Kallusbildung findet bei der Heilung eines Knochenbruches statt. Hier wird neues Knochengewebe gebiledt um den Bruch zu überbrücken.
Als Kallus bezeichnet man neugebildetes Knochengewebe. Der Begriff Kallus leitet sich von dem lateinischen Wort „Callus“ ab, welches mit „Schwiele“ oder „dicke Haut“ übersetzt werden kann. Kallus findet man in der Regel nach einem Kncohenbruch und er dient der Heilung und Überbrückung der Fraktur im Knochen. In einem solchen Fall bezeichnet man den Kallus auch „Knochenkallus“ oder „Frakturkallus“.
Der Kallus wird von sogenannten Osteoblasten aufgebaut. Osteoblasten sind also diejenigen Zellen, die für die Bildung von Knochengewebe verantwortlich sind. Der von den Osteoblasten gebildete Kallus verknöchert schließlich mit der Zeit und sorgt so für eine stabile und meist vollständige Heilung und Stabilität des Knochens.
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Nach einer knöchernen Fraktur wird ein Kallus durch Osteoblasten gebildet. Bei der Frakturheilung wird zwischen einer primären (direkte) und einer sekundären (indirekte) Frakturheilung. Die Ausbildung eines Kallus ist in der Regel nur bei der sekundären Frakturheilung zu finden. Bei der primären Frakturheilung stehen die Knochenteile trotz der Fraktur meist noch in direktem Kontakt zueinander. Die sekundäre Frakturheilung ist, im Gegensatz zur primären Frakturheilung, dadurch ausgezeichnet, dass die Knochen durch die Fraktur keine nahen Frakturenden zueinander aufweisen. Das stellt auch den Hauptgrund für die Kallusbildung dar. Durch die Entfernung der Knochenstücke voneinander, muss es zu einer Art Überbrückung kommen. Diese wird durch den Kallus gewährleistet.
Zunächst kommt es zur Bildung von Narbengewebe. Anschließend werden die Osteoblasten dazu angeregt einen weichen Kallus zu bilden. Der weiche Kallus kann sich schließlich verfestigen und so den Knochen stabilisieren. Der Knochen kann durch Ausbildung des Kallus wieder leicht belastet werden und stellt somit die Grundlage für die weiteren Umbaumaßnahmen innerhalb des Knochen und somit die endgültige Knochenheilung dar.
Zu einer Kallusbildung während der Frakturheilung kommt es nur bei der sekundären (indirekten) Frakturheilung. In diesem Fall ist der Abstand zwischen den Knochenteilen zu groß, leicht bis schwer verschoben oder es sind Bewegungen zwischen den Knochenteilen möglich.
Die sekundäre Frakturheilung lässt sich in fünf Phasen gliedern. Zunächst findet die sogenannte „Verletzungsphase“ statt. Dabei kommt es vorerst zu einer Zerstörung der Fraktur zugewandten Seite der Knochenteile. Es kommt zu einer Bildung eines Hämatoms, wodurch wiederum Entzündungszellen in den Bereich der Fraktur gelockt werden. Diese Phase wird dann als „Entzündungsphase“ bezeichnet. Ebenfalls in dieser Phase wird, neben der Abbau des Hämatoms, auch knochenbildende Zellen aufgebaut. Die Verletzungs- und Entzündungsphase nehmen etwa die ersten vier bis sechs Wochen nach einer Fraktur in Anspruch.
Nach vier bis sechs Wochen folgt der Entzündungsphase schließlich die Granulationsphase. In der Granulationsphase ist die Entzündung abgeklungen und es kommt zur Ausbildung eines weichen Kallus. Dieser besteht zu großen Teilen aus Fibroblasten, Kollagen und einsprossenden Kapillaren. In der folgenden „Kallushärtung“ wird dieser weiche Kallus schließlich durch Mineralisierung des neugebildeten Gewebes ausgehärtet. Nach spätestens vier Monaten sollte die Kallushärtung-Phase abgeschlossen sein.
Die letzte Phase wird als „Umbauphase“ bezeichnet. Die Belastung des Knochen ist nach der Kallushärtung wieder möglich, wodurch es zu verschiedenen Umbaumaßnahme innerhalb des Knochens kommen. Die Nährstoffversorgung des neu aufgebauten Knochens wird in dieser Phase hergestellt. Nach sechs Monaten bis zwei Jahren ist die sekundäre Knochenheilung schließlich vollständig abgeschlossen.
Als hypertrophen Kallus bezeichnet man eine Kallusbildung, die sehr schnell und meist übermäßig stark ist. Diese kann verschiedene Ursachen haben. Die wohl häufigste Ursache für eine überschießende Kallusbildung nach einer Fraktur ist jedoch die unzureichende oder inadäquate Ruhigstellung des frakturierten Knochens.
Diese Art der Kallusbildung zeigt, im Gegensatz zum atrophen Kallus, eine gute Blutversorgung und somit auch die Funktion neues Knochengewebe aufzubauen. Durch Ruhigstellung des Frakturspaltes kann ein hypertropher Kallus vermieden oder zurückgeführt werden.
Als atrophen Kallus bezeichnet man eine verminderte Kallusbildung. Bedingt ist die verminderte Kallusbildung oft durch eine stark verminderte Durchblutung im Bereich der Knochenfraktur. Die Ursache für die verminderte Durchblutung ist meist darin zu finden, dass sich abgestorbene Knochenfragmente im Frakturspalt ansammeln. Durch die verminderte Durchblutung ist der Aufbau der knochenbildenden Zellen verhindert, sodass die Frakturstelle lange instabil bleibt.
Im Falle einer atrophen Kallusbildung ist eine Operation oft unvermeidlich. Dabei werden die Knochenstücke aus der Frakturstelle entfernt und der Knochen gegebenenfalls noch durch Platten und Nägel stabilisiert.
Im Zuge der sekundären (indirekten) Frakturheilung durchläuft der Knochen verschiedene Phasen der Heilung. Die erste dieser Phasen besteht darin, dass sich die Knochen aufgrund einer Nekrose im Bereich des Bruches leicht verkürzen und so im Röntgenbild eine Verbreiterung des Bruchspaltes zu erkennen sind. Nach etwa zwei Wochen ist die Phase der Heilung abgeschlossen.
Im Anschluss an die oben beschriebene Verletzungsphase folgt die Entzündungsphase. Diese dauert in der Regel nochmals zwei bis vier Wochen. Nach der Entzündungsphase folgt schließlich die Granulationsphase, in der ein weicher Kallus gebildet wird. Der Kallus ist in den meisten Fällen also vier bis sechs Wochen nach dem Bruch im Röntgenbild zu sehen. Im Gegensatz kann man auch bei sichtbarem Kallus im Röntgenbild darauf schließen, dass der Bruch bereits mindestens vier Wochen zurückliegt. Kallus zeigt sich im Röntgenbild als eine etwas verdickte, meist weniger stark pigmentierte und unscharf begrenzte Ausprägung zwischen den Bruchenden.
Bei einer primären Frakturheilung kommt es hingegen zu keiner Kallusbildung, sodass diese zu keiner Zeit im Röntgenbild zu sehen ist.
Die Rückbildung des Kallus kann mehrere Monate bis Jahre andauern. Durch die Bildung des Kallus gewinnt der gebrochene Knochen an Stabilität, sodass nach und nach der gebrochene Knochen wieder belastet werden kann. Den Kallus kann man im Zuge der Wundheilung auch als „überschüssigen Knochen“ bezeichnen, der mit der Zeit wieder abgebaut wird. Während der Wundheilung wird ein Teil des Kallus jedoch auch in festes Knochengewebe umgebaut, weshalb Teile des Kallus ein Leben lang als fester Bestandteil des ehemals gebrochenen Knochens erhalten bleiben.
Im Röntgenbild ist das in den ersten Jahren meist noch gut zu sehen. Im Laufe der Jahre werden alle überschüssigen Teile des Kallus schließlich vollkommen abgebaut, sodass nach einiger Zeit der ursprüngliche Kallus kaum noch vom Knochengewebe abzugrenzen ist. Im Bereich des ehemaligen Bruches kann im Röntgenbild unter Umständen ein Leben lang ein leicht verdickter Knochen zu sehen sein, der durch die ursprüngliche Kallusbildung entstanden ist.
Als eine Kallusdistraktion, auch Kallotasis, bezeichnet man die gezielte Durchtrennung eines Knochens um ihn im weiteren Verlauf in seiner Länge zu vergrößern.
Das Vorgehen bei einer Kallusdistraktion erfolgt immer nach demselben Prinzip. Zunächst wird der zu behandelnde Knochen durchtrennt. Im Anschluss erfolgt eine Fixation des Knochens, sodass die Bruchenden des Knochen in einen bestimmten Abstand voneinander gehalten oder auch gezogen werden. Über einen Zeitraum von mehreren Wochen bildet sich ein Kallus zwischen den beiden Bruchenden aus, der sich schließlich verfestigt und zu stabilem Knochenmaterial wird. Der so verlängerte Knochen wächst in dieser Stellung zusammen.
Die wohl häufigste Indikation für eine Kallusdistraktion stellen Knochenfehlstellungen dar. Aus diesem Grund werden meist die Orthopäden als Spezialisten in diesem Spezialgebiet gehandhabt. Ein typisches Beispiel, bei der es zu einer Kallusdistraktion kommen kann, stellt die funktionell relevante Beinlängendifferenz dar. Durch die Kallusdistraktion kann das kurze Bein durch stabile Kallusbildung auf die Länge des anderen Beins angepasst werden. Bei dieser Operation wird meisten ein sogenannter ISKD-Nagel eingesetzt. Selten werden Kallusdistraktionen auch im Zuge von Schönheitsoperationen durchgeführt.
Die Kallusbildung direkt kann nur schwer beeinflusst werden. Jedoch kann man durch verschiedene Maßnahmen besonders auf die Phasen vor Beginn der Kallusbildung Einfluss nehmen. So ist es in den ersten vier Wochen nach dem Knochenbruch entscheidend, dass viele Gefäße in den Bereich der Bruchenden einsprossen. Es gilt allgemein, dass Rauchen die Neubildung von Gefäßen behindert und somit auch verlängert. In den ersten Wochen nach einem Knochenbruch sollte also möglichst auf das Rauchen von Zigaretten oder die Verwendung von Nikotinpflastern verzichtet werden.
In den Phasen der Bruchheilung spielen besonders Wachstumsfaktoren, wie beispielsweise BMP-2 und BMP-3, eine wichtige Rolle. Diese Wachstumsfaktoren sind inzwischen in einigen Fälle klinisch zugelassen, sollten aber unter keinen Umständen ohne Absprache mit einem Arzt eingenommen werden, da das Wachstum vollkommen unkontrolliert erfolgt.
Weitere Faktoren für die schnelle Ausbildung eines stabilen Knochens im Zuge der Kallusbildung sind Vitamin D und Calcium. Diese haben essentielle Funktionen während des Aufbaus eines neuen Knochens.
Die extrakorporale Stoßwellentherapie, abgekürzt auch ESWT genannt, wird heute hauptsächlich zur Behandlung von diversen „Steinleiden“, beispielsweise Nieren- oder Gallensteinen, verwendet. Daneben kann die extrakorporale Stoßwellentherapie jedoch auch zu Zwecken bei Knochenbrüchen verwendet werden. Bei der extrakorporalen Stoßwellentherapie werden Knochen und andere feste Gewebebestandteile mit Hilfe von Stoßwellen gezielt zertrümmert, wodurch die anschließende Heilung begünstigt werden kann.
In aller Regel kommt es nach einem Knochenbruch automatisch zu einer Kallusbildung zwischen den Knochenenden. In seltenen Fällen kann die Bildung des Kallus jedoch auch ausbleiben, weshalb es zu einer gezielten Aktivierung der Kallusbildung kommen muss, um mögliche Pseudoarthrosen zu vermeiden und die Knochenheilung zu ermöglichen. Die Stoßwellentherapie ermöglicht eine gezielte Fragmentierung des Knochens, wodurch in Anschluss eine Kallusbildung initiiert wird.
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Treten Schmerzen im Bereich des Knochenbruches auf, kann dies Hinweis für eine Knochenbruchheilungsstörung sein. Nach dem Knochenbruch kommt es nach wenigen Wochen zu der Ausbildung eines Kallus. Der Kallus bildet sich in den folgenden Wochen zu einem festen Bestandteil des Knochens aus. Während der Kallusbildung kann es jedoch verschiedene Komplikationen geben.
Bleibt der Kallus auch nach mehreren Wochen noch instabil und entwickelt sich nicht weiter zu einem festen Knochenbestandteil, zeigt sich das bei einem Betroffenen meist als schmerzhafte und instabile Bruchstelle. Auch hörbare Geräusche werden nicht selten von Betroffenen beschrieben. Hervorgerufen werden derartige Symptome dadurch, dass einzelne Knochenfragmente sich noch in der Bruchstelle bewegen, da sie nicht durch den Kallus verfestigt wurden. Treten derartige Symptome auf, sollte in jedem Fall eine Röntgenuntersuchung gemacht werden, um eine mögliche Knochenbruchheilungsstörung auszuschließen.
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Nach einem Knochenbruch werden die Bruchstücke des Knochen innerhalb einiger Wochen durch einen zunächst instabilen und anschließend stabilen Kallus verbunden. Bevor der Kallus sich jedoch bilden kann, sammelt sich, neben Blut, auch Gewebewasser an der Bruchstelle. Dadurch kommt es zu einem Ödem und einer einhergehenden Schwellung an der Bruchstelle.
Mit anschließend einsetzender Kallusbildung, nimmt diese Schwellung nach und nach wieder ab und es sollte im Normalfall zu keiner weiteren Schwellung während der Bruchheilung kommen. Kommt es doch zu einer erneuten Schwellung im Bereich des Knochenbruches, sollte dies durch einen Arzt untersucht werden, da dies Hinweis auf eine Knochenheilungsstörung sein könnte. Auch mögliche Entzündung könnten Ursache für eine Schwellung im Bereich des Knochenbruches und damit des Kallus sein.
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