Wie ist der Übertragungsweg des Norovirus?

Der oder das Norovirus ist neben dem Rotavirus der häufigste Auslöser von viralen Brechdurchfallerkrankungen (Gastroenteritiden). Er zeichnet sich durch eine besonders hohe Kontagiosität (Ansteckungsgefahr) aus: Schon die Übertragung von nur wenigen Dutzend Erregern von einem Erkrankten auf einen anderen Menschen sind ausreichend für eine Ansteckung.

Wie ist der Übertragungsweg des Norovirus?

Einleitung

Der oder das Norovirus ist neben dem Rotavirus der häufigste Auslöser von viralen Brechdurchfallerkrankungen (Gastroenteritiden). Er zeichnet sich durch eine besonders hohe Kontagiosität (Ansteckungsgefahr) aus: Schon die Übertragung von nur wenigen Dutzend Erregern von einem Erkrankten auf einen anderen Menschen sind ausreichend für eine Ansteckung. Bei vielen anderen Viruserkrankungen werden vielfach höhere Mengen an Viruspartikeln benötigt, damit die Krankheit ausbricht. Dieser Umstand bedingt, dass Norovirus-Erkrankungen sich häufig innerhalb weniger Tage rasant ausbreiten. Insbesondere in öffentlichen Einrichtungen mit engem menschlichen Kontakt, wie in Seniorenheimen oder Kindergärten, kann es auf diese Weise zu Ausbrüchen kommen, die einen großen Anteil der dort untergebrachten und angestellten Menschen betreffen.

Lesen Sie hier mehr zum Thema: Norovirus - Wie gefährlich ist er?

Wie wird der Norovirus von Mensch zu Mensch übertragen?

Viele Viren können nur durch direkten Kontakt von Mensch zu Mensch übertragen werden. So ist etwa für eine Übertragung des HI-Virus, der die AIDS-Erkrankung auslöst, sexueller Kontakt Voraussetzung und auch für eine Übertragung von Herpes-simplex-Viren müssen sich die zwei betreffenden Menschen sehr gern haben. Der Norovirus hingegen kann im Gegensatz dazu auch indirekt von Mensch zu Mensch übertragen werden. Neben dem Umstand, dass die Übertragung von nur wenigen Dutzend Viruspartikeln für eine Ansteckung ausreicht, ist die indirekte Übertragungsmöglichkeit der zweite wesentliche Grund für die immer wieder eintretenden Erkrankungswellen des Norovirus.
Der Virus wird von Infizierten über den Stuhl oder Erbrochenes ausgeschieden. Viruspartikel können dann von anderen Menschen eingeatmet werden, die daraufhin erkranken. Zusätzlich besteht eine Ansteckungsgefahr auch über das Berühren von Gegenständen, an denen Viruspartikel anhaften (z.B. Türklinken, Toiletten, Tastaturen), und anschließenden Kontakt der kontaminierten Hände mit dem Mund. Und schließlich ist auch die Aufnahme des Virus über den Verzehr von Lebensmitteln, die vorher mit Erkrankten in Berührung gekommen sind, möglich.

Wichtig ist: Infizierte sind nicht nur während der Symptome, also während des Brechdurchfalls, ansteckend! Schon kurz vor dem Eintreten der Beschwerden und vor allem bis zu zwei Wochen nach Ende der Erkrankung können sie über den Stuhl Viruspartikel ausscheiden, die dann wiederum bei anderen Menschen die Erkrankung auslösen können.

Kann der Norovirus über die Luft übertragen werden?

Ja! Mikrobiologisch gesehen handelt es sich bei der Übertragung des Norovirus um eine Schmierinfektion. Dieser Begriff beschreibt, dass der Virus über den direkten Kontakt mit Ausscheidungen von Infizierten oder mit Gegenständen, die mit den Ausscheidungen in Kontakt gekommen sind, übertragen wird. Doch Viruspartikel können auch in Form von Aerosolen (chemischer Begriff für in der Luft gelöste Flüssigkeitströpfchen) in die Luft gelangen und folglich auch eingeatmet werden. Dies spielt vor allem dann eine Rolle, wenn etwa beim Besuch einer kontaminierten Toilette Wassertropfen aufgewirbelt werden und der Norovirus auf diesem Weg in der Luft verteilt wird.

Lesen Sie hier mehr zum Thema: Schmierinfektion

Kann der Virus außerhalb des Menschen leben?

Ja! Der Norovirus ist extrem widerstandsfähig und kann bis zu zwei Wochen (manche Quellen gehen sogar von einem Monat aus!) außerhalb des Menschen überleben. Selbst extreme Temperaturen von unter -20°C oder über 60°C können ihm dabei nichts anhaben. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, nicht nur den direkten Kontakt zu Infizierten zu vermeiden, sondern auch z.B. Türklinken oder andere häufig berührte Gegenstände regelmäßig zu desinfizieren, um die dort befindlichen Noroviren zu eliminieren.

Wie kann ich die Übertragung verhindern?

Zur Verhinderung einer Übertragung des Norovirus sind angemessene Hygienemaßnahmen das A und O. Die Basishygiene besteht dabei aus regelmäßigem gründlichen Händewaschen, das sich in Untersuchungen sogar als effektiver herausgestellt hat, als die Verwendung von Desinfektionslösungen. Letztere sind natürlich dennoch eine sinnvolle Ergänzung zum Händewaschen. Wenn sich eine Erkrankungswelle in Ihrem Umfeld ereignet, vermeiden Sie nach Möglichkeit engen Körperkontakt – und das nicht nur zu Infizierten, denn auch beschwerdefreie Träger können den Virus übertragen (s.u.). Unter diesen Aspekt fällt etwa der Verzicht auf Umarmungen oder auch, soweit möglich, auf Händeschütteln.

Lesen Sie hier mehr zum Thema:  6-Schritt-Desinfektion - Richtiges Händewaschen und Desinfizieren

Sollte in Ihrem Haushalt eine Person an Brechdurchfall erkrankt sein, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass eine Norovirus-Infektion vorliegt. In diesem Fall gebietet der gesunde Menschenverstand, direkten Kontakt mit dem Infizierten so weit wie möglich zu vermeiden. Wenn die Beseitigung von Ausscheidungen des Infizierten nötig wird, verwenden Sie unbedingt Hygienehandschuhe und Mundschutz und desinfizieren Sie die kontaminierten Handflächen gründlich. Desinfiziert werden sollten dabei generell alle Oberflächen, die in Kontakt mit den Ausscheidungen, aber auch mit dem Infizierten selbst gekommen sein könnten – etwa Türklinken oder Fernbedienungen.
Bitte beachten Sie: Noch bis zu zwei Wochen nach Ende der Krankheitssymptome können die Ausscheidungen der betroffenen Person Viruspartikel enthalten, die zu einer Infektion führen können – führen Sie die speziellen Hygienemaßnahmen also mindestens für diesen Zeitraum fort. Verwenden Sie dabei Einmalprodukte, um den Virus nicht noch weiter zu verteilen.
Der Infizierte sollte seine eigenen Körperpflegeartikel und Handtücher verwenden. Letztere sowie die Kleidung und Bettwäsche des Infizierten sollten bei mindestens 60°C gewaschen werden, da der Norovirus ab dieser Temperatur zerstört wird. Regelmäßiges und ausgiebiges Lüften senkt zudem das Risiko einer Übertragung des Norovirus über die Luft.

Lesen Sie hier mehr zum Thema: Wie wird eine Norovirus-Infektion behandelt?

Kann der Norovirus auch auf Tiere übertragen werden?

Nach aktuellem Wissensstand ist der Mensch das einzige sogenannte Erregerreservoir des Norovirus. Das heißt, dass der Virus nur den Mensch befällt und nicht auf Tiere übertragen werden kann. Dass Tiere nicht am Norovirus erkranken können, heißt aber nicht, dass ein Infizierter bedenkenlos mit der Hauskatze oder dem Hund kuscheln kann: Er könnte nämlich durchaus Erreger auf das Fell des Tieres übertragen, das diese dann im Haus verteilt und dadurch auf die anderen Bewohner des Haushalts überträgt.

Kann der Norovirus schon in der Inkubationsphase, also bevor Symptome entstehen, übertragen werden?

Die Inkubationsphase, also der Zeitraum zwischen der Ansteckung und dem Ausbruch der Erkrankung, ist beim Norovirus sehr kurz und beträgt meist nur wenige Stunden bis maximal zwei Tage. Der Betroffene ist im Großteil der Inkubationsphase zwar noch nicht ansteckend. Doch etwa ein bis zwei Stunden vor Beginn der Symptome kann bereits eine Ansteckungsgefahr bestehen. Aus diesem Grund ist das Vermeiden von engem Kontakt mit Personen, die kürzlich mit Infizierten in Berührung gekommen sind und sich deshalb in der Inkubationsphase befinden könnten, eine der wichtigsten Maßnahmen zur Vermeidung einer Übertragung.

Haben Sie weiteres Interesse an diesem Thema? Lesen Sie hierzu unseren nächsten Artikel unter: Wie lange ist eine Norovirus-Infektion ansteckend?

 

Kann der Norovirus durch Küssen übertragen werden?

Theoretisch kann der Norovirus auch durch Küssen übertragen werden. Gerade während der akuten Erkrankungsphase sollte daher auf das Küssen von infizierten Personen verzichtet werden – angesichts des Umstands, dass es sich bei der Norovirus-Infektion um eine Brechdurchfallerkrankung handelt, sicherlich kein allzu schwer zu vermittelnder Ratschlag. Nach dem Ende der Krankheitssymptome verringert sich das Risiko einer Übertragung beim Küssen deutlich.
Ein Restrisiko existiert jedoch noch immer, da Betroffene bis zu zwei Wochen nach Ende der Erkrankung noch Viruspartikel ausscheiden können. Daher besteht, vor allem bei unzureichender Toiletten- und Händehygiene, weiterhin die Möglichkeit einer Übertragung des Virus in den Mundbereich und folglich auch beim Küssen auf eine andere Person.

Kann der Norovirus durch Muttermilch übertragen werden?

Der Norovirus hat keine Möglichkeit, in die Muttermilch zu gelangen und kann dementsprechend nicht über selbige übertragen werden. Anders verhält es sich mit dem Stillen als Ganzes: Bei unzureichender Befolgung der Hygienemaßnahmen kann eine infizierte Mutter etwa mit den Händen ihre Brust kontaminieren, sodass das Kind den Erreger zwar nicht über die Muttermilch, aber doch über das Stillen aufnehmen kann.

Werden die gebotenen Hygieneregeln beachtet, stellt das Stillen bzw. die Muttermilch sogar einen Schutzfaktor für das Kind dar: Mit der Muttermilch werden nämlich bestimmte Zuckermoleküle übertragen, die sich im Darm des Kindes an den Norovirus anheften und so dessen Ausscheidung beschleunigen. Aus diesem Grund erkranken gestillte Kinder seltener am Norovirus als nicht gestillte.

Kann der Norovirus während der Schwangerschaft übertragen werden?

Der Norovirus kann nicht auf das ungeborene Kind übertragen werden und stellt somit keine direkte Gefahr für den Nachwuchs dar. Jedoch können wiederholter Durchfall und Erbrechen den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt der Mutter erheblich schwächen, was in schwereren Fällen dann doch zu einer Gefährdung des Kindes führen kann.
Es lässt sich also festhalten: Bei einer Norovirus-Infektion während der Schwangerschaft sollte besonders großer Wert auf einen angemessenen Flüssigkeits- und Elektrolytausgleich gelegt und im Zweifelsfall (bei besonders ausgeprägtem oder lang anhaltendem Brechdurchfall) umgehend ärztliche Hilfe aufgesucht werden.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 07.12.2017 - Letzte Änderung: 25.07.2023