Die Patella bipartita ist eine von Geburt an bestehende Formvariation der Kniescheibe, bei der diese nicht aus einem Knochenteil, sondern aufgrund einer Störung in der Verknöcherung, aus zwei voneinander getrennten Knochenteilen besteht. Sie kann keinerlei Beschwerden machen oder jedoch Schmerzen beim Laufen verursachen. Die Therapie der Wahl ist die operative Entfernung eines Knochenstückes.
Die Patella bipartita ist eine von Geburt an bestehende Formvariation der Kniescheibe, bei der diese nicht aus einem Knochenteil, sondern aufgrund einer Störung in der Verknöcherung, aus zwei voneinander getrennten Knochenteilen besteht (lat. bipartitus = in zwei Teile geteilt). Diese Anlagevariation hat in der Regel keinen Krankheitswert, liegt bei 2-3% der Bevölkerung vor und tritt überwiegend bei Jungen bzw. Männern auf.
Neben der zweigeteilten Kniescheibe kann ebenfalls auch eine dreigeteilte (Patella tripartita) oder eine Kniescheibe aus mehr als drei Teilen (Patella multipatita) vorliegen. Der knorpelige Überzug auf der dem Kniegelenk zugewandten Seite ist dabei nicht zweigeteilt. Das von der übrigen Knieschiebe getrennte Knochenfragment ist am häufigsten im oberen-seitlichen Bereich zu finden, in einigen Fällen kann jedoch auch eine in nahezu gleichgroße Teile getrennte Kniescheibe vorliegen.
Die Patella ist eine dreieckige, flache Knochenscheibe, die dem Kniegelenk vorgelagert ist und an dessen Gelenkflächen und Gelenkfunktion maßgeblich beteiligt ist. Sie ist in die Sehne des großen Oberschenkelmuskels eingebettet (Musculus quadriceps femoris) und funktioniert als eine Art Umlenkrolle bzw. Platzhalter, sodass die Hebelwirkung des Oberschenkelmuskels durch sie optimiert, die Sehne des Muskels geschont und das Kniegelenk geschützt wird.
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A - Rechtes Kniegelenk von links
B - Rechtes Kniegelenk von vorn
C - Rechtes Kniegelenk von hinten
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Eine zwei- oder mehrfach geteilte Kniescheibe macht im Regelfall keinerlei Beschwerden und wird meist nur zufällig im Rahmen einer Röntgenuntersuchung des Knies entdeckt. In wenigen Fällen kann es zu belastungsabhängigen Symptomen kommen, ähnlich wie bei einer Erkrankung der Knorpelfläche der Kniescheibe (Chondropathia patellae): in erster Linie handelt es sich um Schmerzen während des Gehens, allem voran dem Bergabgehen, sowie beim längeren Sitzen und den Hockpositionen.
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Ob die Kniescheibe aus zwei oder sogar mehreren Knochenanteilen besteht, lässt sich mit Hilfe eines Röntgenbildes bestimmen. Da die Unterscheidung zu einer traumatisch bedingten, alten, pseudoarthrotischen Kniescheibenfraktur nicht immer eindeutig sein muss, kann in unklaren Fällen die Durchführung eines Knochenszintigramms hilfreich sein.
In den meisten Fällen wird die Patella bipartita als Zufallsbefund in Röntgenbildern entdeckt. Im Röntgen ist die Patella sehr gut sichtbar, sodass eine Patella bipartita schnell diagnostiziert werden kann. Oftmals können die genauen Ränder der Kniescheibe aber aufgrund von Überlagerungen von anderen Knochen nicht optimal begutachtet werden, was die Abgrenzung zu einer Patellafraktur oft schwierig macht. Daher wird häufig als zusätzliche Maßnahme eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt. Diese Schnittbildgebung ermöglicht eine genauere Begutachtung des Gewebes und der knöchernden Anteile des Knies und einer Abgrenzung der Patella bipartita zu einer Fraktur.
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Während der Embryonal- und Fetalentwicklung im Mutterleib wird die Kniescheibe zunächst knorpelig angelegt und dann im Verlauf des Wachstums von einem Punkt ausgehend knöchern umgebaut (Ossifikation).
In einigen Fällen kann dieser Verknöcherungsprozess von mehreren sogenannten Knochenkernen ausgehen, wobei die einzelnen knöchernen Anlagen mit der Zeit dann verschmelzen, sodass sich im Regelfall eine einheitliche Knochenfläche bildet. Früheren Annahmen zufolge ist davon ausgegangen worden, dass bei der Patella bipartita diese Verschmelzung der Knochenkerne ausbleibt und es nicht zu einer vollständigen Verwachsung der einzelnen Anlagen kommt.
Mittlerweile nimmt man jedoch eher an, dass es zu einer Verknöcherung einer Knorpelanlage kommt, die in einem Bereich angelegt ist, in dem es gleichzeitig auch zu der Entstehung einer Knochendelle kommt (Emargination).
Eine Behandlung der Patella bipartita ist nur dann notwendig, wenn sie von einschränkenden Symptomen begleitet wird. Ist dies nicht der Fall, bleibt sie in der Regel unbehandelt, da sie von keinem Krankheitswert zeugt.
Bei belastungsabhängigen Schmerzen können kurzzeitig schmerz- und entzündungshemmende Mittel eingesetzt werden (zum Beispiel Ibuprofen oder Diclofenac).
In therapierefraktären Ausnahmefällen kann darüber hinaus auch eine operative Versorgung der zweiteiligen Kniescheibe in Erwägung gezogen werden, wobei hier in der Regel das unverbundene Knochenfragment entfernt wird oder – bei Zweiteilung mit größeren Anteilen - das gleiche Verfahren wie bei der Versorgung einer frischen Patellafraktur angewendet wird: Mittel der Wahl ist die Verwendung von Kirschnerdrähten im Rahmen der Durchführung einer Zuggurtungsosteosynthese (die beiden Knochenanteile werden mittels der Drähte zueinander geführt; die auf die Drähte einwirkende Zugkraft wird in Druckkräfte umgewandelt).
Eine Patella bipartita bedarf nur in seltenen Fällen einer Behandlung, da sie meistens keine Symptome macht. Führt sie allerdings doch zu Schmerzen und ist die konservative Therapie mittels schmerz- und entzündungshemmenden Mittels ausgeschöpft, kann eine Operation helfen.
In den meisten Fällen wird zuerst eine Kniespiegelung (Arthroskopie) zur Kniesanierung empfohlen. Zur Entfernung des schmerzhaften Patellafragmentes wird bei der Operation ein kleiner Schnitt seitlich der Kniescheibe im Verlauf der Sehne des Musculus vastus medialis gesetzt. Nun kann das unverbundene und schmerzhafte Fragment entfernt werden. Alternativ könnten die Fragmente auch mittels Drähten im Rahmen der Zuggurtungsosteosynthese verbunden werden, ähnlich dem Eingriff bei einem Bruch der Kniescheibe.
Nach der Operation wird das Knie in der Regel für 10-14 Tage mit einer Knieorthese versorgt, womit jedoch eine Vollbelastung weiterhin möglich ist. Das Knie sollte auch sofort belastet werden, gegebenenfalls kann Physiotherapie bei dem Heilungsverlauf helfen. Sport kann nach circa 4 Wochen wieder ausgeführt werden.
Physiotherapie kann bei Kniebeschwerden eine gute Hilfe sein. Durch gezielte Übungen und Stärkung der Muskulatur des Oberschenkels, können Beschwerden, die durch eine Patella bipartita ausgelöst werden, vermindert werden. Eine komplette Heilung kann durch die Physiotherapie allerdings nicht erreicht werden. Bestehen trotz Muskelstärkung und Schmerzmitteln weiterhin Beschwerden, ist die operative Entfernung des Kniescheibenfragmentes die Therapie der Wahl. Doch auch bei der Genesung nach einer OP ist die Physiotherapie eine große Hilfe.
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