Durch die Neutral-Null-Methode kann die Beweglichkeit von Gelenken objektiv eingeschätzt werden. Sie ist daher besonders nützlich für die Kommunikation von Ärzten untereinander. Mit einer Einstufung in der Neutral-Null-Methode kann ein Arzt das Ausmaß der Bewegungseinschränkung eines Gelenkes einschätzen, ohne es selbst untersucht zu haben.
Die Neutral-Null-Methode ist eine standardisierte Methode, um das Ausmaß einer Bewegung eines Gelenkes zu dokumentieren. Der Bewegungsumfang wird in Winkelgraden angegeben. So können andere Ärzte, die den Patienten nicht gesehen haben, das Bewegungsausmaß oder gegebenenfalls Einschränkungen der Gelenkbewegungen nachvollziehen.
Um die Neutral-Null-Methode zu verstehen, muss man zuerst die Neutralstellung erklären, die mit 0° angegeben wird. Sie ist die Position, in der ein Mensch aufrecht steht, seine Arme hängen nach unten, die Daumen zeigen nach vorne und die Füße stehen parallel zueinander. Die Kniegelenke und die Ellenbogen sind nicht total durchgestreckt, sondern liegen entspannt am Körper an. Der kleine Winkel der dabei entsteht wird trotzdem als 0° angegeben.
Um die Angaben einer Bewegungsfreiheit eines Gelenks zu verstehen, muss auch die Richtung genannt werden, in die getestet wird. In der gesetzlichen Unfallversicherung hat es sich etabliert zuerst die Bewegungen anzugeben, die sich vom Körper entfernen. Dazu zählen Streckung, Auswärtsdrehung oder Auswärtsbewegung wie Abspreizen eines Arms. Darauf folgt die Neutralposition und dann kommen die Bewegungen, die sich zur Körpernähe richten: Beugung, Einwärtsdrehung und Einwärtsbewegung wie Heranführen des Oberarms.
Ein normaler gesunder Bewegungsumfang kann so aussehen: 10°-0°-120. 10° Streckung im einem Gelenk, 0° beträgt die Neutralposition, 120° Beugung desselben Gelenks. Ein Gelenk hat oft die Möglichkeit sich in mehrere Richtungen als nach vorne oder hinten zu bewegen. So muss die Neutral-Null-Methode für jede Bewegungsrichtung aufgeschrieben werden. Normalerweise kann sich ein Gelenk in drei verschiedene Achsen im Raum bewegen. Man spricht von drei Freiheitsgraden. Wenn ein oder zwei Hauptrichtungen blockiert sind, minimiert sich die Anzahl der Freiheitsgrade.
Gelenke können in echte und unechte Gelenke eingeteilt werden. Mehr dazu finden Sie hier.
Zusätzlich gibt es eine Klassifizierung nach der Form der Gelenkfläche. So gibt es acht Arten von Gelenken.
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Schultergelenk: Es ist ein Kugelgelenk und besitz drei Freiheitsgrade. In der Neutral-Null-Methode wird dies so angegeben:
40° - 0° - 170° in der Beugung (Rückwärtsbewegung) und Streckung (Vorwärtsbewegung) des Oberarms zum Oberkörper
30° - 0° - 40° Abspreizen und Heranführen des Oberarms
60° - 0° - 70° Auswärtsdrehen und Einwärtsdrehen
Ellenbogengelenk: Es ist ein zusammengesetztes Gelenk und besteht aus einem Oberam-Ellen-Gelenk, einem Oberarm-Speichen-Gelenk und einem Ellen-Speichen-Gelenk. Das erste ist ein Scharniergelenk und kann eine Beugung oder Streckung machen. Das zweite ist ein Kugelgelenk, hat aber wegen seiner bindegewebigen Befestigung nur zwei Freiheitsgrade, Einwärts- bzw. Auswärtsdrehung und Streckung bzw. Beugung. Das Dritte ist ein Radgelenk. Zusammen handelt es sich hierbei um ein Drehscharniergelenk und besitzt somit zwei Freiheitsgrade.
10° (bei Kindern und Frauen möglich) – 0° - 150° Streckung und Beugung des Unterarms zum Oberarm.
90° - 0° - 90° Drehung nach außen und innen. Diese Bewegung läuft zusammen mit dem distalen Ellen-Speichen-Gelenk ab.
Handgelenk: Das Handgelenk ist ein Eigelenk und hat folgende Freiheitsgrade:
20-30° - 0° - 30-40° seitlich zur Elle beugend bzw. zur Speiche beugend
Kopfgelenk: Das Kopfgelenk ist das Gelenk zwischen dem Schädel und der Halswirbelsäule. Es wird in ein oberes und unteres Gelenk unterteilt. Im Fachjargon werden sie als Articulatio atlantooccipitalis und als Articulatio atlantoaxialis bezeichnet. Beim Atlantoaxial-Gelenk ist das untere Kopfgelenk, das zwischen dem ersten Halswirbel (Atlas) und dem Zweiten (Axis) liegt. Es wird zu den Radgelenken gezählt und ist für die Drehbewegung des Kopfes verantwortlich. Das Atlanto-Okzipitalgelenk befindet sich zwischen dem ersten Halswirbel (Atlas) und der Schädelbasis. Hierbei handelt es sich um ein Eigelenk, das eine Vorwärts und Rückwärtsneigung des Kopfes zulässt, also fürs Nicken zuständig ist.
Hüftgelenk: Der Bewegungsumfang des Nussgelenks liegt bei:
5-10° - 0° - 130° Streckung / Beugung
45° - 0° - 30° Abspreizen / Heranführen
50° - 0° - 40° Auswärtsdrehen / Einwärtsdrehen
Kniegelenk: Es handelt sich um ein Kondylengelenk. In seinen zwei Hauptachsen hat es folgende Freiheitsgrade:
5-10° - 0° - 130° Streckung und Beugung
30-40° - 0° - 10° Auswärtsdrehung und Einwärtsdrehung bei gebeugtem Knie.
Oberes Sprunggelenk: Es handelt sich um ein reines Scharniergelenk, das von den Unterschenkelknochen und vom Talus gebildet wird. Seine Bewegungsfreiheit liegt etwa bei:
20° - 0° - 40° Heben und Senken des Fußes
Unteres Sprunggelenk: Hierbei gibt es ein vorderes und hinteres unteres Sprunggelenk. Zusammen besitzen sie aber nur eine Hauptachse mit folgender Beweglichkeit:
15-10° - 0° - 20-30° Fußaußenrand heben bzw. senken. Das Heben des Fußrandes wird als Eversion bezeichnet. Das Senken als Inversion.
Zehengrundgelenk: Es liegt zwischen dem Köpfchen des Mittelfußknochens und des ersten Gliedes des Zehenknochens. Eigentlich ist das Gelenk ein Kugelgelenk. Durch wichtige Bänder und Muskel ist es in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. So ist nur die nachstehende Bewegung möglich:
70° - 0° - 45° Strecken und Beugen des Großzehengrundgelenkes.
Bei den oben angegebenen Winkelgraden der Bewegungsfreiheit der wichtigsten Gelenke im Körper handelt es sich um Normwerte, eine minimale Abweichung kann immer möglich sein und ist nicht weiter bedenklich.
Kommt es zur eindeutigen Abweichung der Normwerte, kann etwas mit dem Gelenk nicht in Ordnung sein. Eingeschränkte Bewegungen werden dann auch anders wiedergegeben. Wird die Neutral-Null-Position durch eine Erkrankung nicht mehr erreicht, verlagert sich der Wert „0°“ von der Mitte zur Seite, wo das Defizit besteht.
Ein Beispiel für eine gestörte Bewegungsfreiheit in einem Gelenk wäre 0°-20°-20° (Streckung/Beugung). Es würde sich um eine Gelenkversteifung handeln. Das Gelenk hätte somit seine Neutral-Null-Position bei 20° und kann nicht bewegt werden. Es hat also einem Bewegungsausmaß von 0° mit einem Streckdefizit von 20°.
Ein anderes Beispiel kommt oft bei einer Ellenbogenfraktur vor. Der Ellenbogen kann nach dem Bruch maximal auf 100° gebeugt werden, die Streckung bleibt bei 30° stehen. Das Streckdefizit beträgt somit 30°. In der Neutral-Null-Methode sieht das dann wie folgt aus: 0°-30°-100° Streckung/Beugung.
Durch diese einheitliche Methode, kann jeder Arzt das Bewegungsdefizit nachvollziehen, ohne den Betroffenen überhaupt einmal gesehen zu haben.
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