Dermatome - die Landkarte des Körpers

Der Nerv einer Rückenmarkswurzel versorgt ein bestimmtes Hautareal. Dieses Gebiet wird als Dermatom bezeichnet. Die Dermatome werden nach ihren zugehörigen Spinalnerven benannt und überlappen sich. Innere Organe können außerdem Schmerzen auf die passenden Dermatome projizieren. Beim Bandscheibenvorfall kann anhand der Sensibilitätsstörungen in einem Dermatom auf die beschädigte Bandscheibe geschlossen werden.

Dermatom

Defintion

Als ein Dermatom bezeichnet man dasjenige Gebiet der Haut, welches von den Nervenfasern einer bestimmten Rückenmarkswurzel (Spinalnervenwurzel) autonom innerviert wird. Der Name „Dermatom“ stammt aus dem Griechischen und setzt sich aus den Wörtern für Haut und Abschnitt zusammen. Das Verständnis der Dermatome ist in der Medizin für verschiedene Krankheiten von großer Bedeutung.

Einteilung der Dermatome

Die Grundlage für die Entstehung der Dermatome liegt in der Embryologie. Ein Embryo besitzt drei verschiedene Keimblätter (Ektoderm, Mesoderm und Endoderm), aus denen sich im Laufe dessen Reifung alle verschiedenen Gewebe entwickeln.
Im Rumpfbereich bilden sich aus dem Mesoderm zunächst die sogenannten Urwirbel (Somiten) aus, die sich seitlich des Neuralrohrs befinden. Aus dem seitlich-hinteren Anteil dieser Urwirbel bilden sich dann letztendlich Unterhaut und Haut. So entsteht eine 1:1 Zuordnung von einem Spinalnerven zu einem bestimmten Hautgebiet.
Die Dermatome werden deshalb auch nach dem Nerven benannt, von welchem sie versorgt werden.

Im Halswirbelbereich gibt es 8 Spinalnerven, die mit C1 bis C8 bezeichnet werden, entsprechend heißen auch die Dermatome. Allerdings gibt es hier die einzige Ausnahme: Ein Dermatom C1 existiert nicht, da die Spinalnervenfaser des ersten Halswirbels rein motorische Funktionen besitzt und nicht die Haut innerviert. Am Rumpf gibt es 12 Spinalnerven und somit 12 Dermatome, Th1 bis Th12. Lenden- und Sakralwirbel besitzen jeweils 5, folglich besitzen wir sowohl die Spinalnerven als auch die Dermatome L1 bis L5 und S1 bis S5.
Diese bereits so früh angelegte Zuordnung bleibt auch beim Erwachsenen erhalten. Wenn man sich vorstellt, dass der Mensch vornüber gebeugt steht, wobei sowohl Arme als auch Beine etwa im 90 Grad Winkel vom Rücken aus auf den Boden zeigen, so kann man den Körper ungefähr in Streifen aufteilen, wobei sich die Dermatome ergeben, angefangen mit dem Dermatom C2 am Kopf bis hin zum Dermatom S5 an der Rückseite vom Gesäß.

Sensibilität

Wichtig ist jedoch, dass die Dermatome nicht wirklich durch klare Linien voneinander getrennt sind, dieses Bild dient nur der besseren Vorstellung. Eigentlich ist es nämlich so, dass die Dermatome teilweise überlappen. Man geht davon aus, dass diese Überlappung für das Empfinden von Berührungsreizen stärker ausgeprägt ist als für die Empfindung von Schmerz und Temperaturreizen. Aufgrund dieses Phänomens fällt es Betroffenen häufig nicht auf, wenn nur ein Segment seine Funktion verliert, da die Innervation des entsprechenden Gebietes durch die benachbarten Spinalnervenwurzeln zum Großteil noch gewährleistet ist. Erst ab einem Ausfall von zwei nebeneinander liegenden Segmenten wird die Beeinträchtigung meist deutlich.
Im Gegensatz zu den Dermatomen gibt es auf der Haut auch die sogenannten Autonomgebiete. Dieses sind die Versorgungsgebiete von bestimmten peripheren Nerven, nicht den Spinalnervenfasern. Dass dies einen Unterschied darstellt, kommt daher, dass sich die Nerven, die aus dem Rückenmark entspringen, aufteilen und sich mit Nervenfasern von anderen Nerven verbinden. Dieser Austausch von Nervenfasern wird auch als Plexus bezeichnet, heraus kommen folglich die Plexusnerven.

Übertragung aus inneren Organen

Auch innere Organe übertragen in ihnen entstehende Empfindungen teilweise über die Spinalnerven. Manchmal gelingt es dem Gehirn jedoch nicht, die so empfangenen Signale einer exakten Stelle zuzuordnen, so wie das für die Hautareale möglich ist. Die Folge davon ist, dass die aus dem Organ stammenden Empfindungen auf das zu dem gleichen Spinalnerven gehörende Hautgebiet übertragen werden. Wenn also in einem inneren Organ eine Erkrankung vorliegt, kann es vorkommen, dass Schmerzen nicht im Inneren des Körpers, sondern auf der Haut gefühlt werden. Daraus ergibt sich die Zuteilung verschiedener Head-Zonen (erstmals von dem englischen Neurologen Head beschrieben) auf der Haut.
Bei krankhaften Vorgängen im Herzen kommt es typischerweise zu Schmerzen im linksseitigen Dermatom Th1 bis Th5, eine Erkrankung der Leber oder der Gallenwege führt zu Schmerzen der Dermatome Th6 bis Th9 rechts und so lässt sich fast jedem Organ eine Stelle auf der Haut zuordnen. In einigen Fällen bleibt der Schmerz nicht auf ein Dermatom beschränkt, sondern breitet sich auf die benachbarten Segmente aus oder greift auf die gesamte Körperhälfte über (Generalisation). Dieses Phänomen bezeichnet man als übertragenen Schmerz. Bei klassischen Bildern kann dieser übertragene Schmerz zu einer Diagnosefindung beitragen.

Bandscheibenvorfall

Außerdem wichtig sind die Dermatome bei der Diagnostik von Bandscheibenvorfällen.
Wenn der geleeartige Kern einer Bandscheibe herausrutscht und auf eine Spinalnervenfaser (z.B. Ischiasnerv) drückt, so kommt es zu Funktionsstörungen der Segmente, die von dieser Faser versorgt werden. Wenn sich sensible Ausfälle also auf ein bestimmtes Dermatom beschränken, so lässt sich daraus auf die Lokalisation eines Bandscheibenvorfalles schließen.
Die häufigsten Bandscheibenvorfälle kommen im Bereich L4/5 und L5/S1 vor.
Typisch sind Bandscheibenvorfälle im Bereich L4/L5, was zu einem eingeschränkten Berührungsempfinden der Innenseite des Unterschenkels und des Fußes führt, und im Bereich L5/S1, wo es hingegen zu einer Sensibilitätsstörung der Außenseite des Fußes und der Fußsohle kommt.

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Autor: Dr. N. Gumpert Veröffentlicht: 29.08.2013 - Letzte Änderung: 25.07.2023