Schmerzmedikamente - Grundlagen der medikamentösen Schmerzbehandlung

Schmerzmedikamente stellen die Grundlage der medikamentösen Schmerztherapie dar. Sie werden in drei Klassen unterteilt: die Nicht-Opioide, die niedrigpotenten Opioide und die hochpotenten Opioide.

Schmerzmedikamente - Grundlagen der medikamentösen Schmerzbehandlung

Welche Schmerzmedikamente gibt es?

Zur Behandlung von Schmerzen stehen mittlerweile zahlreiche Medikamente zur Verfügung, von frei in der Apotheke erhältlichen Vertretern wie Paracetamol, Aspirin oder Ibuprofen bis hin zu sehr starken verschreibungspflichtigen Wirkstoffen wie Oxycodon oder Fentanyl.

Glücklicherweise gibt es ein Schema, nach dem Schmerzmedikamente aufgeteilt werden können, sodass man besser einschätzen kann, wie stark ein Wirkstoff am Ende wirklich ist. Grob unterteilt werden Schmerzmedikamente in:

  • Nicht-Opioid-Analgetika

  • niedrigpotente Opioide

  • hochpotente Opioide

  • (Ko-Analgetika)

Stufe 1: Nicht-Opioid-Analgetika

Die Nicht-Opioid-Analgetika bestehen auch schon dem Namen nach aus Schmerzmitteln, die keine Opioide sind und befinden sich daher auf Stufe 1 der Schmerzmedikation. 

Zu ihnen gehören v. a. die sogenannten nicht-steroidalen Antirheumatika (kurz NSAR, z. B. Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen usw.). Diese finden vorrangig Anwendung in der Schmerztherapie, kommen aber auch bei der Behandlung von Rheuma zum Einsatz und haben entzündungshemmende sowie fiebersenkende Eigenschaften. Aspirin (Wirkstoff: ASS) hat darüber hinaus noch eine sogenannte thrombozytenaggregationshemmende Wirkung, die besonders bei Erkrankungen des Herzens wichtig wird. Aufgrund ihres Nebenwirkungsprofils werden NSAR bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen weniger gegeben. Eine Ausnahme bildet Aspirin, das zum Zwecke der Blutverdünnung zum Einsatz kommt.

Wichtige Wirkungen von NSAR:

  • Schmerzlinderung

  • Entzündungshemmung

  • Fiebersenkung

  • Blutverdünnung (v. a. Aspirin)

Wichtige Nebenwirkungen von NSAR:

  • Magengeschwüre und -blutungen

  • Magenschleimhautentzündung bzw. -reizung kann sich verschlimmern

  • Nierenversagen

Zu den NSAR zählen auch noch die sogenannten Coxibe. Allerdings haben diese einen sich leicht von den anderen NSAR unterscheidenden Wirkmechanismus und wirken „nur“ schmerzlindernd und entzündungshemmend. Darüber hinaus haben sie zwar weniger Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Magen & Darm, gehen aber mit einem erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse einher, sodass viele Coxibe mittlerweile wieder vom Markt genommen worden sind. 

Andere Schmerzmittel, die ebenso zur Stufe 1 gehören, sind Paracetamol und Metamizol (auch bekannt unter dem Handelsnamen Novalgin).

Paracetamol lindert wie die NSAR Schmerzen und hat fiebersenkende Eigenschaften, wirkt aber nicht Entzündungen entgegen. Der Wirkstoff gilt als gut verträglich und ist bei Notwendigkeit Mittel der Wahl in Schwangerschaft und Stillzeit

Die stärkste schmerzlindernde und fiebersenkende Wirkung der Stufe-1-Schmerzmittel hat Metamizol. Es hat zwar eine nur geringe entzündungshemmende Wirkung, löst zusätzlich aber Krämpfe.

Stufe 2: Niedrigpotente Opioide

Opioide werden gemessen an ihrer schmerzstillenden Wirkung in niedrig- und hochpotente Opioide unterteilt. 

Beispielhafte niedrigpotente Opioide sind:

  • Tilidin

  • Tramadol

  • Dihydrocodein

Wenn die Stufe-1-Schmerzmittel keine ausreichende Schmerzlinderung erzielen, kommen zunächst Opioide der Stufe 2 zum Einsatz. Diese werden entweder so ausgegeben, dass sie bei Bedarf (akut) genommen werden können oder aber für ihre Einnahme ist ein festes Schema vorgesehen. Wenn sie regelmäßig genommen werden sollen, kommen in der Regel sogenannte Retardtabletten zum Einsatz, bei denen die Präparate ihre Wirkung über den Tag verteilt entfalten.

Stufe 3: Hochpotente Opioide

Die Schmerzmedikamente auf Stufe 3 umfassen dann zu guter Letzt die hochpotenten Opioide. Dazu gehören u. a.:

  • Morphin

  • Hydromorphon

  • Oxycodon

  • Fentanyl

Diese finden dann Anwendung, wenn Stufe-2-Schmerzmittel keine ausreichende Wirkung mehr erzielen. Auch hier gibt es unterschiedliche Darreichungsformen. So kann Morphin bspw. als Tablette gegeben oder auch gespritzt werden. Fentanyl kann überdies z. B. auch als Pflaster verschrieben werden, wodurch der Wirkstoff über einen längeren Zeitraum (bis zu 3 Tage) freigesetzt wird. 

Nebenwirkungen von Opioiden:

Opioide können eine Vielzahl Nebenwirkungen mit sich bringen. Einige häufige (aber längst nicht alle) führen wir im Folgenden auf:

  • Müdigkeit/Schläfrigkeit

  • Blutdruckabfall

  • Übelkeit & Erbrechen

  • Verstopfung

Besonders hervorgehoben werden soll an dieser Stelle das Abhängigkeitspotenzial von Opioiden. Dieses kann sich auf drei Weisen äußern:

  • Toleranz

  • physische Abhängigkeit

  • psychische Abhängigkeit

Unter Toleranz versteht man grob einen Gewöhnungseffekt – nach einiger Zeit der Opioid-Einnahme muss irgendwann mehr Wirkstoff eingenommen werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Wird die Dosis nicht erhöht, bleibt irgendwann z. B. die Schmerzlinderung aus. Eigenmächtig sollte die Dosis aber nicht angepasst werden.

Die physische Abhängigkeit beschreibt den Umstand, dass wir körperlich von Opioiden abhängig werden können und es entsprechend zu Entzugserscheinungen kommt, wenn wir das Medikament absetzen. Diese umfassen u. a. Zittern, Herzrasen, Erbrechen, Durchfall und eine schlechte Stimmung.

In den meisten Fällen ist die psychische Abhängigkeit allerdings die hartnäckigste Form. Sie hängt mit unterschiedlichen Wirkungen des Opioids zusammen. Denn die psychisch abhängig machenden Wirkungen stehen eng in Verbindung mit dem Befinden des dann Süchtigen und beinhalten u. a. Beruhigung, Wohlbefinden oder Euphorie. In diesem Zug kann es zum sogenannten „Craving“ kommen – damit beschreibt der Mediziner das unwiderstehliche Verlangen nach dem lange eingenommenen Medikament. Dieses „Craving“ sorgt auch für die meisten Rückfälle.

Extra: Ko-Analgetika

Je nachdem, was für Ihre Schmerzen verantwortlich ist, können die einzelnen Stufen der medikamentösen Schmerzbehandlung noch um sogenannte Ko-Analgetika ergänzt werden. Diese umfassen grob die folgenden Medikamentengruppen:

  • Antidepressiva

  • Muskelrelaxantien

  • Glucocorticoide

Es ist nicht unüblich, dass chronische Schmerzen auf Dauer zu depressiven Verstimmungen bzw. handfesten Depressionen führen. Unterstützend können in diesem Rahmen Antidepressiva gegeben werden, um den Teufelskreis aus Schmerz & Depression zu durchbrechen.

Viele Formen von Schmerzen, gerade Rückenschmerzen, haben ihren Ursprung in einer verspannten oder dauerhaft gespannten Muskulatur. Muskelrelaxantien können in diesem Kontext eine Entspannung der Muskulatur und dadurch auch zeitgleich eine Schmerzlinderung herbeiführen. Vor allem in Kombination mit Schmerzmedikamenten der Stufe 1 kann schnell eine Besserung von Schmerzen erreicht werden.

Zu guter Letzt seien hier noch die zu den Steroidhormonen gehörenden Glucocorticoide zu nennen. Diese wirken entzündungshemmend und schmerzlindernd, haben aber potenziell gefährliche Nebenwirkungen (u. a. Bluthochdruck, Osteoporose, abnorme Gewichtszunahme). Bekanntester Vertreter der Glucocorticoide ist das Cortison.

Weniger Nebenwirkungen durch Adjuvantien

Sogenannte Adjuvantien können die Nebenwirkungen von Schmerzmedikamenten reduzieren. Sie können sowohl vorsorglich als auch zur Behandlung bereits eingetretener Nebenwirkungen eingesetzt werden. Beispiele für solche Adjuvantien wären z. B. Protonenpumpenhemmer wie Pantoprazol – mithilfe dieses Medikaments kann den Nebenwirkungen von NSAR entgegengewirkt werden, die bei längerer Einnahme Magengeschwüre oder -blutungen verursachen können.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert, Dr. Tobias Weigl Veröffentlicht: 06.03.2020 - Letzte Änderung: 18.09.2024