Das Hören des Menschen ist der am besten ausgebildete Sinn. Das Hören funktioniert durch einen komplexem Zusammenhang mehrerer Organe. Das Hören dient dem Menschen als Warn und Schutzsystem.

Hören

Synonyme

Hörvermögen, Ohr, Gehör, Hörorgan, Gehörsinn, Hörsinn, akustische Wahrnehmung, auditive Wahrnehmung,

Englisch: hear

Definition

Das Hören/ menschliche Gehör ist unser am besten ausgebildeter Sinn. Das heißt wir sind zum Beispiel in der Lage die doppelte Menge an Höreindrücken zu unterscheiden als wir es mit Seheindrücken können: Ab mehr als 24 Bildern pro Sekunde erkennen wir keine einzelnen Bilder mehr, sondern einen fließenden Film. Unsere Augen sind sozusagen überfordert.
Doch selbst bei einer Menge von 50 Höreindrücken pro Sekunde sind unsere Ohren noch in der Lage, Unterscheidungen zu treffen und diese Höreindrücke in Informationen umzuformen, die von unserem Gehirn zur weiteren Verarbeitung genutzt werden können. Dabei sind wir sogar in der Lage Geräusche in ihren verschiedenen Qualitäten Tonhöhe (bis zu 7000 unterschiedliche), Lautstärke, Entfernung und Richtungshören (bis zu 2° genau) zu unterscheiden und aufzuteilen.
Außerdem ist unser Gehör sehr wichtig: Es dient uns als Warn- und Schutzsystem, zum Kommunizieren und zum genüsslichen verschönern unseres Alltags.

Geschichte

Schon seit es Menschen gibt, war Hören so viel wie eine Lebensversicherung. Nur wer gut hörte, konnte Tiere jagen, Raubtieren ausweichen oder mit Nachbarn angemessen kommunizieren. Doch auch damals schon gab es wie heute ein Nachlassen des Hörvermögens. So wurden bei Ausgrabungen altägyptischer Gräber Tontafeln mit Inschriften gefunden, in denen die Gottheiten gebeten wurden, dem Verstorbenen im Jenseits wieder das Hörvermögen zu schenken.
Auch die griechischen gelehrten griffen Thematik „Hören“ häufig auf, wodurch die wohl ältesten Schriften zum Thema Schall und Schwingung entstanden.
In den Jahrhunderten später folgten zahlreiche Versuche, dieses Wunderwerk Göttlicher Schöpfung zu ergründen.
Doch vieles Wissen aus jener frühen Zeit geriet im laufe der Jahrhunderte wieder in Vergessenheit.
Erst im fortgeschrittenen 19. Jahrhundert entstand jedoch ein ärztlicher Spezialzweig zu diesem Thema. Die Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde war entstanden!

Hörvorgang

Doch kann unser Ohr physikalisch gesehen alles hören?
Leider, oder zum Glück nein! Wir hören nur akustische Ereignisse in einem Bereich von 0 dB, was einem Schalldruck von etwa 20 µPa (= 2·10-5 Pa), bis über 130 dB (~ 10.000 kPa) – immerhin noch eine ganz ansehnliche Spanne. Die Einheit Dezibel (dB) ist dabei eine Größe, die erst langsam und dann immer schneller ansteigt (logarithmisch) und die alle Werte mit dem Schalldruck bei 0dB vergleicht. 0 dB stellt also die Hörschwelle dar, das heißt, das leiseste wahrnehmbare Geräusch (z.B. ein ganz leichter Windhauch).
Bei 130 dB spricht man von der Schmerzschwelle, also dem Schalldruckpegel, bei dem ein Geräusch als Schmerz wahrgenommen wird. Der Normale Sprachbereich befindet sich ungefähr zwischen 40 dB und 80 dB bei einer Tonhöhe von rund 2000 Hz. Hier ist die Empfindung unseres Hörorgans am größten. Wir hören Töne, die höher oder tiefer sind als diese Frequenz wesentlich leiser und daher auch nicht so gut.

Hören im Detail

Durch irgendeine mechanische Wirkung wird ein Geräusch erzeugt, eine Schwingung der Luft, die sich als Schallwelle fortbewegt. Je nach Geräuschquelle werden dabei unterschiedliche Schallwellen erzeugt. Diese trifft von außen auf das Ohr (auris externa) und wird zuerst einmal von den Ohrmuscheln eingefangen und gebündelt durch den äußeren Gehörgang bis zum circa erbsengroßen Trommelfell (membrana tympani, myrinx) geleitet. An dieser flexiblen Rundmembran können bei Schreck oder Erwartung eines lauten Geräusches erste Einstellungen unseres Hörens vorgenommen werden: Mit Hilfe eines kleinen Muskels (musculus tensor tympani) kann die Membran versteift und dadurch die normal auftretende Vibration verringert werden; wir hören leiser.
Das Trommelfell verschließt aber auch den nächsten Hohlraum, die Paukenhöhle im luftgefüllten Mittelohr (auris media) gegen den Gehörgang. Wie bei einer Trommel wird es von einem Sehnenring (anulus fibrosus) in den knöchernen Ohrrahmen (sulcus tympanicus) eingespannt. Damit das Trommelfell optimal schwingen kann, muss der Druck davor und dahinter gleich sein. Um dies zu gewährleisten dient Ohrtrompete (tuba auditiva).
Bei zugehaltenen Ohren und einem Schluckvorgang, oder zugehaltener Nase und innen aufgebautem Druck, kann bewusst ein Druckausgleich bewirkt werden. Jeder, der schon einmal mit dem Flugzeug geflogen ist, kann dies sicherlich bestätigen.
Auf der Innenseite ist ein kleiner Knöchen, der Hammer (maleus) mit seinem Griff am Trommelfell festgewachsen. Er wird bei einer Vibration des Trommelfells ebenfalls in Schwingung versetzt und leitet die Bewegung mit dem Ziel der mechanischen Schallverstärkung (um rund das 22-fache) über eine Kette von Gehörknöchelchen – dem Amboss (incus) und dem Steigbügel (Stapes) – zum ovalen Fenster, der Wand des Innenohres (auris interna) fortgeleitet. Auch hier kann durch einen „Bremsmuskel“ am Steigbügel (musculus stapedius) vor allem bei eigener lauter Stimme die Schallweiterleitung gedämpft werden.
In der nun folgenden flüssigkeitsgefüllten Gehörschnecke (cochlea) lösen die wandernden Schallwellen an bestimmten Orten je nach ihrer Tonhöhe wieder Schwingungen einer speziellen Membran aus. Vorstellen kann man sich das wie ein Papierstreifen, den man zwischen Zeigefinger und Daumen hält.
Bläst man nun aus Richtung des Daumens den Papiersteifen an, so beginnt er Wellen zu schlagen. Diese Wellen werden zum unbefestigten Ende des Papieres hin größer, weil dort weniger Haltewiderstand überwunden werden muss. Um das Papier jedoch nahe der Finger stark schwingen zu lassen muss äußerst stark gepustet, d. h. ein hoher Schalldruck aufgebaut werden. Genauso funktioniert auch das Hören von unterschiedlichen Tonfrequenzen. Hohe Töne haben viel Energie und versetzen die Membran nahe ihrer Verankerung in Schwingung. Tiefe Töne mit geringer Energie hingegen, schaffen es erst gegen das freie Ende der Membran hin eine Vibration hervorzurufen. Diese Aufspaltung der unterschiedlichen Tonfrequenzen bezeichnet man als Dispersion.

Verstärkt durch leicht aktivierbare „Zusatzfedern“ an der Membran (Prozess der Feindispersion), werden an der Stelle der maximalen Membranschwingung dann einige der rund 20.000 Haarsinneszellen umgebogen, was sie dazu veranlasst, elektrische Signale auszusenden.
Diese Signale können dann endlich über einen Nerven (nervus cochlearis) in das Gehirn, in ein spezielles Hörzentrum geleitet werden, wo sie durch verschiedene Filter geschickt und ausgewertet werden. Diese Filter machen unser eigentliches Hören aus: Sie selektieren zusammengehörige Geräusche von fremden, entfernen unnötiges Hintergrundrauschen und geben uns erst die Möglichkeit, einer Person konzentriert zuzuhören. So kann es sein, dass mitten auf einer Feier mit vielen Unterhaltungen und deshalb auch einem hohen Geräuschpegel unser Name unvermittelt genannt wird. Obwohl sich die Lautstärke und Tonhöhe vielleicht nicht von den anderen Gesprächen unterscheiden, ist es uns möglich diesen vertrauten Höreindruck herauszufiltern und uns ohne Hintergrundgeräusche klar werden zu lassen.
In weiteren Filtern werden die Informationen aus beiden Ohren miteinander verrechnet. Der gleiche Höreindruck kommt an beiden Ohren zeitversetzt an, da sie sich auf der rechten und linken Seite unseres Kopfes befinden. So kann unser Gehirn aus dieser Zeitverschiebung errechnen, wo das gehörte Geräusch herkommt. Es entsteht unsere Richtungswahrnehmung. Manche akustischen Signale werden auch optischen Sinneseindrücken zugeordnet, wodurch es uns erst möglich wird, Dinge zu benennen, oder einen großen Redner als solchen zu erkennen!
Kurzum: Erst durch die ausgedehnte Filteranlage in unserem Gehirn kann Geräusch zu einem sinnvollen Hören werden!
Unser Gehör kann sich nicht ausruhen. Es ist ständig aktiv, auch wenn wir das nicht bemerken. So schlafen Eltern zum Beispiel trotz regem Verkehr in der anliegenden Straße, doch bei dem hellen Klang der Kinderstimme wird Alarm ausgelöst und das „Weckprogramm“ des Körpers setzt ein.

Embryologie des Hörens

Das Innenohr ist das erste Sinnesorgan ist, das sich bei uns Menschen entwickelt. Seine Entwicklung beginnt bereits in der 4. Schwangerschaftswoche und ist mit der 24. Schwangerschaftswoche abgeschlossen. Dennoch dauert es noch bis zur 26. Schwangerschaftswoche, bis wir endlich die elterlichen Stimmen gedämpft hören können. Ab dem 6. Schwangerschaftsmonat sollte ein Fetus auf Schallreize reagieren. Bei Verdacht auf Hörstörungen sollte dies möglichst früh nachgeprüft werden.
Bis zum 8. Schwangerschaftsmonat sind dann auch das äußere Ohr und das Mittelohr relativ gut zum Hören ausgebildet. Doch damit ist unser Hörsystem noch lange nicht ausgereift und voll funktionsfähig. Dazu müssen sich erst bis zum Ende des 5. Lebensjahres durch „fleißiges Hörtraining“ die Nervenbahnen zum Gehirn und die mannigfachen Verschaltungen, die ein sortieren und Filtern erst ermöglichen, ausbilden. Was sich allerdings bis dahin an Verknüpfungen und Verschaltungen nicht gebildet hat, ist unwiederbringlich verloren. Hörübungen in diesen ersten Lebensjahren sind also ein absolutes MUSS! Denn: Früh übt sich, wer ein Meister werden will!

Zusammenfassung

Wir sind also in der Lage unterschiedliche Töne und Geräusche zu erkennen, bestimmte aus einer Menge anderer herauszufiltern, uns selbst in Dunkelheit bemerkbar zu machen und unserer verschiedenen Sinne erst richtig zu verknüpfen. Diese Wundermaschine nun - unser menschliches Gehör/ Hören, unser differenziertester Sinn - ist sehr wichtig für das menschliche Leben und zugleich auch unsere erste Möglichkeit an der Außenwelt Anteil zu nehmen. Deshalb ist es wichtig, möglichst früh unser möglichstes zu seiner guten Ausbildung bei unseren kleinen Mitmenschen beizutragen und unseren großen zu helfen ihn möglichst lange gut funktionsfähig zu erhalten!

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 20.06.2011 - Letzte Änderung: 25.07.2023