und den Eierstöcken.
Östrogene beeinflussen die Geschlechtsorgane (Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, Wachstum der Gebärmuttermuskulatur, Menge und Beschaffenheit des Scheidenausflusses) und die Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale (Wachstum der Brustdrüse in der Pubertät, hohe Stimme, weibliche Körpererscheinung mit breiter Hüfte, schmaler Taille und schmalen Schultern). In der Pubertät bewirken die Östrogene außerdem den Wachstumsschub.
Ein Mangel an Östrogenen kann viele verschiedene Ursachen und vielfältige Auswirkungen haben.
Ein Östrogenmangel bzw. ein erniedrigter Östrogenspiegel ist bei Frauen in den Wechseljahren (Klimakterium) oder nach der Menopause physiologisch - das heißt ganz natürlich. Im Laufe der Wechseljahre, die normalerweise zwischen dem 45. und dem 55. Lebensjahr auftreten, stellen die Eierstöcke die Produktion der Östrogene ein. Es kommt zu einem Mangel an Östrogenen mit vielfältigen Symptomen.
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Bei Frauen, die noch vor den Wechseljahren sind, kann ein Östrogenmangel durch eine eingeschränkte Funktion und/oder eine Fehlbildung der Eierstöcke zustande kommen.
Die Funktionsstörung der Eierstöcke unterteilt man in primäre und sekundäre Formen.
Bei der primären Funktionsstörung liegt das Problem bei den Eierstöcken selbst. Sie können ihre Aufgaben (Eizellreifung und die Hormonproduktion) aufgrund von Fehlbildungen oder Funktionsstörungen nicht mehr erfüllen. Das vorzeitige „Ermüden“ der Eierstöcke vor den Wechseljahren kann zum Beispiel nach Autoimmunprozessen (in den Eierstöcken selbst), nach Chemo- oder Strahlentherapie oder Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus auftreten. Tritt die primäre Funktionsstörung der Eierstöcke vor dem 40. Lebensjahr auf, bezeichnet man dies als „Klimakterium praecox“ (vorzeitige Wechseljahre).
Die Frau wird vorzeitig unfruchtbar, da die Eizellen nicht mehr heranreifen und es nicht zum Eisprung kommen kann. Dieses Phänomen tritt familiär gehäuft auf. Ist die Mutter schon frühzeitig in die Wechseljahre gekommen, könnte es bei einem Kinderwunsch der Tochter wichtig sein, nicht zu spät mit der Familienplanung zu beginnen.
Bei der sekundären Funktionsstörung der Eierstöcke liegt das Problem auf Ebene des Hypothalamus oder der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) im Gehirn, die Eierstöcke selbst sind aber eigentlich funktionstüchtig. Fehlen durch eine Störung des Gehirns die Impulse an die Eierstöcke, produzieren diese keine Hormone.
Ursachen für die Störungen in den entsprechenden Gebieten können entzündliche Prozesse, Traumata, Tumore, Stress, exzessive physische Aktivität, starkes Untergewicht (Anorexia nervosa: bei magersüchtigen Patientinnen setzt häufig die Periode aus, da der Regelkreislauf nicht mehr richtig funktioniert und es dementsprechend nicht zu einem regelmäßgigen Zyklus kommt), Depressionen und endokrine Störungen wie z.B. Schilddrüsenunterfunktion sein.
Eine sogenannte Gonadendysgenesie beschreibt das angeborene, genetisch bedingte Fehlen der Eierstöcke. Da es hier keine Östrogene produziert werden, kommt es nicht zu einer Ausreifung der Geschlechtsorgane während der Pubertät. Die betroffenen Frauen bekommen nicht ihre Periode (primäre Amenorrhö) und bleiben unfruchtbar. Die Gonadendysgenesie kommt im Rahmen seltener genetischer Syndrome wie beispielsweise dem Turner-Syndrom oder dem Klinefelter-Syndrom vor.
Natürlich ist die Östrogenproduktion auch nach einer operativen Entfernung eines oder beider Eierstöcke (Ovarektomie) herabgesetzt. Eine Ovarektomie kann zum Beispiel bei folgenden Krankheitsbildern ein Teil der Therapie sein: Ovarialtumore, Ovarialendometriose, Brustkrebs, Eileiterkrebs.
Die Wechseljahre (Klimakterium) bilden die Übergangsphase von der reproduktiven Zeit einer Frau (die Zeit, in der die Frau fruchtbar ist) bis zum Ausbleiben der Regelblutung. In dieser Zeit stellen die Eierstöcke ihre Funktion nach und nach ein. Die Wechseljahre beginnen normalerweise zwischen dem 40. und dem 50. Lebensjahr. Die Produktion der Östrogene lässt nach, der Zyklus wird unregelmäßig und es kommt immer seltener zur Periode.
Als Menopause bezeichnet man den Zeitpunkt der letzten Menstruation, durchschnittlich im 52. Lebensjahr.
Die hormonelle Umstellung kann symptomlos verlaufen, einige Frauen leider aber unter den typischen „Wechseljahresbeschwerden“.
Die Symptome des Ausfalls der Sexualhormone können vielfältig sein:
Zu ihnen zählen Schweißausbrüche, Hitzewallungen, Schwindel, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Hautveränderungen, Harnwegsbeschwerden, Herzrhythmusstörungen, Nervosität, Reizbarkeit und depressive Stimmung. Außerdem kann eine Scheidentrockenheit auftreten, die einerseits zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führt, andererseits Infektionen mit Bakterien oder Pilzen begünstigt.
Langfristig kann der Östrogenmangel Osteoporose (Knochenschwund) und Arteriosklerose (Ablagerung in der Gefäßwänden) bewirken. Diese Krankheiten gehen mit erhöhten Risiken für Knochenbrüche und Durchblutungsstörungen beispielsweise der Beine oder des Herzens einher.
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Sind die unangenehmen Beschwerden während den Wechseljahren stark ausgeprägt, kann man eine Hormonersatztherapie in Erwägung ziehen. Hierbei werden die Sexualhormone der Frau (Östrogene und Gestagene) durch Arzneimittel in Form von Tabletten, Pflastern oder Cremes ersetzt. Zur lokalen Behandlung stehen ebenfalls Cremes, Vaginalringe oder Pessare (Hartplastikstück, welches die Gebärmutter in ihrer Position hält) zur Verfügung.
Eine Hormonsubstitution kann die oben genannten Beschwerden verbessern und die langfristigen Folgen wie Osteoporose vermindern.
Ein Nachteil der Hormonersatztherapie mit Östrogenen ist, dass sie das Risiko für Brustkrebs und Gebärmutterkrebs erhöhen kann.
Alternative Behandlungsmethoden kommen aus dem Bereich der Naturheilkunde und umfassen zum Beispiel das Schröpfen (mittels Unterdruck durch kleine Gläser auf der Haut sollen Verspannungen gelöst und Schmerzen gelindert werden), Neuraltherapie (Lokalanästhetika sollen das vegetative Nervensystem beeinflussen), Moorsitzbäder und die Einnahme von Cimicifugawurzelstock (Pflanzenextrakte, die östrogenähnliche Wirkungen entfalten sollen).
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Die häufig beklagte Gewichtszunahme während der Wechseljahre ist weniger auf die hormonelle Umstellung, als auf den altersbedingten erniedrigten Grundumsatz des Körpers zurückzuführen. Der größte Energieumsatz findet in den Muskeln statt. Eine sinkende Muskelmasse durch Bewegungsmangel bei gleichbleibenden Ernährungsgewohnheiten führen somit zu einer Gewichtszunahme.
Durch die hormonelle Umstellung kann es auch zu einem Umbau der Fettreserven kommen. Das relative Überwiegen der männlichen Geschlechtshormone bewirkt eine vermehrte Fettspeicherung am Rumpf, vor allem am Bauch und um die inneren Organe. Dies kann den Stoffwechsel beeinflussen und das Entstehen eines Altersdiabetes und steigende Cholesterinwerte begünstigen.
Ein Östrogenmangel bei Frauen kann unterschiedliche Symptome aufweisen.
Besteht der Hormonmangel schon im Kindesalter, zum Beispiel durch eine Fehlanlage der Eierstöcke im Rahmen eines genetischen Defekt, kann es zu einer verzögerten, unvollständigen oder sogar vollständig fehlenden Entwicklung der Pubertät kommen.
Auch Schädigungen der Eierstöcke vor der Pubertät zum Beispiel durch Bestrahlung und Chemotherapie im Bereich des Beckens oder aber Veränderungen der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) aufgrund von entzündlichen Prozessen, Traumata oder Tumoren können zu einem verspäteten Einsetzen der Pubertät führen.
Symptome bei Mädchen, die verzögert in die Pubertät kommen, können unter anderem eine verzögerte Entwicklung des Brustwachstums, der Schambehaarung und der ersten Regelblutung sein. Außerdem kann der Wachstumsschub ausbleiben. Die häufigste Ursache für eine verzögerte Pubertät ist familiär bedingt, bei der die Kinder sich einfach etwas später, aber ganz normal entwickeln.
Bei erwachsenen Frauen kann ein Östrogenmangel bzw. ein Ungleichgewicht der Geschlechtshormone zu Zyklusstörungen bis hin zur Unfruchtbarkeit führen. Dabei kann es zu Zwischenblutungen oder einem immer seltenerem Auftreten der Menstruationsblutung kommen. Ist der Zyklus länger als 35 Tage (normal: 23 bis 35 Tage), spricht man von einem verlängerten Zyklus.
In den Wechseljahren ist der Östrogenmangel für die typischen Beschwerden während der Wechseljahre verantwortlich.
Die Einnahme der Anti-Baby-Pille kann in Zusammenhang mit Beschwerden wie Scheidentrockenheit, Infektionen des Genitaltrakts und Schmerzen bei Geschlechtsverkehr stehen. Bei Verhütung mit niedrig dosierten Kompipräparaten wird die eigene Östrogenproduktion unterdrückt, wodurch es zu den lokalen Hormonmangelerscheinungen im Beckenbodenbereich kommen kann. Östrogene stimulieren normalerweise den Aufbau und die Regeneration der Scheidenhaut. Besteht ein lokaler Östrogenmangel, so wird die Scheidenhaut dünner, trockener und empfindlicher. So kommt es oft nach Pilzinfektionen zu den oben genannten Beschwerden, da die Regeneration des Gewebes gestört ist.
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Auch Männer haben Östrogene. Sie entstehen, wie bei der Frau aus Testosteron. Je höher der Testosteronspiegel ist, desto mehr Östrogen wird gebildet. Dementsprechend sinkt bei niedrigerem Testosteronspiegel (beispielsweise im Alter) auch der Östrogenspiegel.
Ein Östrogenmangel bei Männern wirkt sich vermutlich auf die Masse an Fett im Körper aus. Es kommt vermutlich zu vermehrten Fettdepots unter der Haut und im Bauchraum. Auch Libido und Potenz scheinen von beiden Hormonen (Testosteron und Östrogen) abhängig zu sein.
Durch eine Testosteron-Einnahme kann auch der Östrogenspiegel wieder auf Werte im Normbereich angehoben werden.
Die Therapie eines Östrogenmangels bezieht sich vor allem auf die Gabe von Östrogen. Die Art der Therapie richtet sich nach der Zielgruppe - beispielsweise das junge Mädchen, bei dem die Pubertät verspätet einsetzt oder die reifere Frau, die ihre postmenopausalen Beschwerden lindern möchte.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Beschwerden durch den Östrogenmangel zu verbessern oder zu behandeln.
Eine Möglichkeit ist die Hormonersatztherapie. Diese kommt vor allem bei postmenopausalen Beschwerden zur Anwendung. Hierbei werden die fehlenden Östrogene und eventuell auch Gestagene verabreicht und der Hormonmangel somit ausgeglichen. Das Ziel der Behandlung ist es nicht, die ursprüngliche Hormonkonzentration wiederherzustellen, sondern mit einer verringerten Dosis die Beschwerden zu lindern oder sie zu verhindern.
Vor Beginn der Hormonersatztherapie ist eine umfassende Untersuchung durch den Frauenarzt und eine Aufklärung zu Vor- und Nachteilen und zu Risiken bei der Langzeitbehandlung unerlässlich. Während der Therapie sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen zu empfehlen.
Eine individuelle Abwägung zwischen dem Nutzen und den Risiken ist wichtig. Studien haben gezeigt, dass das Brustkrebsrisiko bei Frauen steigen kann, die länger als fünf Jahre eine Hormonersatztherapie bekommen haben (v.a. bei Kombipräparaten mit Östrogenen und Gestagenen).
Als positive Wirkungen der Hormonersatztherapie verspricht man sich neben der Verringerung der Wechseljahresbeschwerden eine Verhinderung von Entzündungen im Genitalbereich (siehe auch: Scheidenentzündung), Depressionen und von Osteoporose im Rahmen der Wechseljahre.
Die Darreichungsform der Hormone ist vielfältig: Es stehen Tabletten, Pflaster, Cremes und Gele sowie Pessare und Vaginalringe zur lokalen Behandlung zur Verfügung.
Alternative Behandlungsansätze bei einem Hormonmangel bieten Naturheilverfahren. Diese kommen vor allem bei milderen Beschwerden in Betracht. Sie beziehen sich auf die Einnahme von pflanzlichen Östrogenen. Diese werden aus Nahrungsergänzungsmitteln wie z.B. Soja, Leinsamen, Rotklee, Hopfen, Salbei, Süßholz oder Johanneskraut gewonnen.
Bei der traditionellen chinesischen Medizin kommen vor allem Akupunktur und die Einnahme chinesischer Heilkräuter zur Anwendung. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit bei einer Langzeitanwendung dieser Naturheilverfahren ist wissenschaftlich allerdings noch nicht gesichert.
Die Folgen eines Östrogenmangels können weitreichend sein. Ein Mangel des Hormons kann sich auf die Entwicklung der Geschlechtsorgane, auf den Menstruationszyklus, Fruchtbarkeit und Schwangerschaft auswirken, da beim Östrogenmangel die vielfältigen Funktionen des Östrogens nicht mehr einwandfrei erfüllt werden können.
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