Eiter im Kiefer - das sollten sie tun und lassen!

Unter Eiter im Kiefer versteht man meist ein Abszess, also eine Eiteransammlung in einem neugebildeten Hohlraum durch eine Entzündung. Im Kiefer kann dies z.B. durch eine Weisheitszahnentfernug oder nach einer Wurzelbehandlung entstehen, wenn Bakterien durch die durch den chirurgischen Eingriff entstandene Wunde in den Kiefer eindringen können. Ein Abszess im Kiefer verursacht meist eine Schwellung und Schmerzen. Wenn die Entzündung nicht rechtzeitig behandelt wird, kann sie auch in den Blutkreislauf übergehen, was sehr gefährlich ist. Deshalb ist es ratsam, bei Schmerzen und Schwellungen im Kieferbereich, besonders nach Eingriffen im Mundraum, einen Arzt aufzusuchen.

Eiter im Kiefer

Definition - Was versteht man unter Eiter im Kiefer?

Eiter im Kiefer kann zahlreiche Ursachen und Formen aufweisen, ist aber als Komplikation von Zahnschmerzen als eine Schwellung im Kieferbereich sehr in der Bevölkerung gefürchtet. Im Fachjargon sprechen Mediziner von einem Abszess. Ein Abszess beschreibt eine Eiteransammlung in einem neu gebildeten Hohlraum. Dieser Hohlraum kann am gesamten Körper auftreten.

Bevorzugt sind dabei allerdings die Weichgewebe über dem Steißbein oder die Mundhöhle.
In der Mundhöhle produziert der neu gebildete Hohlraum eine Schwellung mit einem unangenehmen Druck, der Mundöffnungsstörungen und Schluckbeschwerden verursachen kann. Doch woher kommt der Abszess und warum ist er so gefährlich?

Was ist eine Osteomyelitis?

Eine Osteomyelitis ist eine Entzündung des Knochenmarks, die durch eine bakterielle Infektion verursacht wird.
Die Osteomyelitis kann akut auftreten, wie besipielsweise direkt nach operativen Eingriffen. So kann es zum Beispiel dazu kommen, dass der Knochen nach einer Weisheitszahnentfernung oder einem anderen chirurgischen Eingriff in der Mundhöhle nicht heilt, sondern Entzündungszeichen auftreten.
Weiterhin können auch chronische Formen der Osteomyelitis auftreten. Symptome dieser Erkrankung sind Schmerzen, Schwellungen und Zahnlockerungen in der betroffenen Region. Durch das Granulationsgewebe und die Entzündungszellen entsteht ein unangenehmer Geruch im Mund.

Wird die Osteomyelitis nicht behandelt, können Knochenteile absterben und die Infektion kann in den systemischen Kreislauf übergehen. Die Lymphknoten schwellen an, es bildet sich Fieber und die Entzündungszellen versuchen, zum Herzen zu gelangen, was eine Sepsis, also eine Blutvergiftung verursachen kann.

Therapeutisch kann eine Antibiotikagabe ausreichen, damit die Entzündung auszuheilt. Sind jedoch Knochennekrosen, also untergeganges Knochengewebe vorhanden, müssen die abgestorbenen Knochenteile entfernt werden, damit eine Regeneration stattfindet. Auch Medikamente, die den Knochenstoffwechsel beeinflussen, wie beispielsweise die Bisphosphonate, kommen dann zum Einsatz.

Lesen Sie hierzu mehr unter: Osteomyelitis des Kiefergelenks

Ursachen für Eiter im Kiefer

Die klassische Erkrankung bei Eiteransammlungen ist ein Abszess im Kiefer. Er tritt bei bakteriellen Entzündungen auf, die Ausbreitungstendenzen aufweisen.

So ist der Abszess immer eine mögliche Komplikation einer apikalen Parodontitis, einer Entzündung unterhalb der Wurzelspitze.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Zahnwurzelentzündung

Auch abgestorbene Nerven innerhalb von Zähnen sind dazu im Stande, einen Abszess im Kiefer zu verursachen. Selbst nach erfolgter Wurzelkanalbehandlung sind verbliebene Bakterien unterhalb der Wurzelspitze potenziell in der Lage, Abszesse auszubilden.

Die häufigste Ursache tritt allerdings bei Weisheitszähnen auf, die durch eine Verlagerung schief herauswachsen und Nischen für Bakterien bilden können. Weiterhin kann auch nach der Weisheitszahnentfernung ein Schlupfloch für Bakterien entstehen, sodass sich ein Abszess ausbilden kann.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Abszess im Oberkiefer

Abszess nach einer Weisheitszahnentfernung

Eine Weisheitszahnentfernung ist ein aufwendiger chirurgischer Eingriff, der in der Nachbehandlung die Mundöffnung und die Nahrungsaufnahme einschränken kann.
Besonders beim Entfernen aller vier Weisheitszähne in einer Sitzung ist die Mundhygiene und Nahrungsaufnahme erschwert.
Dadurch können sich Bakterien in den nun leeren Zahnfächern einnisten und zu einer Entzündung führen. In dem verbliebenen Hohlraum kann sich durch die Bakterien eine Entzündungsreaktion bilden, bei der Eiter entsteht. Dieser Abszess hat die Tendenz, sich auszubreiten und in den systemischen Kreislauf zu gelangen.

Eine Abszessbildung im Bereich der Weisheitszähne ist mit

  • Schmerzen
  • Schwellungen
  • und Schluckbeschwerden verbunden.

Dies ist nicht ganz ungefährlich, da es unter Umständen zu einer Blutvergiftung kommen kann. Daher gilt es, bei einer Schwellung nach einer Weisheitszahnentfernung schnellstmöglich einen Zahnarzt aufzusuchen oder außerhalb der Sprechstunde einen zahnärztlich-chirurgischen Notdienstes.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Entzündung nach einer Weisheitszahn-OP

Eiter im Kiefer nach einer Wurzelbehandlung

Nach abgeschlossener Wurzelkanalbehandlung mit Wurzelfüllung ist eine mögliche Komplikation, dass Bakterien unterhalb der Wurzelspitze verblieben sind und diese akute Ausbreitungstendenzen aufweisen.
Die Bakterien können einen Hohlraum ausbilden in welchem durch die Immunabwehr des Körpers Eiter gebildet wird, sodass ein Abszess entsteht. Dies passiert vor allem, da der Eiter nicht nach oben entweichen kann und daher eine Schwellung produziert. Die Schwellung erzeugt einen starken Druck, massive Aufbissstörungen und nicht aushaltbare Schmerzen.

Sofern keine Behandlung erfolgt, entstehen Schluckbeschwerden, je nach Lage kann auch eine Atemwegsbehinderung und eine Sepsis (Blutvergiftung) entstehen.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Entzündung nach einer Wurzelspitzenresektion

Diagnose

Diagnostisch ist bei einem Abszess eine Eiteransammlung in der Mundhöhle zu sehen. Der Behandler betastet die Schwellung und versucht, den Rand des Unterkieferknochens darunter zu tasten. Eine pralle und harte Schwellung ist kritisch, während eine weiche Schwellung durchaus keinen Behandlungsbedarf erfordern kann.
Bei einem nicht tastbaren Unterkiefer verbunden mit Schluckbeschwerden oder Atembeschwerden gilt ein dringender Behandlungsbedarf.

Weiterhin ist auch Fieber ein akutes Zeichen einer Entzündung, welches überprüft wird.

Neben den klinischen Untersuchungen gilt die Röntgendiagnostik als unterstützendes Medium, um eine klärende Diagnose zu stellen.

Begleitsymptome

Begleitsymptome bilden die typischen Entzündungszeichen:

  • Rötung
  • Schwellung
  • Überwärmung
  • Schmerzen

Vor allem die Schwellung ist in dem Fall des Abszesses das prägnanteste Begleitsymtom. Die Schwellung ist von außen sichtbar und verdrängt das Weichgewebe. Sie fühlt sich weich an, etwa vergleichbar mit einem mit Wasser gefüllten Luftballon.

Weiterhin ist der Abszess meist gerötet und fühlt sich überwärmt an. Durch die Ansammlung des Eiters entsteht ein verstärkter Druck.
Auftretende Schmerzen im Bereich des Abszesses, die auch in andere Kopfregionen ausstrahlen können, sind ebenfalls wahrscheinlich.

Bei Symptomen wie Schluckbeschwerden und Atemwegsbehinderungen besteht ein sofortiger Behandlungsbedarf.

Kann man Eiter im Kiefer ohne weitere Symptome haben?

In der Regel erzeugt der Abszess durch die Füllung eines Hohlraums die Verdrängung von vorhandenem Gewebe, was mit Spannungen verbunden ist.

Das Gewebe ist nur zu einem gewissen Grad fähig, sich auszudehnen. So erzeugt die Eiteransammlung, je größer sie wird, einen sehr starken Druckschmerz mit einer starken Schwellung, die auch von außen sichtbar ist. Dadurch sind die Symptome meist mit massiven Schmerzen verbunden.

Eine Abszessbildung ohne Beschwerden ist in der Regel nicht möglich. Selbst weiche Schwellungen verursachen meist Schmerzen beim Tasten. Die Schmerzen können so massiv sein, dass in der Regel schnellstmöglich ein Zahnarzt aufgesucht wird.

Behandlung von Eiter im Kiefer

Therapeutisch wird versucht, den Eiter je nach Ausmaß der Schwellung abfließen zu lassen.

Bei einer Entzündung an der Wurzelspitze kann dies bereits durch das Aufbohren des Zahnes erfolgen, bei dem dann das Nervgewebe entfernt wird und eine Spüldesinfektion durchgeführt wird. Der Zahn wird mit einem Schaumstoffpellet verschlossen, um ein weiteres Entweichen des Eiters gewährleisten zu können. Erst bei kompletter Beschwerdefreiheit wird der Zahn dann wurzelkanalbehandelt und mit einer Wurzelfüllung verschlossen.

Ist der Abszess allerdings stark ausgeprägt, reicht das Aufbohren nicht als Abfluss aus. In diesem Fall wird an der Schwellung ein Entlastungsschnitt, eine sogenannte Inzision, durchgeführt. Dabei wird mit einem Skalpell das vorher betäubte Zahnfleisch oberhalb des Abszesses aufgeschnitten, sodass der Eiter entweichen kann. In der Regel wird eine Lasche oder eine Gaze (Mullkompresse) in den Hohlraum eingebracht und gespült, damit der Eiter komplett ablaufen kann. Erst wenn der Patient beschwerdefrei ist, wird der Streifen aus der Wunde genommen und die Wunde heilt von alleine zu.

Bei einem Abszess nach einer Weisheitszahnentfernung wird ebenfalls eine Inzision durchgeführt. Der Eiter des Abszesses muss durch einen Entlastungsschnitt abgelassen werden, um den Druck zu nehmen und gegebenenfalls die Atemwege wieder freizulegen.

Die massive Ausprägung erfordert eine unterstützende Therapie mit Antibiotika. Dabei wird auf Aminopenicilline wie Amoxicillin zurückgegriffen. Das Amoxicillin wird dreimal täglich für fünf Tage eingenommen.
Zusätzlich kann bei Bedarf Ibuprofen zur Schmerzmedikation eingenommen werden. Die Höchstdosis beträgt für Erwachsene dabei 2400 mg pro Tag und sollte nicht überschritten werden.
Sofern diese Schmerzmittel nicht ausreichen, kann Ibuprofen gegebenenfalls mit Novalgin® kombiniert werden.
Fragen Sie Ihren Arzt um Rat, wenn Sie Schmerzen am Kiefer haben.

Bei einem fortgeschrittenen Abszess, der sich zur Sepsis entwickelt, erfolgt sofort eine stationäre Aufnahme in Krankenhaus oder Klinik.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Symptome einer Blutvergiftung

Homöopathie bei Eiter im Kiefer

Bei eitergefüllten Abszessen sind unterstützende homöopathische Therapien neben einer chirurgischen Therapie durchaus sinnvoll.
Präparate in Globuliform, die bei dieser Indikation eingenommen werden können, sind beispielsweise Hepar sulfuris oder Mercurius solubilis. Die passende Dosierung sollte allerdings mit dem behandelnden Zahnarzt abgeklärt werden.

Welche Hausmittel können helfen?

Bei einer Eiteransammlung im Kiefer mit starker Schwellung sollte der Betroffene den Kopf immer hochlagern, um die Atemwege freizuhalten und einen vermehrten Blutfluss in Kopfrichtung zu vermeiden. Dadurch würde Wärme entstehen, die eine Entwicklung und Ausbreitung einer Entzündung fördern könnte.

Weiterhin soll der Patient regelmäßig etwa ein bis maximal zweimal pro Stunde die betroffene Stelle kühlen. Der Kühlvorgang erfolgt etwa fünf bis maximal zehn Minuten. Das Kühlen soll die Bakterien bekämpfen, eine Vergrößerung der Schwellung verhindern und die Schmerzsymptome kurzzeitig lindern.

Ratsam ist es ebenfalls, viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen und anstrengende Tätigkeiten zu meiden.

Nach bereits erfolgter Inzision kann der Patient durch gezieltes Massieren und Kneten der betroffenen Stelle bewirken, dass sich der Eiter komplett entleert. Spülen mit Kamillentee oder Kräutertinkturen verdünnt mit Wasser kann das Zahnfleisch beruhigen und unangenehme Gerüche und Geschmäcker verhindern.

Der Patient sollte Körner wie Sesam und Mohn in Speisen meiden, da sich diese in die Wunde setzen könnten und eine erneute Entzündung auslösen könnten.

Dauer von einem Abszess im Kiefer

Die Abszessentwicklung kann sehr schnell erfolgen. Nach anfänglichen Entzündungszeichen kann die „dicke Backe“ über Nacht entstehen.

Auch langsamere Prozesse mit Bildung des Abszesses innerhalb einer Woche sind denkbar. Die Abheilung kann zwischen ein und zwei Wochen andauern, bis die Entzündungszellen zurückgegangen und die Wunde vollständig verschlossen ist.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 16.11.2017 - Letzte Änderung: 28.11.2022