Trotzphase

Die Trotzphase

Was versteht man unter der Trotzphase?

 Die Trotzphase beschreibt bei Kindern einen bestimmten Entwicklungsstand, den Kindern ab dem zweiten Lebensjahr in unterschiedlicher Intensität durchlaufen. In seltenen Fällen bleibt die Trotzphase wegen sozialen Umständen aus.
Während der Trotzphase tritt bei dem Kind ein verändertes Verhalten auf, es testet, wie weit es mit seinem eigenen Willen gehen kann, es wird der eigene Handlungsspielraum erprobt und das Kind reagiert auf Widerstand.
Die Reaktion auf Widerstand wird als Trotzreaktion beschrieben und kann sich durch lautes Schreien und Weinen äußern, dabei schlagen manche Kinder um sich und lassen sich nur schwer beruhigen.

Was kann ich als Eltern gegen die Trotzphase machen?

Die Trotzphase ist für die Persönlichkeitsentfaltung, für die emotionale Entwicklung und für die Ausbildung des Ichs bei dem Kind sehr wichtig. Aus diesem Grund sollten die Eltern richtig auf Trotzanfälle der Kindern reagieren, um diesen einen passenden Rahmen zu geben und nicht unkontrolliert neue Trotzreaktionen zu provozieren, sondern einen Weg aus dieser Phase heraus zu finden.

Eltern sollten ihr Kind ausprobieren lassen, wenn es die Situation zulässt, dadurch kann das Kind sein Selbstbewusstsein stärken und eigene Erfahrungen sammeln. Das Kind bekommt so die Möglichkeit, selber zu lernen und es stößt nicht immer auf ein "Nein" von den Eltern, wenn es etwas ausprobieren will. Dies gilt nur für Situationen, die völlig ungefährlich für das Kind sind und für Dinge, die keinen großen Wert für die Eltern haben - ist dies nicht der Fall, sollten die Eltern dem Kind ein klares "Nein" entgegenbringen.

Wenn dem Kind seine Grenzen aufgezeigt wurden, ist es wichtig, dem Willen des Kindes, auch wenn es laut wird und einen Trotzanfall bekommt, nicht nachzugeben. Kinder brauchen klare Grenzen und Regeln, die auch eingehalten werden müssen, sonst lernt das Kind schnell, welches Verhalten es zeigen muss, um mit dem eigenen Willen bei den Eltern durchzukommen.

Dem Kind muss ganz klar sein, an welche Regeln es sich zu halten hat, diese Regeln sollten nicht nur immer gelten, sondern deren Einhalten muss auch von allen Bezugspersonen gleichermaßen eingefordert werden. Viele Eltern kennen ihre Kinder sehr gut und wissen, wann es häufig zu Trotzreaktionen der Kinder kommen kann. Es empfiehlt sich, solche Situationen, die heftige Reaktionen bei dem Kind auslösen, zu vermeiden oder zu entschärfen, um sich selber, aber auch das Kind zu schonen, denn häufig können solche extremen Trotzreaktionen durch Angst bei dem Kind ausgelöst werden. Das Kind selber ist nicht fähig die Angst zu benennen, weshalb die Eltern dazu angehalten sind die Kinder in ihrem Verhalten genau zu beobachten.

Wenn es doch zu einem starken Trotzanfall gekommen ist, ist es ganz wichtig, dass die Eltern selber die Ruhe bewahren. Dazu gehört auch, dass sie sich nicht von der kindlichen Wut mitreißen lassen und selber anfangen zu schreien, zu schimpfen oder das Kind zu bestrafen. Eltern haben die Aufgabe, mit gutem Vorbild voranzugehen und dem Kind nach dem Anfall zu erklären, dass bestimmte Äußerungen tabu sind.

Um in einer solchen Trotzsituation gelassen zu bleiben, muss man tief durchatmen, die Reaktion des Kindes nicht persönlich nehmen und dem Kind mit Empathie begegnen. Häufig hilft es schon, wenn man das Kind in den Arm nimmt, da dadurch ein Teil der Anspannung verfliegt und sich das Kind beruhigt. Des Weiteren kann man das Kind nach einem Anfall oder bevor es sich blind in einen Anfall hineinsteigert ablenken, zum Beispiel mit seinem Lieblingskuscheltier oder einer anderen spannenden Situation, die das Kind das eigentliche Problem vergessen lässt. Solche Asse im Ärmel, die das Kind mit großer Wahrscheinlichkeit beruhigen, sind besonders empfehlenswert, wenn man sich mit dem Kind in der Öffentlichkeit bewegt und man keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen will.

Lesen Sie auch unser Thema: Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern

Besonderheiten der Trotzphase beim Baby

 Von einer richtigen Trotzphase spricht man in aller Regel erst bei Kindern ab dem zweiten Lebensjahr, dennoch kann ähnliches Verhalten, wie unkontrolliertes Schreien, schon bei Babys beobachtet werden. Im ersten Lebensjahr machen Kinder durch ihre verbalen Äußerungen auf  ihre Bedürfnisse aufmerksam, die von den Eltern befriedigt werden müssen.

Dementsprechend handelt es sich bei einem schreienden Baby nicht um eine Trotzreaktion, die sich gegen ein Verbot der Eltern richtet, sondern um ein Aufmerksammachen auf Bedürfnisse, die zum Überleben gestillt werden müssen.
Eltern sollten, anders als bei einem älteren Kind mit einem wirklichen Trotzanfall, möglichst schnell auf das Verhalten des Kindes reagieren. Eine schnelle Antwort auf das Gebaren der Babys fördert die Eltern-Kind-Bindung und stärkt das Urvertrauen des Kindes.
Erst am Ende des ersten Lebensjahres lernen Kinder, dass sie mit ihrem Verhalten Einfluss auf die Tätigkeiten der Erwachsenen nehmen können. Nun sind die Baby in der Lage, ihr Schreien gezielter einsetzten, um ihre Grundbedürfnisse zum Ausdruck zu bringen und deren Stillen einzufordern.
Darüber hinaus äußern sich auch die ersten Schreie, die Wut des Kindes ausdrücken. Wenn man den Babys zum Beispiel ein Spielzeug oder ähnliches wegnimmt, fangen diese an zu weinen, da sich eine Situation entgegen ihres Willens geändert hat. Dieses Weinen drückt die Hilflosigkeit der Babys aus. Entsprechend wird diese Reaktion eher als Wut und nicht als Trotz beschrieben.

Mehr hierzu: Die Phasen der frühkindlichen Entwicklung

Besonderheiten der Trotzphase mit 2 Jahren

Mit zwei Jahren beginnen Kinder, ihren eigenen Willen zu entwickeln. Wenn dieser mit der Meinung der Eltern auseinander geht, kann dies zu einem Trotzanfall führen. Zuvor wurde das Überleben des Kindes durch die Fürsorge, Nahrung und den Schutz der Eltern gesichert, ohne dass das Kind seinen eigenen Kopf durch setzen muss.
Mit zwei Jahren ist es nun in ein Entwicklungsstadium angelangt, in dem es eigene Ideen hat und diese gegenüber den Eltern durch setzten möchte. Das Kind beginnt zum ersten Mal, sich abzugrenzen und zu üben, was es bedeutet einen eigenen Willen zu haben.
Mit zwei Jahren haben Kinder eigene Ideen und Gedanken, welche sie jedoch noch nicht richtig in eine Sprache umwandeln können, die immer für die Erwachsenen verständlich ist. Das Kind versteht vieles aus seiner Umwelt, ist aber noch nicht in der Lage, sich angemessen verbal auszudrücken. So können in diesem Alter Trotzanfälle sehr schnell entstehen, da sich das Kind mit Hilfe von Schreien, Weinen, Treten oder in die Luft schlagen bemerkbar macht. Meistens handelt es sich um Zorn- und Wutausbrüche, die plötzlich und intensiv auftreten, aber ebenso schnell wie sie gekommen sind, wieder vergehen.

Dieses Thema könnte Sie auch interessieren: Erziehungsziele

Besonderheiten der Trotzphase mit 3 Jahren

Mit drei Jahren will das Kind einerseits unabhängiger sein und versucht, vieles alleine zu machen, andererseits sehnt sich das Kind nach der elterlichen Obhut, Liebe und Sicherheit.  

Die Kinder entdecken in ihrem Autonomiestreben nach und nach ihre Wünsche und Vorlieben, weshalb es für die Eltern sehr schwer ist, die Wünsche der Kinder vorherzusehen. Das Kind entdeckt seinen eigenen Willen und dies hat unausweichlich zur Folge, dass das Kind Dinge oder Sachen will, die durch die Eltern verboten sind oder wozu das Kind nicht in der Lage ist. 
Aus diesem Grund können heftige Trotzanfälle und Wutausbrüche entstehen, ohne das die Eltern eine Vorahnung hatten. Es kann passieren, dass Kleinigkeiten, die dem Kind verboten werden, starke Reaktionen bei ihm hervorrufen. In diesem Alter resultieren solche Wut- und Trotzanfälle mit Tränen aus einer Frustration heraus, weil das Kind etwas erreichen möchte, wozu es häufig in dem Alter noch nicht fähig ist.

Diese Phase, in denen die Kinder alles selber machen wollen und ihnen noch nicht alles gelingt, ist für die Entwicklung sehr wichtig, denn die Kinder bewegen sich zum ersten Mal unabhängig von ihren Eltern. In diesem neuen Lebensabschnitt wollen die Kinder die Umwelt selber erkunden, was mit einer gesteigerten körperlichen Aktivität einhergeht.

Besonderheiten der Trotzphase mit 4 Jahren

Mit vier Jahren können je nach Kind noch immer Trotzreaktionen aus der Phase der dreijährigen Kinder entstehen. Es ist von Kind zu Kind ganz individuell, wann es die einzelnen Phasen durchlebt und wie lange sie andauern. Kinder mit vier Jahren können bereits laufen und sprechen, wodurch sie sich vom Baby, was eine rund um die Uhr Betreuung benötigt, unterscheidet.

Die Kinder haben nun einen gewissen Grad an Selbstständigkeit erlangt und wollen diesen nach und nach vergrößern. Dabei stoßen sie jedoch an Grenzen, die einerseits von den Eltern gesteckt werden, um das Kind zu erziehen oder auch um es vor Gefahren zu schützen, anderseits existieren diese Grenzen durch die körperlich noch nicht vollständige Entwicklung. Diese Grenzen können bei manchen Kindern auch noch im vierten Lebensjahr Reaktionen, wie Trotz oder Wut hervorrufen. Normalerweise nehmen aber die Wutanfälle und Trotzreaktionen ab dem vierten Lebensjahr deutlich ab, da sich die sprachlichen Fähigkeiten und die Handlungsmöglichkeiten der Kinder deutlich verbessern.

Dieses Thema könnte Sie außerdem interessieren: Die kindliche Entwicklung

Besonderheiten der Trotzphase mit 5 Jahren

Kinder im fünften Lebensjahr haben in der Regel kaum noch Trotzanfälle oder stark unkontrollierte Wutausbrüche. Das Kind ist sprachlisch und auch emotional so weit entwickelt, dass es Regeln befolgen kann und auch teilweise verstehen und einsehen kann.
Erfahren die Kinder keine Grenzen von den Eltern, kann dies jedoch dazu führen, dass die Kinder weiterhin Trotzreaktionen und Wutausbrüche bekommen.
Sie haben gelernt, dass sie mit diesem Verhalten bei den Eltern einen gewünschten Effekt erzielen und nutzen dies aus. Solche Ausbrüche oder Anfälle haben nicht mit einer Frustration, wie im Kleinkindalter zu tun, sondern werden bewusst und zielgerichtet für die eigenen Wünsche eingesetzt. Die Kinder den Eltern gegenüber so mächtig und erreichen damit oft ihren Willen, sodass ein Trotzanfallverhalten nicht mit zunehmenden Alter abnimmt, sondern beibehalten wird.

Dieser Artikel könnte Sie ebenfalls interessieren: Was ist eine Entwicklungsauffälligkeit?

Besonderheiten der Trotzphase mit 6 Jahren

Bei der Trotzphase mit 6 Jahren, ist es ähnlich wie mit fünf Jahren. Normalerweise müsste das Kind bei einer richtigen und konsequenten Erziehung seine Trotzanfälle abgelegt haben, da es nun von der Entwicklung so weit ist, dass es verbal ausdrücken kann, was es möchte und auch die Motorik ist so weit fortgeschritten, dass es vieles erreicht, was es sich vorgenommen hat.

Treten dennoch weiter hin Trotzanfälle auf, ist es möglich, dass das Kind gelernt hat, dass es mit einem solchen Verhalten bei den Eltern bekommt, was es will oder das Kind verhält sich aus Unsicherheit und Überforderung so.
Solch eine Überforderung oder auch Angst kann im Zusammenhang mit dem Schuleintritt und der damit neuen Lebenssituation einhergehen. Wenn Kinder zuvor wenig Kontakt zu Gleichaltrigen hatten, können sie auch von einer Schulklasse überfordert werden, denn Gleichaltrige verhalten sich einem Kind gegenüber anders als Erwachsene und dies muss das Kind erstmals lernen.

Des Weiteren kann es passieren, dass das Kind, wenn es von seinen Eltern zuvor keine Grenzen gesteckt bekommen hat, nun in der Schule das erste Mal Grenzen und Regeln, an die es sich halten muss, erfährt. Dies kann am Anfang zu Trotz-oder Wutanfällen führen, die aber bei einem konsequenten Verhalten vom Erzieher nicht lange andauern.

Dies könnte Sie auch interessieren: 

Wie lange dauern die Trotzphasen und wann sind sie vorbei?

Die Trotzphasen beginnen bei jedem Kind nicht nur zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt, sondern enden auch verschieden. Dies hängt einerseits mit dem individuellen Charakter und der individuellen Entwicklung des Kindes zusammen und anderseits ist dies auch von dem Verhalten der Eltern abhängig.

Es kann sogar innerhalb einer Familie bei Geschwistern zu einem unterschiedlichen Verhalten führen, da auch Geschwister ganz verschieden sind und sich die Eltern zum Beispiel bei dem zweiten Kind anders verhalten als bei dem Erstgeborenen. Wenn die Eltern auf ihr Kind in einer Trotzphase eingehen und dem Kind klare Grenzen setzen und Regeln aufstellen, an die sich alle Erziehenden konsequent halten, ist die Trotzphase bei vielen Kindern schnell vorbei.

Die Kinder lernen, dass ihnen die Trotzanfälle und Wutausbrüche nicht zum Erreichen des gewünschten Ziels verhelfen. Entsprechend stellen sie dieses anstrengende Verhalten recht zügig ein. Dabei ist es besonders wichtig, dass die Eltern auf keinem Fall dem Kind in solch einem Verhalten den Willen geben, da es sich dies sonst merkt und wieder so handeln wird, um zu bekommen was es will. Darüber hinaus ist es förderlich, dem Kind in gewissen Grenzen einem Freiraum zum Ausprobieren zu geben, sodass es sich dort ausleben kann und keine Anfälle nötig hat. Bei dem meisten Kindern ist die Trotzphase mit dem vierten Lebensjahr vorbei und es kehrt wieder Ruhe in das Familiengeschehen ein.

Lesen Sie auch: Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 12.09.2018 - Letzte Änderung: 22.10.2021