Bei einem Baby können diverse Notfallsituationen auftreten, in denen man teilweise anders reagieren muss als beim Erwachsenen. Der Artikel geht auf verschiedene Notfallsituationen wie Unterkühlung, Krampfanfälle, Atemstillstand und andere Fälle ein.
Der Rettungsdienst benötigt in Deutschland im Durchschnitt acht Minuten. Das kann im Notfall eine sehr lange Zeit sein und kommt besonders besorgten Eltern noch länger vor. In einigen Fällen können jedoch die Maßnahmen, welche jeder Ersthelfer lernen kann, Leben retten. Bei Babys sind zum Teil andere oder abgewandelte Maßnahmen notwendig als bei Erwachsenen.
Die meisten Hilfsorganisationen bieten gezielt Erste-Hilfe-Kurse für Notfälle bei Kindern an. Die meisten Maßnahmen sollten tatsächlich geübt werden und nicht nur nachgelesen werden.
Einer der häufigsten Notfälle im Kleinkindalter ist wohl das Verschlucken. Kinder entdecken ihre Welt mit allen Sinnen und besonders mit dem Mund.
Alles wird in den Mund gesteckt und einige Spielzeuge sind so klein, dass sie ihren Weg in die Atemwege finden. Besonders riskant sind hierbei Nüsse, Smarties und Legosteine. In vielen Fällen bleibt lediglich das Essen kurzzeitig in der Speiseröhre hängen und die Situation beruhigt sich schnell wieder. Gelangt der verchluckte Gegenstand jedoch in die Luftröhre, besteht die Gefahr des Erstickens.
Durch einen Hustenanfall kann das Hindernis herausbefördert werden. Dieses Husten kann unterstützt werden, indem in Kopftieflage zwischen die Schulterblätter geklopft wird. Bei Babys wird hierzu das Kind auf den Unterarm gelegt und der Kopf als tiefster Punkt gehalten. Größere Kinder können über das Knie des Helfers gelegt werden.
Das sogenannte Heimlich-Manöver sollte bei Babys und Kleinkindern nicht durchgeführt werden, da hierbei innere Organe verletzt werden können. In jedem Fall sollte eine Vorstellung beim Arzt erfolgen, um mögliche Reste zu entfernen. Im akuten Fall sollte der Rettungsdienst gerufen werden.
Ersticken bedeutet, dass die Atemwege zu sind und das Baby nicht mehr ausreichend Sauerstoff erhält. Dies kann verschiedene Ursachen haben. Kinder erforschen ihre Umgebung oft mit dem Mund und können daher kleine Spielzeuge einatmen. In diesem Fall kann das oben beschriebene Schulterklopfen den Hustenreiz unterstützen und den Fremdkörper herausbefördern.
Der Heimlich-Griff aus der erwachsenen Ersten Hilfe sollte unterlassen werden, da hierbei innere Verletzungen auftreten können. Ebenso sollten die Ersthelfer nicht versuchen den Fremdkörper selbst aus der Luftröhre zu entfernen.
Eine weitere Ursache für Ersticken ist ein zugeschwollener Hals durch einen Insektenstich. Dieser akute Notfall erfordert die Hilfe des Rettungsdienstes. Unterstützend kann der Hals des Kindes von außen gekühlt werden und bei etwas älteren Kindern können auch Eiswürfel gelutscht werden.
Auch bei schweren Infektionskrankheiten, wie dem Keuchhusten, kann es zu einem Ersticken kommen. Die Stimmritze kann verkrampfen und so die Atemwege verschließen. Manche Kinder bekommen besser Luft, wenn sie an das offene Fenster gebracht werden, aber auch hier ist der Notruf erforderlich.
Insektenstiche sind schmerzhaft, aber in den meisten Fällen nicht gefährlich. Bei einem Wespenstich sollte die betroffene Stelle zur Schmerzstillung gekühlt werden.
Ein Sonderfall sind Wespenstiche im Mundraum. Kinder essen oft ihr Eis ohne darauf zu achten, ob eine Wespe auf dem Eis sitzt. Bei einem Stich im Hals kann der Hals zuschwellen und eine Atemnot auslösen. Hierbei ist der Rettungsdienst hinzuzuziehen. Der Hals kann von außen gekühlt werden und ältere Kinder können auch Eiswürfel lutschen.
Ein weiterer Sonderfall bei Wespenstichen sind Allergiker. Kinder, die allergisch auf Insektengift reagieren, können auch bei Stichen in anderen Regionen als dem Hals eine Atemnot entwickeln. Bei bekannter Allergie haben die Eltern manchmal bereits einen Epi-Pen als Notfallmedikament dabei. Dieser sollte auf den Oberschenkel gesetzt werden und gedrückt werden, bis die Ampulle leer ist. In jedem Fall sollte eine extreme allergische Reaktion ärztlich abgeklärt werden.
Zur Vorbeugung sollten Kinder nur aus geschlossenen Behältnissen trinken und die Eltern sollten einen Blick auf das Essen der Kinder haben.
Die Lebensfunktionen des Körpers setzen sich aus Atmung, Kreislauf und Bewusstsein zusammen. Jeder Ausfall eines der Systeme führt nach kurzer Zeit auch zu Problemen mit den anderen Systemen.
Ohne Sauerstoff treten nach ungefähr fünf Minuten unumkehrbare Hirnschäden ein. Wenn ein Baby oder Kleinkind einen Atemstillstand erleidet, muss als Erstes der Notruf betätigt werden. Im nächsten Schritt wird das Kind in sogenannter Schnüffelposition gelagert. Das bedeutet, dass der Kopf minimal überstreckt wird und zum Beispiel mit einem Handtuch unter den Schultern stabilisiert wird. Komplettes Überstrecken wie beim Erwachsenen ist nicht erforderlich.
Nun muss der Helfer das Baby fünfmal initial beatmen, da dies je nach Ursache die Atmung wieder anregen kann. Hierzu schließt der Helfer Mund und Nase unter seinem Mund ein und haucht in den Körper des Babys. Das Lungenvolumen eines kleinen Babys hat nur etwa 20ml, also soviel wie ein Pinnchen, und sollte daher auch nicht mit dem kompletten Ausatemstoß des erwachsenen Helfers beatmet werden.
Nach der Initialbeatmung sollte der Helfer mit dem klassischen 30 zu 2 Rhythmus der Herz-Lungen-Wiederbelebung starten, da ein Atemstillstand nach kurzer Zeit auch zum Herzstillstand führt. Diese Maßnahmen sind akut lebensrettend und steigern die Chancen des Babys deutlich.
Das Herz ist der Motor unseres Kreislaufs und pumpt ein Leben lang Blut durch unseren Körper. Ohne diesen Motor bekommt unser Körper und mit ihm das Gehirn nicht genug Sauerstoff.
Babys haben selten einen Herzstillstand vor dem Atemstillstand, da sie noch keine Risikofaktoren für Infarkte haben. Eine Ausnahme bilden Kinder mit angeborenen Herzfehlern. Bei den meisten Babys ist der Herzstillstand sekundär nach dem Aussetzen der Atmung.
Bei Atemstillstand und Kreislaufstillstand zählt jede Minute, da das Gehirn nach etwas fünf Minuten Schaden nimmt. Nach der oben beschriebenen Initialbeatmung muss mit der Herzdruckmassage begonnen werden. Das Kind muss auf einer festen Unterlage oder dem eigenen Unterarm liegen. Bei Babys kann der Helfer beide Daumen oder Zeigefinger und Mittelfinger auf das Brustbein auf Höhe der Brustwarzen legen und den Brustkorb ungefähr ein Drittel eindrücken.
Bei Kleinkindern kann eine Hand benutzt werden. Die Frequenz sollte zwischen 100 und 120 Drücken pro Minute liegen. Immer nach 30-mal Drücken muss das Baby erneut zweimal beatmet werden. Zwischen dem Eindrücken ist auf die vollständige Entlastung des Brustkorbs zu achten. Diese Maßnahmen werden solange fortgesetzt, bis ein Rettungsdienstmitarbeiter die Anweisung gibt, aufzuhören, sodass dieser die Arbeit fortsetzen kann. Die Herz-Lungen-Wiederbelebung sollte in regelmäßigen Erste-Hilfe-Kursen trainiert werden.
Kopfverletzungen sind ein sehr variables Unfallbild. Sie reichen von der Beule, wenn der Nachwuchs die Tischhöhe falsch einschätzt, bis zu schweren Schädel-Hirn-Verletzungen beim Fahrradunfall. Bei einer Beule reicht in den meisten Fällen ein Kühlkissen mit einem Handtuch herum völlig aus.
Wenn das Kleinkind oder Baby jedoch wesensverändert wirkt oder nach einer Kopfverletzung anfängt, zu erbrechen, sollte eine Notaufnahme aufgesucht werden, da eine Gehirnerschütterung vorliegen kann. Bei Platzwunden können die Eltern zunächst einen sterilen Verband um den Kopf machen und dann ebenfalls in ein Krankenhaus fahren, da einige Wunden genäht oder geklebt werden müssen.
Bei schweren Kopfverletzungen mit Bewusstseinsverlust und oder Blutungen aus den Ohren oder der Nase sollte direkt der Rettungsdienst gerufen werden. Das Baby sollte nicht hochgenommen werden, da so weiterer Schaden entstehen kann. Für diese Verletzungen reicht teilweise die Höhe des Wickeltisches, weshalb Kinder nie unbeaufsichtigt auf dem Wickeltisch liegen sollten.
Für Kleinkinder gilt, wie in jedem anderem Alter, dass beim Fahrradfahren ein Helm getragen werden sollte. Auch bei Fahrradunfällen sollte das Kind nicht unnötig bewegt werden und direkt der Notruf gewählt werden.
Krampfanfälle können sehr unterschiedliche Ursachen haben. Gerade beim ersten Krampf ist der Anblick des krampfenden Babys für die Eltern beängstigend. Die häufigste Krampfursache bei Babys und Kleinkindern ist der Fieberkrampf. Hohes Fieber führt zu meist kurzzeitigen Krämpfen mit anschließender Nachschlafphase.
Bei einer Epilepsie treten die Krämpfe unabhängig von Infekten auf und müssen häufig medikamentös eingestellt werden. Während des Krampfes können Helfer nicht viel tun. Gegenstände um das Kind herum sollten entfernt oder abgepolstert werden. In keinem Fall sollte man versuchen, das krampfende Kind festzuhalten oder etwas zwischen die Zähne zu stecken.
In der Nachschlafphase, ein Schlaf der einer Bewusstlosigkeit gleicht, kann eine stabile Seitenlage sinnvoll sein. Besonders beim ersten Krampf sollte auch der Rettungsdienst hinzugezogen werden. Kinder, die häufiger krampfen, werden von den Eltern meist selbst versorgt und nur dem Rettungsdienst übergeben, wenn der Krampf nach wenigen Minuten nicht aufhört. Bei einem einmaligen Krampf kann es sich auch um eine Vergiftung handeln. Wenn dies bekannt ist, sollte der Giftstoff den behandelnden Ärzten übergeben werden.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Krampfanfall beim Baby
Die Augen sind sehr empfindliche Organe und können leicht gereizt oder verletzt werden. Sowohl Chemikalien, als auch Tiere oder Verletzungen mit Gegenständen sind möglich. Bei einer Augenverletzung ist in jedem Fall ein Augenarzt aufzusuchen, da einige Verletzungen nicht direkt sichtbar sind. Gerade Babys können noch nicht Bescheid geben, wenn das Sichtfeld nicht normal ist.
Bei Verätzungen oder Fremdkörpern im Auge sollten die Augen ausgespült werden. Hierzu sollte der Kopf des Kindes so geneigt werden, dass das betroffene Auge unten liegt. Andernfalls besteht die Gefahr, dass das zweite Auge bei Ausspülen ebenfalls geschädigt wird. Bei Augenverletzungen macht es Sinn, beide Augen zu verbinden, da die Augen sich seitengleich bewegen und eine Ablenkung zur Bewegung beider Augen und nicht nur des gesunden Auges führt. Das Verbinden sollte wenn möglich mit sterilen Kompressen gemacht werden. Auch nach dem Ausspülen der Augen sollte ein Arzt nachsehen, ob noch Reste im Auge verblieben sind.
Bei größeren Verletzungen, wie Fremdkörpern die das Auge durchstechen, sollte wie bei allen anderen Wunden, der Fremdkörper nur stabilisiert und nicht entfernt werden.
Kinder verschlucken nicht nur gerne kleine Gegenstände, sondern stecken sie auch gerne in sämtliche Körperöffnungen. Erbsen, Magnete und kleine Legosteine landen in Nasenlöchern oder Ohren. Außer einem Anleiten des Kindes zum kräftigen Schnaufen können Eltern oft nicht viel tun.
Einige Gegenstände können direkt vom Kinderarzt oder HNO-Arzt entfernt werden. Andere benötigen eine operative Entfernung und sind der Grund für wahre Sammlungen in OP-Bereichen an Gegenständen, welche aus Körpern entfernt wurden. Bei Fremdkörpern in der Nase sollten die Kinder nicht unbeaufsichtigt sein, da der Legostein in die Atemwege wandern kann und dort eine Atemnot auslöst. Bei Unsicherheit, ob das Kleinkind Gegenstände in der Nase hat, sollte möglichst bald ein Kinderarzt aufgesucht werden. Normalerweise tragen die Kinder keine Spätschäden davon.
Babys und Kleinkinder verlieren sehr schnell an Körpertemperatur und können dies schlecht selbständig wieder rückgängig machen. Bei Babys findet besonders über den Kopf, welcher noch sehr groß und nur leicht behaart ist, viel Temperaturverlust statt, weshalb Babys auch im Sommer eine Kopfbedeckung tragen sollten. Im Wasser kühlen Kinder besonders schnell aus. Das Wasser leitet die Temperatur stärker und da die Kinder abgelenkt sind, merken sie nicht, dass sie frieren. Hierbei sollten Eltern darauf achten, ob die Kinder zittern oder blaue Lippen bekommen.
Die Hauptbehandlung einer Unterkühlung besteht im Aufwärmen. Bei einer leichten Unterkühlung reichen warme Kleider und besonders bei Neugeborenen der Körperkontakt mit den Eltern. Bei schweren Unterkühlungen, sichtbar am fehlenden Zittern und eingetrübtem Bewusstsein, darf keine aktive Erwärmung durch Wärmflaschen oder Arme reiben stattfinden, da dies zu einer Umverteilung des kalten Blutes aus den Gliedmaßen führt und so den Kreislauf weiter einschränken kann. Bei einer schwereren Unterkühlung ist auch der Rettungsdienst hinzuzuziehen, während bei einer leichten Unterkühlung keine ärztliche Hilfe nötig ist.
Verbrennungen gehören zu den schmerzhaftesten Verletzungen. Als Ursache kommt vieles in Frage. Bei Säuglingen handelt es sich häufig um Verbrennungen durch zu warmes Badewasser, Wärmflaschen oder warme Nahrung. Kleinkinder verbrennen sich an Bügeleisen oder kochendem Wasser, da sie die Gefahr nicht einschätzen können.
Bei leichten Verbrennungen, welche sich durch eine Hautrötung zeigen, reicht oft eine kühlende Salbe und sorgfältige Hautpflege. Als erste Maßnahme ist auch eine Kühlung mit Wasser zur Schmerzstillung sinnvoll. Sobald jedoch eine Blasenbildung sichtbar ist sollte ein Arzt aufgesucht werden. Bei größeren Flächen, wie nach einer Verbrühung mit Kochwasser, sollte der Rettungsdienst gerufen werden. Die Eltern können die Brandwunden mit sterilem Verbandsmaterial abdecken und sollten eine Therapie mit Salben weglassen. Auch eine Kühlung ist bei größeren Wunden nicht zu empfehlen, da die Kinder schnell auskühlen.
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Grundsätzlich sind die Inhalte eines Erste-Hilfe-Kurses für Babys dem für Erwachsene sehr ähnlich. Es geht darum, die Basismaßnahmen, die in akuten Notsituationen Leben retten, zu erlernen und zu trainieren. Die Kursleiter gehen auf Baby- und Kleinkindspezifische Unfälle und Notfälle ein und sprechen durch, wie sich der Helfer in den Situationen verhalten soll. Einige Maßnahmen unterscheiden sich von den Maßnahmen bei Erwachsenen in Notsituationen.
Bei der Beatmung ist das Volumen der Lunge deutlich kleiner und auch die Herzdruckmassage ist etwas abgewandelt. Dies wird an speziellen Babydummies und Kinderdummies trainiert. Die Erste Hilfe beim Verschlucken ist ebenfalls etwas abgewandelt.
In vielen Kursen werden zudem vorbeugende Maßnahmen besprochen, um typische Unfälle der Altersklasse zu vermeiden. Hierzu zählen Hinweise zu einer sicheren Schlafumgebung und mögliche Hilfen im Haushalt, wie Herdgitter und Steckdosensicherungen. Die meisten Kursleiter gehen auch auf individuelle Fragen der Eltern ein und haben Zeit für Wunschthemen. Einige Hilfsorganisationen kommen nach Absprache auch in Kindergärten und andere Einrichtungen, um vor Ort Kurse anzubieten.