Kleinhirnbrückenwinkel

Der Kleinhirnbrückenwinkel (angulus pontocerebellaris) ist die Bezeichnung einer bestimmten anatomischen Struktur des Gehirns. Er liegt zwischen Hirnstamm (bestehend aus Mittelhirn= Mesenzephalon, Rautenhirn= Rhombenzephalon und Brücke= Pons) und Kleinhirn (Cerebellum), und Felsenbein.

Kleinhirnbrückenwinkel

Anatomie des Kleinhirnbrückenwinkels

Der Kleinhirnbrückenwinkel (angulus pontocerebellaris) ist die Bezeichnung einer bestimmten anatomischen Struktur des Gehirns. Er liegt zwischen Hirnstamm (bestehend aus Mittelhirn= Mesenzephalon, Rautenhirn= Rhombenzephalon und Brücke= Pons) und Kleinhirn (Cerebellum) und Felsenbein.
Er ist in der hinteren Schädelgrube lokalisiert. Der Kleinhirnbrückenwinkel stellt eine Nische dar, durch die wichtige Hirnnerven auf engen Raum hindurchziehen.
Der Nervus intermedius und der Nervus facialis (bilden zusammen den 7. Hirnnerven) sowie der Nervus vestibulicochlearis (der 8. Hirnnerv) entspringen hier der Hirnstruktur und ziehen zu ihren Versorgungsgebieten. 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf unserer Seite Hirnnerven.

Außerdem ziehen die Arteria cerebelli inferior anterior und die Arteria cerebelli inferior posterior durch den Kleinhirnbrückenwinkel hindurch.
Auch Hirnvenen, die zum sinus petrosi gehören, ziehen hindurch. Der Kleinhirnbrückenwinkel ist so bekannt, weil in dieser Region häufig Tumore auftreten können, die aufgrund der engen anatomische Situation schnell symptomatisch (Hirnnervenausälle) werden.

Tumore im Kleinhirnbrückenwinkel

Raumforderungen im Kleinhirnbrückenwinkel fallen durch frühe Symptome auf. Diagnostik der Wahl ist ein MRT. Häufig sind die Tumore gutartig. Doch durch die anatomische Enge im Kleinhirnbrückenwinkel drücken sie durch ihr Wachstum auf die dort entlanglaufenden Hirnnerven und führen so zu Hirnnervenausfällen.
Um die Ausfallsymptomatik zu verstehen, muss man wissen, was für Funktionen die Hirnnerven haben.

Der 7. Hirnnerv, der Nervus facialis innerviert mit seinen motorischen Fasern die Muskulatur im Gesicht. Wenn dieser ausfällt, hat der Patient eine Facialisparese (eine Gesichtshälfte hängt schlaff herab). Der 8. Hirnnerv, der Nervus vestibulocachlearis ist für das Hören und das Gleichgewicht verantwortlich. Ist er betroffen, hat der Patient also eine Hörminderung und gegebenenfalls einen Tinnitus und Schwindel. Es gibt verschiedene Tumore die eine Raumforderungssymptomatik hervorrufen können.
Die häufigsten sind die Akustikusneurinome (Vestibularisschwannom), aber auch Meningeome, Epidermoide, Glomus-jugulare-Tumoren und Hirnmetastasen. Das Akustikusneurinom ist ein gutartiger Tumor der von den Schwann-Zellen des 8. Hirnnervs ausgeht. Er kann auch im inneren Gehörgang lokalisiert sein, was häufiger vorkommt als die Lage im Kleinhirnbrückenwinkel.
Die Patienten klagen über eine Schwerhörigkeit, häufig vergesellschaftet mit Schwindel und einem Tinnitus.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Síe auf unseren Seiten Akutstikusneurinom und Meningeom

Hat der Tumor eine bestimmte Größe, kann er auf den 7. Hirnnerven drücken und eine Facialisparese auslösen. Auch der 5. Hirnnerv, der Nervus trigeminus, der ebenfalls eine räumliche Nähe zum Tumor haben kann, kann in Mitleidenschaft gezogen werden. Daraus kann eine Sensibilisierungsstörung im Gesicht hervortreten, bis hin zur Trigeminusneuralgie. Wenn der Tumor weit fortgeschritten ist, ist eine Hirnstammkompression möglich. Es kommt zum erhöhten Hirndruck, was sich mit Kopfschmerzen, Erbrechen und Bewusstseinsstörung äußert.
Als Therapie der ersten Wahl gilt eine Operation. Ziel ist es die Hirnnervenfunktion zu erhalten, deswegen sollte rechtzeitig operiert werden, solange die Nerven noch keinen bleibenden Schaden durch den Druck erlitten haben. Die Operation kann von der hinteren Schädelgrube oder dem Gehörgang aus durchgeführt werden (entscheidend ist hierbei letztendlich die Lage des Tumors). Eine solche Operation dauert einige Stunden. Ist für alte, instabile Patienten das OP-Risiko zu hoch, kann eine Radiochirurgie erfolgen

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Fazialisparese

Weitere kurze Informationen zu den anderen Tumorarten

Meningiome sind Tumore, die von den Hirnhäuten (Meningen) ausgehen.
Epidermoide sind angeborene, seltene Tumore.
Glomus-jugulare-Tumore gehen von den Paraganglien in der Grube des Schläfenbeins (fossa jugularis) aus.
Hirnmetastasen sind Tochtertumore, die Primärtumore sind häufig der Lungenkrebs, der Brustkrebs, der Nierenzellkrebs und der schwarze Hautkrebs.

 

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Hirntumor  und Gehirntumor Anzeichen

Kleinhirnbrückenwinkelsyndrom

Das Kleinhirnbrückenwinkelsyndrom ist eine Kombination von Symptomen, die bei Tumor im Kleinhirnbrückenwinkel auftreten können (siehe Kleinhirnbrückenwinkeltumore).
Durch die Anatomie des Kleinhirnbrückenwinkels lassen sich die Symtome herleiten.
Zu den Symptomen zählen: Hörminderung, Tinnitus, Schwindel, Gangunsicherheit (8. Hirnnerv = Nervus vestibulocochlearis),eine einseitige Facialisparese also eine Gesichtsmuskellähmung (7. Hirnnerv= Nervus facialis).  Missempfindungen bis hin zur Trigeminusneuralgien also Gesichtsschmerzen (5. Hirnnerv= Nervus tirgeminus) treten meist erst bei größeren Tumoren auf.
Auch der 6. Hirnnerv (Nervus abducens) kann dann betroffen sein, was zu einer Augenmuskellähmung führt.
Bei ausgeprägten Befunden kann es zu einer Hirnstammkompression (Übelkeit, Erbrechen und Bewusstseinstörung) und Kleinhirnsymptomen (cerebelläre Gangunsicherheit) kommen. Der Hirndruck steigt dabei fortschreitend an.

 

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter: 

Eine Übersicht der bisher erschienenen Themen der Neurologie finden Sie unter Neurologie A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 01.11.2017 - Letzte Änderung: 25.07.2023