Eine chronische Niereninsuffizenz ist dadurch gekennzeichnet, dass in deren Folge harnpflichtige Substanzen, insbesondere Harnstoff, Harnsäure und Kreatinin im Blutserum ansteigen und gleichzeitig die Menge des Filtrates in der Niere kleiner wird.
Niereninsuffizienz, Nierenversagen
Eine chronische Niereninsuffizienz (Funktionseinschränkung) ist dadurch gekennzeichnet, dass in deren Folge harnpflichtige Substanzen, insbesondere Harnstoff, Harnsäure und Kreatinin im Blutserum ansteigen und gleichzeitig die Menge des Filtrates in der Niere kleiner wird.
Der Krankheitsprozess schreitet mehr oder weniger fort und eine Heilung ist nicht mehr möglich. Das wichtigste Therapieziel ist es darum, das Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern oder aufzuhalten.
Die gesunde Niere produziert innerhalb von 24 Stunden ungefähr 1 – 1,5 l Urin mit dem die Schlackenstoffe ausgeschieden werden und deren Blutkonzentrationen in der Norm bleiben.
Trinkt der gesunde Mensch große Flüssigkeitsmengen, steigt die Urinmenge an, durstet er dagegen, sondert die Niere nur wenig, aber hochkonzentrierten Harn ab. Zu dieser Konzentrationsarbeit ist die kranke Niere nicht mehr fähig. Die Niere hat eine enorm hohe Leistungsreserve und ersichtlich wird diese Tatsache auch daran, dass der Mensch im Normalfall auch mit nur einer Niere überleben kann. Erkrankt die Niere, so kann lange Zeit das restliche gesunde Gewebe die erforderlichen Aufgaben übernehmen.
Bei einer chronischen Nierenerkrankung verliert die Niere anfänglich nur die Fähigkeit konzentrierten Harn herzustellen. Für die auszuscheidenden Schlackenstoffe muss daher ausreichend Wasser zur Verfügung stehen und es müssen täglich 2-3l getrunken werden.
Mit dieser reichlichen Trinkmenge kann die Niere die anfallenden harnpflichtigen Stoffe auch weiterhin in ausreichender Menge ausscheiden. Man spricht vom Stadium I, der so genannten „Vollen Kompensation“ der Nierenerkrankung in dem eine spezielle Diät noch nicht erforderlich ist.
Bei fortschreitender Erkrankung gelten vornehmlich die Harnstoff- und Kreatininwerte im Serum als Indikator für den Beginn einer eiweißeingeschränkten Ernährung. Bei mittelgradiger Einschränkung der Nierenfunktion (kompensierte Retention), einem Serumkreatinin von 3 – 6 mg/dl und einem Harnstoffwert unter 150 mg /dl wird eine Eiweißzufuhr von 0,5 – 0,6 g pro kg Körpergewicht empfohlen. Es empfiehlt sich hierfür eine lactovegetabile Kost, bestehend aus pflanzlichen Lebensmitteln, Milch- und Milchprodukten.
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Sobald das Serumkreatinin 6 mg/dl überschreitet wird eine streng eiweißarme Ernährung mit 0,35 g bis 0,45 g Eiweiß pro kg Körpergewicht nötig um Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen oder Appetitlosigkeit einzuschränken und die Lebensqualität des Patienten zu erhöhen. Die verminderte Ausscheidungsfähigkeit der Niere kann in diesem Stadium durch eine entsprechende, den Kreatininwerten angepasste Ernährung und einem ausgeglichenen Wasserhaushalt positiv beeinflusst werden.
Anhand der Kreatin- und Harnstoffwerte im Blut kann der Arzt das Fortschreiten der Erkrankung feststellen und die erforderliche Diät verordnen. Hieraus ergibt sich in erster Linie eine Einschränkung der Eiweißzufuhr mit der Nahrung. Lebensnotwendige Aminosäuren werden bei Bedarf in Tablettenform gegeben. Die Wasser- und Salzzufuhr muss individuell dem Funktionsverlust der Niere angepasst sein. Es gibt mehrere dieser eiweißarmen Diäten, alle beinhalten eine energiereiche Basiskost die mit einer Kost kombiniert ist die reich an lebensnotwendigen Aminosäuren sein muss. Die bekanntesten Diätformen sind die „Kartoffel-Ei-Diät“ nach Kluthe und Quirin und die „Schwedendiät“ nach Bergström.
Beide Kostformen werden im Kapitel „Praktische Ernährungstherapie bei chronischer Niereninsuffizenz ausführlich beschrieben. Eine chronische Niereninsuffizienz im Endstadium (terminale Niereninsuffizenz mit einem Kreatininwert von über 10mg/dl im Serum) kann nur mit Hilfe der Dialyse (Blutwäsche) oder Transplantation beherrscht werden. Bei Hämo- oder Peritonaldialyse sind gesonderte Diätformen angezeigt.
Mehr Informationen zu diesen Diätformen finden Sie unter unserem Themen:
Eiweiß ist wichtiger Baustoff in unserem Körper und lebensnotwenig. Wir nehmen täglich Eiweiß aus eiweißhaltigen Lebensmitteln wie Fleisch, Eier, Milch- und Milchprodukte und pflanzlichen Lebensmitteln auf. Die kleinsten Bausteine des Eiweißes sind die Aminosäuren. Von diesen Aminosäuren gibt es einige, die der Körper selbst nicht bilden kann und die wir mit der Nahrung zuführen müssen um gesund zu bleiben. Ihre Zufuhr ist für die Aufbau von körpereigenem Eiweiß wie zum Beispiel von Muskeln, Haut, allen inneren Organen, Hormonen und Verdauungsenzymen absolut notwendig. Das Nahrungseiweiß von dem wir durchschnittlich 70 bis 100 g täglich aufnehmen, wird im Darm zu Aminosäuren aufgespalten und an das Blut abgeben. So werden die Aminosäuren überall dorthin transportiert wo sie gebraucht werden. Aminosäuren werden im Körper auch abgebaut und zwar zum einen aus überschüssigem Nahrungseiweiß und zum anderen aus dem Körpereiweiß welches ständig erneuert wird. Dabei entsteht als Stoffwechselendprodukt der Harnstoff. Dieser wird über die Niere ausgeschieden. Ab einem gewissen Schädigungsgrad des Organs kann Harnstoff nicht mehr ausreichend ausgeschieden werden und seine Konzentration im Blutserum steigt. Dies hat weitere Störungen im Eiweißstoffwechsel zur Folge und die Patienten klagen über Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit. Gleichzeitig steigt auch die Konzentration von anderen giftigen Stoffen (zum Beispiel Kreatinin) im Blutserum an, die auch aus dem Eiweißstoffwechsel stammen. Den Blutharnstoffwert möglichst niedrig zu halten ist ein wichtiges Ziel bei der diätetischen Behandlung der chronischen Niereninsuffizenz. Erreicht wird dies durch eine Einschränkung der Eiweißzufuhr. Allerdings besteht hierbei immer die Gefahr, dass es zu einer Unterversorgung mit den lebensnotwendigen Aminosäuren kommt. Man steht also vor dem Problem, gerade soviel Eiweiß aufzunehmen um den Blutharnstoff nicht ansteigen zu lassen und andererseits trotzdem ausreichend Aminosäuren zuzuführen. Dieses Problem lässt sich nur lösen, indem als Eiweißlieferanten ausschließlich Lebensmittel mit sehr hochwertigem Eiweiß zum Einsatz kommen. Es werden also nur Lebensmittel erlaubt deren Eiweiß im Gehalt an lebensnotwenigen Aminosäuren bedarfsdeckend (vollwertig) ist.
Dazu gibt es die Möglichkeit bestimmte Lebensmittel zu kombinieren wie das zum Beispiel bei der Kartoffel-Ei-Diät der Fall ist. Bei dieser Kostform ergibt sich die Schwierigkeit der nur sehr beschränkten Lebensmittelauswahl. Andere eiweißreiche Lebensmittel wie Fleisch, Fisch und Geflügel müssen praktisch völlig verboten werden und so kann diese Form der Ernährung auf Dauer zu eintönig und belastend für den Patienten werden. Dieser Problematik folgend wurde von Bergström die so genannte „Schwedendiät“ entwickelt. Bei dieser „Eiweißbilanzierten Diät“ ist die Eiweißzufuhr natürlich auch, dem Schweregrad der Niereninsuffizenz folgend zu beschränken. Im Rahmen der erlaubten Eiweißmenge dürfen allerdings alle Lebensmittel gegessen werden, ohne dass auf die Wertigkeit (Gehalt an lebensnotwendigen Aminosäuren) geachtet werden muss.
Die Zufuhr der lebensnotwenigen Aminosäuren erfolgt hier in Form von Medikamenten zum Beispiel EAS oral Tabletten die zu den Mahlzeiten eingenommen werden sollen. Probleme bereitet allerdings manchmal die hohe Anzahl von Tabletten. Das Granulat mit den gleichen Inhaltstoffen verursacht oft einen unangenehmen Nachgeschmack. Die Zufuhr von Aminosäuren kann auch mit Hilfe deren Vorstufen, den so genannten Ketosäuren erfolgen die in Form von Tabletten, Perlen oder Granulat zur Verfügung stehen. Diese kommen vorwiegend bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz zum Einsatz weil sie die Nieren weniger belasten und weniger Harnstoff bilden.
Neben der kontrollierten Eiweißzufuhr ist die ausreichende Energiezufuhr für eine erfolgreiche Diättherapie der Niereninsuffizenz von besonderer Bedeutung. Bei ungenügender Kalorienzufuhr wird körpereigenes Eiweiß und auch das wenige zugeführte Nahrungseiweiß zur Energieversorgung herangezogen. Es kommt zum unerwünschten Anstieg von Harnstoff. Zur bedarfsdeckenden Energieversorgung sollten daher pro Tag mindestens 35 Kilokalorien pro kg Körpergewicht aufgenommen werden. Als Energiequellen dienen Kohlenhydrate und Fett. Bei der Fettauswahl ist den Pflanzenfetten der Vorzug zu geben. Zu empfehlen sind zum Beispiel Rapsöl, Sonnenblumenöl, Maiskeimöl und Olivenöl. Ein Verlust an Körpergewicht muss verhindert werden und eine regelmäßige Gewichtskontrolle ist anzuraten.
Eine Beschränkung von Natrium (Kochsalz) ist bei chronischen Nierenerkrankungen nicht grundsätzlich erforderlich. Bei Nierenkranken kommt es allerdings häufig zu Wasser- und Natriumzurückhaltung im Körper. Als Folge entstehen Ödeme (Wasseransammlungen) unter der Haut und (oder) in den Gefäßen und es entsteht ein Bluthochdruck. In diesem Falle wird eine Natriumbeschränkung notwendig. Die Kochsalzzufuhr soll hierbei nicht mehr als 3 – 5 g pro Tag betragen. Man erreicht dies bereits durch sehr sparsamen Umgang mit Kochsalz bei der Speisenzubereitung, der Empfehlung bei Tisch auf keinen Fall „zuzusalzen“. Stark salzhaltige Lebensmitteln müssen vom Speiseplan gestrichen werden.
Selten kommt es zu einer Natriumverarmung durch Salzverluste über die Niere oder Durchfälle und Erbrechen. Hier muss dann vermehrt Salz und Flüssigkeit mit der Nahrung aufgenommen werden. Bei höhergradigen Salzverlusten kann Natrium auch mit Hilfe einer Infusion gegeben werden.Die Salzzufuhr bei chronischer Niereninsuffizenz kann individuell sehr unterschiedlich sein.
Beim Mineralstoff Kalium ist die erlaubte Zufuhr ebenfalls von Fall zu Fall unterschiedlich. Bei fortgeschrittener Niereninsuffizenz kann sich eine lebensbedrohliche Hyperkaliämie (Kaliumwerte im Blutserum über 6 mmol / l) entwickeln. Um das zu vermeiden müssen kaliumreiche Lebensmittel vom Speiseplan gestrichen werden.
Lebensmittel mit sehr hohem Kaliumgehalt und ungeeignet:
Alle Gewürze (bei Natriumbeschränkung Kochsalzzufuhr beachten und auf keine Fall stark kaliumhaltigen Kochsalzersatz verwenden!), frische Kräuter nur in sehr kleinen Mengen.
Bei Kartoffeln, Gemüse und Tiefkühlgemüse, die im Rahmen des Diätplanes erlaubt und geeignet sind kann durch klein schneiden, anschließendes wässern (24 Stunden) und mehrfaches Abgießen des Kochwassers der Kaliumgehalt um 2/3 verringert werden. Die Vitaminverluste bei dieser Art der Zubereitung sind durch die Einnahme von wasserlöslichen Vitaminen (Vitamin C und B-Vitamine) in Tablettenform auszugleichen
Eine Hypokaliämie (Kaliumwerte im Blutserum zu niedrig) kommt bei chronischer Niereninsuffizenz (chronisches Nierenversagen) nur in Ausnahmefällen vor. Sie äußert sich häufig in Muskelkrämpfen und kann mit einer kaliumreichen Ernährung positiv beeinflusst werden. Auch Brausetabletten können eingesetzt werden.
Bei der chronischen Niereninsuffizenz treten Veränderungen im Mineralstoffhaushalt von Calcium und Phosphor auf. Steigt der Kreatininwert 3 – 5 mg /dl im Serum über an wird Phosphor über die Niere vermindert ausgeschieden und der Blutspiegel steigt an. Als Folge kann der Calciumwert im Serum abfallen (Hypokalzämie). Es kommt zu Störungen des Knochenstoffwechsels und langfristig zu Knochenerkrankungen.
Deshalb sollte die tägliche Phosphatzufuhr mit den Nahrungsmitteln auf 1g begrenzt werden. Hierbei müssen alle phosphatreichen Lebensmittel vom Speiseplan gestrichen werden. Bei moderater Niereninsuffizenz reicht diese Maßnahme bereits aus um den Phosphatspiegel in der Norm zu halten.
Zusätzlich zu diesen Ernährungsempfehlungen kann eine medikamentöse Senkung des Phosphatspiegels nötig werden.
Beim Mineralstoff Calcium kann es schon im frühen Stadium der Niereninsuffizenz zu einer ungenügenden Aufnahme kommen. Die eiweißreduzierte Ernährungsform die bei Niereninsuffizienz nötig ist schließt eine erhöhte Zufuhr von Calcium aus. Die wichtigsten calciumreichen Lebensmittel sind Milch- und Milchprodukte die aufgrund ihres hohen Eiweißgehaltes stark beschränkt werden müssen. Calcium muss also in Form von Medikamenten zugeführt werden.
Im Rahmen einer eiweißreduzierten Kost ist die Vitaminzufuhr oft mangelhaft.Die Zufuhr von B-Vitaminen und Vitamin D ist oft unzureichend. Bei den B-Vitaminen fehlen in erster Linie das Vitamin B6 und die Folsäure. Die Gabe aller wasserlöslichen Vitamine in Tablettenform hat sich hierbei bewährt. Die Gabe von Vitamin D wird dann nötig wenn trotz phosphatarmer Ernährung und der Gabe von calciumhaltigen Phosphatbindern in Tablettenform die renale Osteopathie (gesteigerter Knochenabbau) weiter fortschreitet. Bei einer kaliumarmen Kost, bei der das Wässern von bestimmten Lebensmitteln nötig wird, fehlen in jedem Fall die wasserlöslichen Vitamine C und die B-Vitamine. Demgegenüber ist der Vitamin-A-Spiegel bei chronischer Niereninsuffizenz oft erhöht und eine Zufuhr nicht angebracht.
Auch eine Zufuhr von Eisen kann bei eiweißarmer Ernährung nötig werden. Bei bestehenden Beschwerden (zum Beispiel Impotenz) muss auch das Spurenelement Zink in Tablettenform gegeben werden.
Während bei mäßiggradiger Einschränkung der Nierenfunktion 2 – 3 Liter pro Tag getrunken werden sollen um die harnpflichtigen Substanzen zu entfernen, nimmt bei fortschreitender Erkrankung die Fähigkeit des Organs ab Flüssigkeit ausreichend auszuscheiden.
Dieser Verlauf ist von Patient zu Patient sehr unterschiedlich. Das Ziel ist es, in diesem Stadium eine Überwässerung zu vermeiden weil diese zum lebensbedrohlichen Lungenödem führen könnte. Die zulässige Flüssigkeitsmenge richtet sich nach der ärztlichen Verordnung. Als Grundregel für die erlaubte Flüssigkeitsmenge gilt: Menge des am Tag zuvor ausgeschiedenen Urins plus 500 ml.