Rhesus-System bezeichnet wie das AB0-Blutgruppensystem, eine auf der Oberfläche von roten Blutkörperchen bestimmte Klassifizierung von Blutgruppen. Die wichtigste Bedeutung des Rhesus-Systems liegt in einer Klassifizierung von Bluttransfusionen.
Rhesus, Rhesusfaktor, Blutgruppen
Englisch: rhesus factor
Der Rhesusfaktor ist, ähnlich wie das AB0-Blutgruppensystem, eine durch Proteine auf der Oberfläche von roten Blutkörperchen (Erythrozyten) bestimmte Klassifizierung von Blutgruppen.
Auf roten Blutkörperchen befinden sich, wie auf allen Zellen, eine große Anzahl von Eiweißmolekülen, gegen die sich Immunantworten des Körpers richten können. Als Rhesusfaktor werden fünf verschiedene Eiweiße: C, c, D, E und e (als Fortsetzung der Blutgruppen A und B) bezeichnet.
C und c, sowie E und e sind unterschiedliche Eiweißmoleküle, wohingegen d nur die Abwesenheit von D beschreibt. Je nach erblicher Anlage können unterschiedliche Kombinationen dieser Eiweiße (die, da sie auch Ziel einer Abwehrreaktion durch Antikörper sein können, auch als Antigene bezeichnet werden) zustande kommen.
Die Vererbung findet ähnlich wie beim AB0-System statt. Jeder Mensch erhält von Vater und Mutter je eine Variante C (C oder c), D (D oder kein D, was als d bezeichnet wird) und E (E oder e), die dann zusammen die Rhesus-Blutgruppe bestimmen.
Da die Komplexe Ausschrift, also zum Beispiel CcDDee (Von einem Elternteil C, vom andern c, von beiden D und e) im klinischen Alltag nicht immer notwendig, und der Faktor D der wichtigste ist, beschränkt man sich oft auf die Vereinfachung Rhesus-positiv (Rh(D)+, Rh+ oder Rh) oder Rhesus-negativlut (Rh(D)-, Rh- oder rh), die jeweils nur die An- oder Abwesenheit des Faktors D beschreibt. Eine Person, die von mindestens einem Elternteil den Faktor D geerbt hat (z.B. CcDdee oder auch CCDDEE), wird also als Rhesus-positiv bezeichnet. Nur wer von keinem Elternteil den Faktor D geerbt hat (z.B. CCddEe), ist Rhesus-negativ.
Das Rhesus-System wurde 1937 zusammen vom Österreicher Karl Landsteiner und dem Amerikaner Alexander Solomon Wiener entdeckt. Landsteiner hatte bereits 1901 das AB0-System entdeckt und dafür 1930 den Nobelpreis für Medizin bekommen. Da ihnen die Entdeckung der Blutgruppenmerkmale bei der Forschung an Rhesusaffen gelang, entstand der Name Rhesus-System oder „Rhesus-Faktor“ für den Faktor D.
In Deutschland und in Mitteleuropa sind etwa 83% der Bevölkerung Rhesus-positiv, was für Rhesus-negative Empfänger von Blutspenden unter Umständen zu Engpässen passenden Transfusionsblutes führen kann. Die Situation für Rhesus-negative ist in Osteuropa, wo sie zum Teil nur 4% der Bevölkerung stellen, noch kritischer.
Die wichtigste Bedeutung des Rhesus-Systems liegt in der Klassifizierung von Bluttransfusionen und in dem gefährlichen Morbus haemolyticus neonatorum, einer Krankheit des Kindes im Mutterleib, bei der die Mutter Antikörper gegen das Blut des Fötus bildet.
Das Rhesus-System nimmt eine ähnlich Stellung in der Klassifizierung von Blut für Transfusionen ein, wie das AB0-System. So sollte sichergestellt werden, dass ein Rhesus-Negativer kein Rhesus-positives Blut erhält, da sonst Komplikationen auftreten können. Eine Bedeutung hat hier auch die Bildung von Antikörpern gegen das Rhesus-D-Protein, die bei einer Schwangerschaft den Embryo schädigen können. Umgekehrt hat ein Rhesus-positiver nichts zu befürchten, wenn ihm Rhesus-negatives Blut transfundiert wird, da es ja keinen Rhesus-Faktor auf den gespendeten Blutzellen gibt, gegen die er Antikörper bilden könnte.
Der Morbus haemolyticus neonatorum kann entstehen, wenn eine Rhesus-negative Mutter, die Antikörper gegen den Rhesus-Faktor gebildet hat, mit einem Rhesus-positiven Kind schwanger ist. Durch die schon erwähnte Vererbung kann es vorkommen, dass durch einen Rhesus-positiven Vater ein Kind einer Rhesus-negativen Mutter selbst Rhesus-positiv wird. Bei der Geburt des Rhesus-positiven Kindes können ausreichende Mengen Blut des Kindes in den Kreislauf der Mutter gelangen, um eine Immunreaktion (ähnlich wie bei einer Impfung) gegen den Rhesus-Faktor aufzubauen. Möglich ist der Aufbau einer Rhesus-Immunität theoretisch auch durch die Gabe einer Rhesus-positiven Blutkonserve an die Mutter, weswegen hier sehr strenge Auflagen gelten. Bei einer Schwangerschaft mit einem Rhesus-positiven Kind finden nun die neu gebildeten Antikörper der Mutter ihren Weg in den Kreislauf des Kindes. Dort führen sie zur Auflösung der roten Blutkörperchen des Embryos und können ihn schwer schädigen. Zur Vorsorge können einer Mutter bei der ersten Geburt eines Rhesus-positiven Kindes Medikamente verabreicht werden, die den Aufbau einer Immunität gegen den Rhesus-Faktor verhindern.
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