Der Begriff Stimmlippenparese beschreibt eine Lähmung (Parese) der die Stimmlippen bewegenden Muskeln im Kehlkopf. Ein häufiges Symptom ist Heiserkeit.
Der Begriff Stimmlippenparese beschreibt eine Lähmung (Parese), der Muskeln, die die Stimmlippen im Kehlkopf bewegen. Hieraus resultiert, dass die paarig angelegten Stimmlippen in ihrer Bewegung eingeschränkt sind und somit das Sprechen und möglicherweise auch die Atmung erschwert sind. Im Kehlkopf gibt es eine Reihe von kleinen Muskeln, die an der Bewegung und Spannung der Stimmlippen beteiligt sind. Werden die Nerven, die diese Muskeln steuern, beschädigt, kommt es zur Stimmlippenparese. Diese kann einseitig und auch beidseitig auftreten, wobei die beidseitige Stimmlippenparese einen Notfall durch die Verlegung der Atemwege darstellt.
Die Ursachen für eine Stimmlippenparese können sehr vielfältig sein. Allen gemein ist, dass als Folge die nervale Versorgung der beteiligten Muskeln gestört ist. Als häufigste Ursachen führen direkte Nervenschädigungen zu einer Stimmlippenparese. Beim betroffenen Nerv handelt es sich um den Nervus laryngeus recurrens (kurz: Recurrens-Nerv), der beidseits vorhanden ist und fast alle Kehlkopfmuskeln einer Seite steuert. Bei operativen Eingriffen an der Schilddrüse oder der Halsschlagader kann dieser Nerv wegen der engen anatomischen Beziehungen verletzt werden, woraus eine sogenannte Recurrensparese resultiert. Daher wird vor solchen Operationen immer auf diese Komplikation hingewiesen.
Auch andere Eingriffe am Hals wie beispielsweise zur Behandlung von Tumorerkrankungen am Kehlkopf oder in der Speiseröhre können den Nerven beschädigen. Auch der Tumor selbst kann eine Stimmlippenparese hervorrufen. Eine weitere Ursache für eine Stimmlippenparese ist eine Aussackung von Blutgefäßen, Aneurysma genannt. An der Halsschlagader oder der Aorta gelegen können diese den Recurrens reizen. Darüber hinaus sind als mögliche Ursachen einer Stimmlippenparese jegliche Verletzungen oder Traumata im Halsbereich zu nennen. Außerdem können im Rahmen eines Schlaganfalls Hirnbereiche betroffen sein, die den Kehlkopf steuern. In seltenen Fällen wurden als Ursachen einer Stimmlippenparese Entzündungen und Viruserkrankungen beobachtet
Eine Stimmlippenparese ruft eine Reihe typischer Symptome hervor. Für die einwandfreie Bildung der Sprache ist das vollständige Schließen der Stimmlippen notwendig, was bei der Stimmlippenparese nicht möglich ist. Leitsymptom ist die Heiserkeit, die bei der einseitigen Stimmlippenlähmung auftritt, welche häufiger ist als die beidseitige. Eine Seite der Stimmlippen funktioniert normal, wohingegen die andere gelähmt ist und nicht richtig bei der Stimmbildung mitschwingt. Dies verursacht eine Heiserkeit, die sowohl mild als auch sehr deutlich ausgeprägt sein kann.
Bei der beidseitigen Stimmlippenparese ist das Sprechen eigentlich nicht möglich. Das größere Problem hingegen ist, dass die Atemwege durch die Lähmung beider Seiten stark verengt oder gar verlegt sein können, was zu massiver Atemnot führen kann.
Für die Diagnostik einer Stimmlippenparese ist eine ausführliche Befragung des Patienten oft ausreichend. Interessant sind dabei vor allem Voroperationen am Hals und die teils sehr ausgeprägte Heiserkeit. Anschließend kann der HNO-Arzt eine Kehlkopfspiegelung durchführen, bei der Bewegung und Stellung der Stimmlippen beurteilt werden können. Zum Ausschluss von Kehlkopfkrebs können eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) sinnvoll sein.
Ein Begriff aus der Diagnostik einer Stimmlippenparese, der häufig fällt, ist die sogenannte Paramedianstellung. Der Begriff Paramedianstellung beschreibt die Stellung der Stimmbänder im Rahmen einer Stimmlippenparese, bei der der Schluss der Stimmbänder nicht gänzlich möglich ist und eine Seite leicht neben (para) der Mitte (median) zu liegen kommt. Dies ist ein deutlicher Hinweis auf eine Schädigung des N. laryngeus recurrens. Die Paramedianstellung kann bei der Laryngoskopie gesehen werden und ist bei der Differentialdiagnose einer Stimmlippenparese wichtig, da andere Stellungen der Stimmlippen wie die Intermediärstellung (mittig) oder Lateralstellung (seitlich) auf andere Störungen hinweisen.
Eine Stimmlippenparese kann sowohl beidseitig oder auch einseitig auftreten. Links tritt sie auf, wenn ein operativer Eingriff links am Hals vorgenommen wurde oder ein Tumor den linken Recurrens-Nerv infiltriert. Eine Besonderheit bei der Stimmlippenparese links ist, dass der Nerv links einen etwas anderen Verlauf als auf der rechten Seite hat. Er zieht hier tiefer nach unten bis unter den Aortenbogen, sodass auf dieser Seite auch Aussackungen oder Risse des Aortenbogens, wie ein Aortenaneurysma eine linksseitige Stimmlippenparese hervorrufen können. Ebenso können Prozesse in der Lunge den Nerven auf der linken Seite beeinflussen.
Auf der rechten Seite reicht der Verlauf des N. laryngeus recurrens nichts bis ganz in den Brustkorb hinein, sodass die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung des Nerven etwas geringer ist als auf der linken Seite. Aorta und Lunge stehen rechts nicht in Kontakt mit dem Nerven. Natürlich können alle Prozesse, Eingriffe und Verletzungen am Hals den Nerven betreffen. Liegt eine einseitige Stimmlippenparese vor, sind die Symptome weitgehend unabhängig davon zu beobachten, ob der Schaden links oder rechts vorliegt.
Liegt eine Stimmlippenparese vor, ist die Therapie zunächst abhängig von der Ursache. Ziel ist es immer, die Stimmlippen wieder so nah wie möglich aneinander zu bringen. Ist beispielsweise eine Kompression des Recurrens-Nervs durch einen Tumor oder ein Aneurysma die Ursache der Stimmlippenparese, besteht die Therapie in der Entfernung dieser einengenden Prozesse. Oftmals erholt sich die Stimmlippenparese danach mit der Zeit.
Wurde der Nerv bei einem Eingriff verletzt oder liegt eine nicht rückgängig zu machende Lähmung vor, müssen weitere Maßnahmen zur Therapie eingeleitet werden. Eine große Rolle dabei spielt die Logopädie, die fast jeder Patient mit Stimmlippenparese in Anspruch nimmt. Mit speziellen Übungen wird hier die Sprache verbessert. Ist auch dies nicht von Erfolg gekrönt, kann eine invasive Therapie sinnvoll sein. Man kann die betroffene Seite der Stimmlippe mit speziellen Substanzen unterspritzen, um sie näher zur Mitte rücken zu lassen. Des weiteren gibt es operative Techniken, bei denen mit Hilfe eines Stempels (Thyreoplastik nach Isshiki) die eine Seite weiter zur Mitte gedrückt oder mit Nähten (Arytänoidadduktion) in diese Richtung gezogen wird. Diese Methoden sind bei der einseitigen Stimmlippenparese sinnvoll.
Die seltene beidseitige Lähmung der Stimmlippen erfordert im Notfall möglicherweise einen Luftröhrenschnitt, um das Ersticken zu vermeiden, im Verlauf kann eine Erweiterung der Stimmlippen erforderlich werden.
Die Logopädie ist in den meisten Fällen der Stimmlippenparese eine wichtige Säule der Behandlung. Mithilfe spezieller Übungen kann der Patient unter professioneller Anleitung durch den Logopäden seine Stimmlippen soweit trainieren, dass eine deutliche Verbesserung der Stimme bis hin zur vollständigen Wiederherstellung möglich ist. Vor allem dann, wenn der Nerv nicht vollständig durchtrennt wurde, ist die Logopädie bei Stimmlippenparese sehr erfolgversprechend. Ziele der Logopädie sind es, die Muskulatur im Kehlkopf zu stimulieren und ein Verkümmern zu verhindern, sowie die gesunde Seite der Stimmlippen über das normale Maß hinaus zu trainieren, sodass sie über die Mitte bis zur gelähmten Seite reicht. So kann durch den Schluss der Stimmritze eine normale Sprache generiert werden
Eine pauschale Angabe zur Dauer einer Stimmlippenparese lässt sich nur schwer treffen, da sie von der Ursache, dem Ausmaß der Schädigung und der Art der Behandlung abhängt. Die mittels Logopädie behandelte Stimmlippenparese sollte innerhalb von einem bis eineinhalb Jahren deutlich gebessert sein. Lag eine Einengung, die entfernt wurde, zugrunde, beträgt die Dauer eventuell nur einige Monate, wenn der Nerv nicht durchtrennt wurde. In manchen Fällen kann jedoch lebenslang eine gewisse Heiserkeit und Einschränkung der Sprache vorliegen.
Weitere Informationen zum Thema Stimmlippenparese:
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