Cortison in der Schwangerschaft - Wie gefährlich ist das?

Cortison in der Schwangerschaft - Wie gefährlich ist das?

Einleitung

Bei Cortison handelt es sich um ein im Körper natürlich vorkommendes Glukokortikoid, das in der Nebenniere produziert wird. Es wird vermehrt bei Stress und Belastungen ausgeschüttet und führt zu einer vermehrten Bereitstellung von Energiereserven sowie einer Hemmung des Immunsystems und von Entzündungsreaktionen.

Die verschiedenen synthetisch hergestellten Glukokortikoid-Präparate (umgangssprachlich als Cortison bezeichnet) können sowohl in Form von Tabletten als auch als Salbe oder Spray verabreicht werden und finden breite Anwendung in der Medizin. Vor allem in der Therapie von Asthma bronchiale, bei rheumatischen Erkrankungen, bei vielen Entzündungen im HNO-Bereich sowie im Bereich der Haut werden Glukokortikoide häufig angewendet. Dabei ist eine Fortführung der Therapie während einer Schwangerschaft oft unerlässlich.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Wirkung von Cortison

Wer braucht Cortison in der Schwangerschaft?

Glukokortikoide sind die am besten untersuchten entzündungshemmenden Medikamente während der Schwangerschaft. Alles in allem lässt sich Studienergebnissen zufolge festhalten, dass bei einer Behandlung mit Glukokortikoiden während der Schwangerschaft bei richtiger Dosierung und Anwendung nur ein sehr geringes Risiko für die Mutter und das Baby besteht.

Glukokortikoide können bei vielen verschiedenen Erkrankungen während der Schwangerschaft eingesetzt werden. Vor allem zur Behandlung von asthmatischen und rheumatischen Erkrankungen sowie zur Vermeidung einer Transplantat-Abstoßung ist eine Fortführung der Therapie oft unerlässlich. Auch die Hemmung des Immunsystems im Rahmen von Autoimmunerkrankungen ist mit Glukokortikoiden möglich. Darüber hinaus ist die Therapie von Hauterkrankungen (z.B. Neurodermitis, Ekzeme, uvm.) oftmals während der Schwangerschaft fortzuführen. Nur in seltenen Fällen kann auf eine alternative Medikation ausgewichen werden. Für die Behandlung der verschiedenen Erkrankungen während der Schwangerschaft gibt es häufig extra dafür entwickelte Schemata, in welcher Dosierung die Einnahme fortgeführt werden sollte.

Das Absetzen einer Cortison-Therapie stellt häufig ein größeres Risiko für die Schwangerschaft und das Baby als eine Fortführung der Behandlung dar.

Welche Wirkung hat Cortison auf mein Kind?

Die Wirkung der verschiedenen Glukokortikoide auf das Kind ist abhängig vom verwendeten Präparat und der Art der Einnahme. Grundsätzlich gilt, dass Cortison ähnliche Wirkungen wie bei Erwachsenen hervorruft, wenn es in den Kreislauf des Babys gelangt. Bei der Verwendung von Salben und Sprays gelangen im Gegensatz zu einer Therapie mit Tabletten nur geringe Mengen an Cortison in den Kreislauf der Mutter und folglich in den Kreislauf des Kindes.

Die am häufigsten verwendeten Glukokortikoid-Präparate Prednison und Prednisolon wirken nur sehr schwach im Körpers des Kindes. Das liegt daran, dass diese Präparate im Bereich der Plazenta (Mutterkuchen) größtenteils inaktiviert werden. Nur ungefähr 20% der im Blut der Mutter befindlichen Cortison-Menge erreicht den Blutkreislauf des Kindes. Mögliche Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes sind deshalb erst bei sehr hoher Dosierung (mehr als 15 bis 20 mg am Tag) und bei langfristiger Anwendung zu befürchten.

Darüber hinaus häufig verwendete Glukokortikoid-Präparate sind Dexamethason und Betamethason. Im Vergleich zu den oben genannten Präparaten werden diese im Bereich der Plazenta nicht inaktiviert und erreichen in hoher Dosierung den Blutkreislauf des Kindes. Aus diesem Grund werden sie bei seltenen Indikationen im Rahmen einer Schwangerschaft verwendet. Einerseits finden sie Verwendung bei drohenden Frühgeburten oder sehr früh einsetzenden Wehen.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Vorzeitige Wehen

Die Präparate werden dafür im letzten Drittel der Schwangerschaft hochdosiert gespritzt. Sie bewirken eine beschleunigte Entwicklung des Kindes, was die Überlebenswahrscheinlichkeit bei Frühgeburten deutlich erhöht. Dabei ist vor allem die cortisonabhängige Reifung der Lungen am Ende der Schwangerschaft entscheidend. Darüber hinaus haben Studienergebnisse gezeigt, dass es im Rahmen dieser Therapie zu einem selteneren Auftreten von Hirnblutungen und neurologischen Ausfällen bei Frühgeburten kommt.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Frühgeburt

Andererseits werden die Präparate zur Vermeidung von angeborenen Herzrhythmusstörungen gespritzt (kongenitaler AV-Block). Im Rahmen vereinzelter rheumatischer Erkrankungen der Mutter besteht die Gefahr, dass die Entwicklung der Erregungsleitung am Herzen des Babys gestört werden kann. Durch die Behandlung mit Dexamethason und Betamethason kann dieses Risiko deutlich minimiert werden.

Nebenwirkungen für mein Kind

Die möglichen auftretenden Nebenwirkungen, die bei einer Behandlung mit Glukokortikoiden auftreten können, sind stark von der Dosierung, der Art (Tablette, Salbe, Spray) und der Dauer der Einnahme abhängig. Zu berücksichtigen gilt, dass die einzelnen Glukokortikoide dabei eine unterschiedliche Wirkstärke (Potenz) aufweisen. Nebenwirkungen sind vor allem bei der lang andauernden Therapie mit hochdosierten Glukokortikoiden in Form von Tabletten zu befürchten. Nichtsdestotrotz ist auch dabei das Auftreten von Nebenwirkungen sehr selten.

Während des ersten Drittels der Schwangerschaft besteht bei einer hochdosierten und langfristigen Therapie (mehr als 15 bis 20 mg am Tag) das Risiko einer Entwicklungsstörung für das Kind. Das gehäufte Auftreten von Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten bei Einnahme zwischen der 8. und 11. Schwangerschaftswoche wird diskutiert. Außerdem kann es indirekt zu Risiken für das Kind kommen, indem die sehr hohen Dosen einen Schwangerschaftsdiabetes, einen erhöhten Blutdruck oder eine Eklampsie begünstigen.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Schwangerschaftsbluthochdruck - Ist das gefährlich?

Während des zweiten und dritten Drittels der Schwangerschaft besteht bei einer hochdosierten und langfristigen Therapie das Risiko von Wachstumsstörungen und Frühgeburten. Auch zu geringe Zucker-Spiegel im Blut des Babys sowie niedriger Blutdruck und Elektrolyt-Störungen können in Ausnahmefällen auftreten. Zusätzlich besteht am Ende einer Schwangerschaft die Gefahr einer Nebennierenrinden-Insuffizienz, da die hohen Glukokortikoid-Spiegel die natürliche Produktion von Cortison im Körper des Kindes hemmen.

Risiken für mein Kind

Bei einer niedrigdosierten und kurzfristigen Therapie mit Glukokortikoiden bestehen nur wenige Risiken für das Baby. Bei einer Einnahme zwischen der 8. und 11. Schwangerschaftswoche haben Studienergebnisse ein leicht erhöhtes Risiko für Lippen-Kiefer-Gaumenspalten gezeigt, während die Gesamtrate an Fehlbildungen normal ist. Zu berücksichtigen gilt, dass erhöhte Cortison-Spiegel dabei nur einen von sehr vielen beitragenden Auslösern darstellen. Darüber hinaus bestehen bei Cortison-Therapie das Risiko einer drohenden Frühgeburt und von Wachstumsstörungen. Eine Fortführung einer hochdosierten Glukokortikoid-Therapie sollte daher immer mit dem behandelnden Arzt abgesprochen und regelmäßig mit einem Ultraschall-Gerät kontrolliert werden.

Dosierung von Cortison in der Schwangerschaft

Je nach zu behandelnder Krankheit werden unterschiedliche Dosierungen verwendet. Dabei sind bei vielen Erkrankungen bereits niedrige Tagesdosen zwischen 1 und 10 mg möglich. Die Dosierung einer Dauertherapie wird dabei mit der Einheit Prednisolon-Äquivalent angegeben - sie gibt die Stärke des Wirkstoffs im Vergleich zum gängigen Prednisolon an.

Während der Schwangerschaft ist eine Fortführung einer Glukokortikoid-Therapie bei niedriger Dosierung (weniger als 10 mg) ohne Risiken möglich. Auch auf die einmalige Injektion von sehr hohen Dosen (bis zu 100 mg) muss in Notfällen und bei akuten Schüben einer Erkrankung nicht verzichtet werden. Bei hochdosierter Dauertherapie (mehr als 15 bis 20 mg am Tag über einen langen Zeitraum) sollte die Behandlung mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden und die Entwicklung des Kindes regelmäßig mit Hilfe eines Ultraschallgeräts überwacht werden.

Alternativen zu Cortison

Im Vergleich zu vielen anderen Medikamenten stehen für Glukokortikoide keine bzw. wenige Präparate als Alternative zur Verfügung. Die stark entzündungshemmende Wirkung wird mit Hilfe von pflanzlichen Produkten nicht erreicht. Darüber hinaus weisen andere das Immunsystem hemmende Medikamente in der Regel ein deutlich größeres Nebenwirkungsprofil auf. Gegebenenfalls kann eine andere tageszeitliche Aufteilung der Einnahme der Medikamente zu einem konstant niedrigerem Wirkspiegel führen.

Zur Fortführung einer Cortison-Therapie während der Schwangerschaft sollte deshalb auf die Einnahme von Prednison oder Prednisolon zurückgegriffen werden. Durch eine Inaktivierung in der Plazenta erreicht nur eine sehr geringe Menge des Wirkstoffs den Blutkreislauf des Kindes.

Anwendungsformen von Cortison in der Schwangerschaft

Darf ich eine Cortison-Creme oder Salbe in der Schwangerschaft benutzen?

Bei der Verwendung einer Cortison-Salbe oder Cortison-Creme besteht nur ein sehr geringes Risiko für das Kind. Bei einem lokal begrenzten Auftragen gelangt durch die Schutzbarrieren der Haut nur ein sehr geringer Anteil des Wirkstoffs in das Blut der Mutter. Bei Verwendung von Salben oder Cremes, die Prednison oder Prednisolon enthalten, wird dieser Anteil zusätzlich in der Plazenta weitestgehend inaktiviert. Eine Therapie mit Cortison-Creme oder -Salbe kann deshalb in der Regel während der Schwangerschaft fortgeführt werden. Eine Absprache mit dem behandelnden Arzt ist trotzdem immer erforderlich.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Cortisonsalbe

Darf ich ein Cortison-Spray in der Schwangerschaft benutzen?

Das im Rahmen von Asthma-Erkrankungen verwendete Cortison-Spray kann ebenfalls während der Schwangerschaft benutzt werden. Ähnlich wie die Verwendung von Salben und Cremes gelangt die Glukokortikoid-Menge des Sprays nur zu einem geringen Anteil in den Kreislauf der Mutter und des Kindes. Gegebenenfalls ist aus Sicherheitsgründen trotzdem die Verwendung eines anderen nicht-Cortison-haltigen Sprays ratsam. Deshalb ist die weitere Einnahme während der Schwangerschaft immer mit dem behandelnden Arzt abzuklären.

Wie sieht es mit Cortison und Kinderwunsch aus?

Eine Einnahme von Cortison bei Kinderwunsch ist kontrovers diskutiert. Dem Glukokortikoid wird dabei eine leicht unterstützende Wirkung bei der Einnistung der befruchteten Eizelle nachgesagt. Der Wirkmechanismus und die Wirksamkeit sind trotz der Durchführung mehrerer Studien nicht geklärt. Eine mögliche Unterdrückung der Ausschüttung von Hormonen und Botenstoffen des Immunsystems wird als Ursache vermutet.

Trotzdem ist die Verabreichung von Cortison bei allen Frauen mit Kinderwunsch nicht indiziert. Bei hormonell bedingten Fehlgeburten oder bereits geschädigter Gebärmutter kann über eine Einnahme von Cortison zur Unterstützung der Schwangerschaft mit dem behandelnden Arzt diskutiert werden. Während dieser Einnahme ist die regelmäßige Kontrolle von potentiell möglichen Nebenwirkungen erforderlich.

Cortison zur Lungenreifung

Im Verlauf der normalen Schwangerschaft kommt es in den letzten Wochen der Schwangerschaft zu einer Produktion von Cortison in den gebildeten Nebennieren. Dieses gebildete Cortison trägt zur Reifung der Lungen bei und bereitet das Kind für die ersten Atemzüge nach der Geburt vor. Cortison wirkt dabei als eine Art beschleunigender Faktor in der Entwicklung der Lungen, die häufig erst in den letzten Tagen vor der Geburt vollständig ausreifen.

Aus diesem Grund kann Cortison auch bei drohender Frühgeburt oder frühzeitig einsetzenden Wehen verwendet werden, um die noch nicht vollständig ausgebildeten Lungen in ihrer Entwicklung zu unterstützen.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Vorzeitige Wehen

Führt Cortison in der Schwangerschaft zu vermehrten Schwangerschaftsstreifen?

Schwangerschaftsstreifen (Dehnungsstreifen) können aus vielen verschiedenen Gründen auftreten. Eine Überdehnung des Bindegewebes der Haut (z.B. bei schneller Abnahme des Körpergewichts oder im Rahmen einer Schwangerschaft) kann zu irreversiblen Rissen in der Unterhaut führen. Diese äußern sich durch blaurötliche Streifen, die sich im Laufe der Zeit zunehmend weiß verfärben.

Neben diesen genannten natürlichen Gründen der Entstehung von Schwangerschaftsstreifen kann auch die Einnahme mancher Medikamente zur Entwicklung beitragen. Unter anderem die regelmäßige Einnahme von Cortison kann die Entstehung verstärken. In diesem Fall ist eine vorbeugende Pflege der Haut hilfreich.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Schwangerschaftsstreifen vorbeugen

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 03.04.2017 - Letzte Änderung: 18.09.2024