Dehnen bei einem Muskelkater

Dehnübungen kann man bei vielen Sportarten anwenden. Man unterscheidet zwei Arten vom Dehnen: das aktive und das passive Dehnen, die sich seinerseits auch in 2 Untergruppen unterscheiden lassen. Diese Arten haben unterschiedliche Wirkung auf unseren Körper. Dehnen kann auch vor oder nach einer Belastung eingesetzt werden.

Dehnen bei Muskelkater

Einleitung

Dehnen oder auch Dehnübungen finden in vielen Sportarten Anwendung. Im Breitensport gehört das Dehnen meistens zu einem sportartspezifischen Aufwärmprogramm. Wann Dehnübungen am sinnvollsten eingesetzt werden, und ob Dehnübungen vor oder nach einem Training, bzw. einer Belastung sinnvoller sind soll in den nächsten Zeilen geklärt werden.

Das aktive und passive Dehnen

Ganz allgemein unterscheidet man das aktive und das passive Dehnen. Beim aktiven Dehnen gibt es zwei Untergruppen, das aktiv-statische Dehnen und das aktiv-dynamische Dehnen.

Beim aktiv-statischen Dehnen wird der Zielmuskel (Muskel, der gedehnt werden soll) durch eine Anspannung im Antagonisten (Gegenspieler) in die Dehnstellung gebracht und verbleibt in dieser Position einige Sekunden. Möchte man beispielsweise den Trizeps dehnen, wird der Bizeps angespannt.

Das aktiv-dynamische Dehnen geschieht aus einer leichten Vordehnung heraus. Der Antagonist wird rhythmisch kontrahiert und durch Nachfedern in sehr kleinen Bewegungen wird der Zielmuskel gedehnt. Möchte man die Innenseiten der Oberschenkelmuskulatur dehnen, bietet sich ein mehr als schulterbreiter Stand an, bei dem der Körperschwerpunkt von einem auf den anderen Fuß verlegt wird. Die Beine sind dabei gestreckt und das Bein, das nicht gedehnt wird ist gebeugt, das zu dehnende Bein ist gestreckt. Beide Varianten der aktiven Dehnung dienen zur Vorbereitung auf Training und Wettkampf und werden somit vor einer Belastung durchgeführt. Hierbei ist es das Ziel die Muskulatur auf eine kommende Belastung vorzubereiten.

Das passive Dehnen wird in ein passiv-dynamisches und ein passiv-statisches Dehnen unterteilt. Beim passiv-dynamischen Dehnen ist die Vorgehensweise mit dem aktiv-dynamischen Dehnen bis auf einen Punkt identisch. Beim passiv-dynamischen Dehnen hilft ein Partner die Zielmuskulatur zu dehnen, und nicht die antagonistischen Muskeln. Einsatzbereich eines passiv-dynamischen Dehnens ist die Vorbereitung auf Training und Wettkampf. Das passiv-statische Dehnen wird in ein gehaltenes Dehnen, auch Stretching genannt, ein Anspannungs-Entspannungs-Dehnen (AED/CHRS) und ein statisches Dehnen mit Antagonistenkontraktion unterteilt. CHRS steht dabei für Contract, Hold, Relax und Stretch.

Das gehaltene Dehnen

Beim gehaltenen Dehnen wird eine Stellung eingenommen, bei der ein leichtes „Ziehen“ in der Zielmuskulatur zu verspüren ist. Diese Position wird ca. 20-30 Sekunden gehalten. Einsatz des gehaltenen Dehnens ist die Nachbereitung von einem Training oder einem Wettkampf. Beim Anspannungs-Entspannungs-Dehnen (AED) erfolgt die Anspannung mit einer mittleren Intensität, und das anschließende Dehnen erfolgt wie beim passiv-dynamischen Dehnen etwas kürzer. Die vier Elemente C, H, R und S (Contract, Hold, Relax und Stretch) ergeben einen Dehnzyklus der drei bis fünf Mal wiederholt werden sollte. Dabei sollte die folgende Anspannung jeweils aus der vorherigen Dehnstellung geschehen. Einsatzbereich von AED ist die Krankengymnastik.

Das statische Dehnen mit Antagonistenkontraktion wird auch in der Krankengymnastik eingesetzt. Aus der Dehnstellung wird die Dehnung durch eine Anspannung des Antagonisten zusätzlich verstärkt und ca. acht bis 15 Sekunden gehalten.

Unterschiedliche Wirkungen

Beide Dehnungsformen (aktiv und passiv) haben unterschiedliche Wirkungen und sind daher für unterschiedliche Anforderungen interessant.

Aktive Dehnungsformen haben einen Aufwärmeffekt und erhöhen die folgenden Kraftleistungen und Kraftgewinne. Außerdem kräftigen sie den Antagonisten, verbessern das Bewegungsgefühl und die neuromuskuläre Steuerung. Ihre tonussenkende und –steigernde Wirkung auf die Muskulatur ist ebenso ein wichtiger Faktor.
Passive Dehnungsformen tragen zu Energieersparnissen bei, da weniger muskuläre Arbeit verrichtet wird. Sie haben eine entspannende Wirkung und senken den Muskeltonus. Sie wirken schmerzlindernd, verbessern das Körpergefühl und entspannen die Muskulatur.

Dehnen vor oder nach dem Training

Allgemein sollte beim Dehnen darauf geachtet werden, niemals einen kalten Muskel zu dehnen, immer eine sichere Position oder einen sicheren Stand zu haben und immer in die korrekte Dehnposition zu gehen und nicht auszuweichen. Das Dehnen sollte außerdem sanft geschehen und es sollte kein Schmerz auftreten.

Dehnen kann vor einer Belastung oder nach einer Belastung eingesetzt werden. Im Breitensport wird oftmals davon ausgegangen, dass das Dehnen nach dem Training oder Wettkampf einem Muskelkater vorbeugen kann. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es allerdings keine gestützten Erkenntnisse, die dies auch wirklich beweisen. Experten sind sich nicht sicher, ob Dehnen vor einer bestimmten Sportart nicht sogar kontraproduktiv sein könnte und einen Muskelkater im Anschluss eher fördert.

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Vor allem bei Sportarten in denen Schnellkraft und Maximalbelastungen gefordert sind, wie Fußball oder Gewichtheben kann ein Muskel durch Dehnen eher geschwächt werden als gestärkt. Bei diesen Sportarten ist ein ausgiebiges Aufwärmprogramm meist sinnvoller als ein Dehnen vor der Belastung. Durch das Aufwärmen entsteht ein ausreichender Verletzungsschutz und das Dehnen ist daher in diesen Sportarten nicht unbedingt notwendig.

Für andere Sportarten können Dehnübungen vor dem Training oder Wettkampf umso wichtiger sein. Im Tanzen, in der Gymnastik, im Turnen oder in der Akrobatik ist das Dehnen wichtig, um gut vorbereitet in den Wettkampf oder die Trainingseinheit zu starten. Die Beweglichkeit wird erhöht und man wird ruhiger und entspannter. Dies sei vor allem auch für ältere Menschen ein schönes Ergebnis. Auch bei den Kampfsportarten, einigen Schwimmtechniken und dem Hürdenlauf sollte das Dehnen ein fester Bestandteil in den Vorbereitungen eines Sportlers sein.

Zum Schluss

Ob durch Dehnübungen ein eventueller Muskelkater verhindert werden kann, ist kontrovers diskutiert. Es gibt keine Studien, in denen eine signifikante positive Wirkung von Dehnübungen auf Muskelkater nachgewiesen werden konnte. Allgemein sind wenige Studien zu dem Thema publiziert und bei den meisten wurde kein nachweisbarer Effekt festgestellt.

Falls Ergebnisse eine Reduzierung des Muskelkaterschmerzes belegen, fällt diese Reduzierung so gering aus, dass man nicht sagen kann, ob sie zufällig zu Stande gekommen ist. Teilweise wurde sogar eine Verschlimmerung des Muskelkaters durch Dehnübungen beobachtet. Daraus lässt sich zum Einen ableiten, dass es keinen nachgewiesenen positiven Effekt von Dehnübungen auf Schmerzen durch Muskelkater gibt.

Zum Anderen werden Dehnübungen höchst individuell wahrgenommen und durchgeführt. Manche Menschen fühlen sich mit Dehnübungen wohler, und andere Sportler verzichten lieber auf Dehnübungen. Daher kann keine allgemeine Beurteilung und Empfehlung gegeben werden, ob Dehnübungen Muskelkater lindern oder nicht. Jeder Sportler sollte für sich herausfinden wie er mit den verschiedenen Dehnungsformen (aktiv-passiv) zurechtkommt. Dehnübungen haben viele positive Effekte vor oder nach Wettkampf und Trainingseinheit, Muskelkater können sie allerdings nicht lindern.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 07.12.2015 - Letzte Änderung: 22.10.2021