Das sogenannte Wachkoma ist ein Zustand, bei dem es zu einem Ausfall der Großhirnfunktionen bei gleichzeitigem Erhalt der Funktionen von Hirnstamm, Rückenmark, Kleinhirn und einiger Zwischenhirnfunktionen kommt.
Das sogenannte Wachkoma ist ein Zustand, bei dem es zu einem Ausfall der Großhirnfunktionen bei gleichzeitigem Erhalt der Funktionen von Hirnstamm, Rückenmark, Kleinhirn und einiger Zwischenhirnfunktionen kommt. Dies ist meist Folge schwerer Hirnschädigungen, beispielsweise im Rahmen eines Unfalls. In der Medizin wird das Wachkoma auch als apallisches Syndrom bezeichnet. Die betroffenen Patienten wirken nach außen hin wach, können jedoch so gut wie gar nicht mit ihrer Umgebung in Kontakt treten. Jährlich sind etwa 3.000 bis 5.000 Menschen in Deutschland neu betroffen.
In der Medizin wurden verschiedene Kriterien festgelegt, die den Zustand des Wachkomas einheitlich definieren sollen.
Verlust der Fähigkeit, mit der Umwelt in Kontakt zu treten, beziehungsweise die Umwelt aktiv wahrzunehmen sowie Verlust des Bewusstseins über die eigene Person
Verlust des normalen Schlaf-Wach-Rhythmus
Verlust von Sprachverständnis und Sprachproduktion (Aphasie)
Verlust der Fähigkeit, mit dem eigenen Verhalten gezielt auf externe Reize zu reagieren
Verlust der Kontrolle über Darm- und Blasentätigkeit (Inkontinenz)
Weitgehender Erhalt der Reflexe
Als Ursache für den Verfall ins Wachkoma kommen sehr unterschiedliche Faktoren in Betracht. Allen gemeinsam ist jedoch, dass sie eine schwere Hirnschädigung hervorrufen. Am häufigsten kommt das apallische Syndrom durch ein Schädel-Hirn-Trauma im Rahmen eines Unfalls (zum Beispiel Verkehrsunfall, Sturz aus großer Höhe) zustande. Bei schweren Verletzungen mit ausgeprägtem Blutverlust kann das apallische Syndrom auch als Folge der zeitweisen Sauerstoffmangelversorgung des Gehirns auftreten.
Schließlich können auch viele andere Erkrankungen, die das Gehirn betreffen, zu einem Wachkoma führen. Dazu gehören beispielsweise Hirntumoren, Schlaganfälle, Hirnhaut- oder Gehirnentzündungen oder neurodegenerative Erkrankungen, zum Beispiel verschiedene Parkinson-Syndrome oder die Alzheimer-Krankheit.
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Letztlich können auch massive Stoffwechselentgleisungen ein Wachkoma auslösen, beispielsweise eine massive und lang anhaltende Unterzuckerung (Hypoglykämie).
Patienten, die im Wachkoma liegen, wirken auf den ersten Blick zwar wach, sind jedoch nicht in der Lage, mit ihrer Umwelt zu kommunizieren. Es ist ihnen unmöglich, Alltagsaktivitäten zu verrichten, selbstständig zu essen oder zu trinken.
Typisch sind automatisierte Bewegungen, Darm- und Blaseninkontinenz, Spasmen in Armen und Beinen sowie erhaltene Reflexe. Nach ein paar Wochen zeigt sich oftmals eine Störung des vegetativen Nervensystems, die sich durch plötzlichen Bluthochdruck, starke Schweißproduktion, Herzrasen und mitunter Muskelzuckungen äußern kann. Dieser Zustand stabilisiert sich in der Regel bald wieder. Zu Beginn des Wachkomas ist der Patient meist auf künstliche Beatmung angewiesen.
Nach einigen Wochen auf der Intensivstation kann die künstliche Beatmung dann in der Regel abgesetzt werden, wenn der Patient wieder von allein atmet. Dies ist Ausdruck der Erholung des Hirnstamms.
Um die Diagnose eines Wachkomas zu stellen, ist insbesondere die intensive Beobachtung des Patienten über einen längeren Zeitraum (Wochen bis Monate) von entscheidender Bedeutung. Durch die Feststellung der typischen klinischen Symptome kann der Verdacht bereits auf ein Wachkoma fallen. Wichtig ist jedoch die Abgrenzung zu ähnlichen Bewusstseinszuständen, wie beispielsweise dem Locked-in-Syndrom oder dem Koma, da diese Patienten anders therapeutisch behandelt werden müssen.
Zusätzlich wichtig ist die bildgebende Diagnostik (vor allem die Magnetresonanztomographie/MRT). Im EEG lassen sich die Hirnstromkurven ableiten und darauf überprüfen, ob der Patient Reize aus der Umwelt wahrnimmt. Ähnlich funktionieren die evozierten Potentiale (akustische und somatische evozierte Potenziale), bei denen die Reaktion des Gehirns auf verschiedene dargebotene Reize hin analysiert wird. Leider ist es nicht immer einfach, die verschiedenen Formen der Bewusstlosigkeit und die zahlreichen Differentialdiagnosen vom eigentlichen Wachkoma abzugrenzen. Daher sind Fehldiagnosen nicht allzu selten.
Die Therapie von Wachkoma-Patienten erfolgt in mehreren Stufen abhängig vom aktuellen Zustand des Patienten.
In der Frühphase, in der der Patient noch nicht selbst atmen oder schlucken kann, wird er künstlich beatmet und über eine Magensonde durch die Bauchwand ernährt.
Auch wird der Urin künstlich abgeleitet. Auf diese Weise werden die Körperfunktionen erhalten. Durch bereits früh einsetzende physiotherapeutische Übungen sollen Verkrampfungen und Verkürzungen der Muskulatur verhindert werden. Zudem ist es wichtig, dass der Patient ausreichend mobilisiert wird, damit er unter der künstlichen Beatmung keine Lungenentzündung erleidet. Physiotherapeutisch wird zudem am Schluckakt gearbeitet. Nach Stabilisierung des Patienten und Besserung seines Zustandes kann mit der nächsten Therapiestufe fortgefahren werden.
Dabei wird das Prinzip der basalen Stimulation verfolgt. Der Patient bekommt dabei Reize unterschiedlicher Qualität angeboten, die seine Wahrnehmung, psychischen und motorischen Funktionen verbessern sollen.
Beispiele für derartige Therapieangebote sind die Musiktherapie, Massagen mit verschiedenen Ölen oder Materialien, Arbeit mit verschiedenfarbigen Lichtern sowie das Streicheln von Tieren. Diese Therapiephase ist entscheidend, da sich dabei am ehesten die Fortschritte des Patienten zeigen und sich somit wichtige Grundsteine für seine Zukunft ergeben. Bei deutlicher Besserung seines Zustandes kann er durch weitere rehabilitative Maßnahmen weiter Richtung Selbstständigkeit geführt werden, bei ausbleibender Besserung wird die Pflege und Ansprache durch verschiedene Reizkonzepte fortgeführt.
Die Prognose für einen Patienten mit Wachkoma ist insgesamt schlecht. Deutlich weniger als die Hälfte der Patienten erholt sich aus diesem Zustand, da meist eine schwere Hirnschädigung vorausgegangen ist. Dennoch gibt es verschiedene Parameter, die für eine bessere Prognose sprechen. Dazu gehören ein junges Alter des Patienten, weniger als 24 Stunden Koma vor Eintritt ins Wachkoma sowie ein traumatisches Ereignis als Ursache für den Zustand, während Wachkomapatienten infolge von Sauerstoffmangel oder Minderdurchblutung schlechtere Prognosen haben.
Faktoren, die für eine schlechte Prognose des Patienten sprechen, sind das Ausbleiben der Hirnstammreflexe nach mehr als 24 Stunden, schwere Veränderungen im EEG, massive Hirnschwellung, Ausbleiben der Pupillenreaktion nach 72 Stunden, sowie eine beidseitige Schädigung des Hirnstamms. In der Regel kommt es nicht zu einer vollständigen Erholung aus dem Wachkoma – die Patienten benötigen lebenslang Hilfe in ihrem Alltag. Wenn es nach einem Schädel-Hirn-Trauma innerhalb von 12 Monaten nicht zu einer Besserung des Zustandes des Wachkomapatienten gekommen ist, so ist diese nach diesem Zeitraum in der Regel auch nicht mehr zu erwarten.
Eine direkte Prophylaxe, um ein Wachkoma zu vermeiden, gibt es nicht. Das Wachkoma ist meist Folge schwerer Hirnschädigungen im Rahmen eines Unfalls oder sonstiger nicht unbedingt vorhersehbarer Ereignisse. Eine vorausschauende Lebensweise ist also Grundvoraussetzung, um derartige Zustände zu vermeiden. Um Krankheiten nicht zu entwickeln, die gegebenenfalls eines Tages zu einem Wachkoma führen könnten, beispielsweise Schlaganfälle, ist eine gesunde Lebensführung die Grundlage. Ausreichend Bewegung und eine gesunde Ernährung sind die Grundvoraussetzung für den Erhalt der Gesundheit, können einen Menschen jedoch nicht gezielt vor dem apallischen Syndrom bewahren.
Die Pflege von Patienten im Wachkoma ist individuell sehr unterschiedlich und erfordert viel Zeit und Erfahrung.
Jeder Patient ist etwas anders in seinen Bedürfnissen. Das Pflegekonzept wird daher je nach Einzelfall individuell angepasst.
Auch je nach Stadium des Wachkomas unterscheiden sich die zu erbringenden Maßnahmen. Der Patient muss nicht nur körperlich in seinen Grundbedürfnissen versorgt, sondern auch motorisch und geistig gefördert werden.
Ein Wachkoma-Patient wird daher oftmals durch ein Team aus verschiedenstem Personal betreut. Dazu gehören einerseits ausgebildete Pflegekräfte und Ärzte, andererseits Logopäden, Physio- und Ergotherapeuten und natürlich die Angehörigen, die auch unbedingt in die Pflege des Patienten mit einbezogen werden sollten. Durch die gezielte Ansprache des Patienten und die wiederholte Darbietung verschiedener Reize, zum Beispiel Musik, taktile Stimulation der Haut, den Einsatz von Tieren, Lichtern oder Farben, können Hirnregionen des Patienten angesprochen und aktiviert werden. Manche Wachkoma-Patienten erfahren dadurch eine Besserung ihres Zustandes.
Die intensive Pflege und Betreuung des Patienten ist daher Grundvoraussetzung für dessen mögliche Rehabilitation.
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