Chromosomen können diverse Ursachen und Ausprägungen haben. Dabei handelt es sich um eine genetische Veränderung eines oder mehrerer Chromosomen.
Das menschliche Genom, also die Gesamtheit der Gene, ist auf Chromosomen aufgeteilt. Chromosomen sind sehr lange DNA-Ketten, die man in der Metaphase der Zellkernteilung voneinander unterscheiden kann. Die Gene sind auf den Chromosomen in einer festgelegten Reihenfolge angeordnet.
Bei Chromosomenmutationen kommt es zu mikroskopisch sichtbaren Veränderungen dieser Reihenfolge, die durch relativ große Schäden der Chromosomen bedingt werden. Bei diesen Schäden kann man verschiedene Formen unterscheiden. Einige Formen bleiben unentdeckt, andere verursachen allerdings schwerwiegende Krankheitsbilder. Welche Krankheit entsteht ist davon abhängig, welche Form des Schadens vorliegt und auf welchem Chromosom sich dieser befindet.
Chromosomenmutationen entstehen bei der Hälfte der betroffenen Menschen durch Mutationen, die „de-novo“ entstanden sind. De-novo bedeutet, dass die Mutation erst in den Keimzellen der Eltern, also Ei- bzw. Spermazelle, entstanden ist.
Bestimmte Gifte können Chromosomenmutationen verusachen. Diese sogenannten Klastogene führen dazu, dass die Chromosomen brechen und so die verschiedenen Formen der Chromosomenmutationen verursachen.
Der Mensch besitzt zwei Ausführungen der Chromosomen, eine mütterliche und eine väterliche. Bei der Bildung der Keimzelle kommt es zu einer Vermischung des mütterlichen und väterlichen Erbguts. Dieser Vorgang wird „Crossing-Over“ genannt.
Normalerweise kommt es nur zu Vermischungen zwischen gleichartigen Chromosomen. Bei Chromosomenmutation ist dieses Crossing-Over fehlerhaft. Es kommt dazu, dass Teile eines Chromosoms in ein nicht gleichartiges Chromosom eingebaut werden. Außerdem können Chromosomenteile verkehrt herum eingebaut werden. Teilweise kommt es aber auch zum kompletten Verlust eines Abschnitts des Chromosoms in einer Keimzelle.
Bei Vorliegen von Fehlbildungen oder geistigen Retardierungen können Chromosomenanalysen durchgeführt werden, um eine genetische Ursache zu bestätigen. Um eine Chromosomenanalyse durchzuführen, werden dem Betroffenen Zellen entnommen, um die Chromosomen dieser zu untersuchen.
Am häufigsten werden für die Analyse Lymphozyten, also Zellen der Immunabwehr, die im Blut zirkulieren, verwendet. Grundsätzlich können aber alle Zellen verwendet werden, die einen Zellkern besitzen.
Chromosomenmutationen sind mit Veränderungen verbunden, die teilweise unter dem Lichtmikroskop erkannt werden können. Die unterschiedlichen Chromosomen haben eine sehr spezifische Form.
Außerdem ist es durch eine spezielle Technik möglich die Chromosomen anzufärben. Bei dieser Färbung entstehen sogenannte Banden. Durch Identifizierung der speziellen Banden kann festgestellt werden, um welches der 23 Chromosomenpaare es sich handelt. Durch diese Bänderungstechnik können auch Veränderungen der jeweiligen Chromosomen festgestellt werden.
Bei Chromosomenmutationen unterscheidet man zwischen verschiedenen Formen der Mutation.
Bei der Deletion ist ein Abschnitt des Chromosoms verloren gegangen. Das betroffene Chromosom ist an der entsprechenden Stelle verkürzt. Bei der Deletion gehen Gene verloren, je nach Abschnitt können die Auswirkungen unterschiedlich sein.
Im Gegensatz zur Deletion kommt es bei der Insertion zum Einfügen eines Chromosomen-Abschnitts in ein anderes Chromosom. Hat der Abschnitt seinen Ursprung in einem anderen Zellkern, liegen die Gene dieses Abschnitts doppelt vor. Es kommt unter Umständen zu einer Überproduktion des Genprodukts.
Bei der Inversion ist ein Abschnitt zwar im richtigen Chromosom, aber in der umgekehrten Reihenfolge eingebaut.
Außerdem kann es zu einer Duplikation kommen, dabei liegt ein Teil des Chromosoms doppelt vor.
Die bedeutsamste Chromosomenmutation ist die Translokation. Hierbei tauschen Chrosomomenanteile von 2 unterschiedlichen Chromosomen ihre Plätze. Geht dieser Tausch nicht mit einem Verlust von Genen einher, spricht man von einer balancierten Translokation. Träger balancierter Translokationen zeigen im Normalfall keine Auffälligkeit, sie haben aber häufiger Fehlgeburten. Außerdem sind die Nachkommen häufig Träger unbalancierter Translokationen. Bei diesen geht Genmaterial verloren und es kommt zu Einschränkungen der Nachkommen.
Bei der reziproken Translokation werden Teile von zwei unterschiedlichen Chromosomen zwischen diesen ausgetauscht. Wichtig ist bei der reziproken Translokation, dass der Gesamtgehalt des genetischen Materials in der Zelle gleich bleibt.
Allerdings treten bei Betroffenen Probleme bei der Bildung von Keimzellen auf. Liegt in der entstehenden Keimzelle ein Chromosom vor, bei dem ein Stück ausgetauscht wurde, dann ist diese Zelle nicht lebensfähig.
Es kann allerdings auch der Fall sein, dass die beiden Chromosomen, bei denen ein Stück ausgetauscht wurde, in einer Keimzelle landen. Dann landen in der anderen entstehenden Keimzelle nur die normalen Chromosomen. Ist dies der Fall, so ist nur die Hälfte der Keimzellen lebensunsfähig. Die andere Hälfte enthält einen normalen Chromosomensatz.
Reziproke Transokation kann zu diversen genetischen Erkrankungen führen. Eine davor ist zum Beispiel die Chronische myeloische Lekämie, wo eine hohe Anzahl an Philadelphia-Chromosom nachgewiesen werden kann.
Das Katzenschrei-Syndrom, oder auch Cri-du-Chat-Syndrom, wird so genannt, da die Kleinkinder sehr hoch und katzenähnlich schreien. Diese hohen Schreie werden durch eine Fehlbildung des Kehlkopfs verursacht. Ursächlich für das Katzenschrei-Syndrom ist eine Deletion am kurzen Arm des Chromosoms 5.
Die Betroffenen sind stark entwicklungsverzögert und geistig behindert. Die geistige Behinderung ist jedoch sehr variabel. Sie haben einen kleinen Kopf und das Wachstum ist gestört. Daneben kommt es zu weiteren körperlichen Fehlbildungen. Zu Veränderungen der inneren Organe kommt es nur sehr selten. Die Lebenserwartung ist auch deshalb nicht wesentlich eingeschränkt.
Lesen Sie mehr zum Thema unter: Katzenschrei-Syndrom
Eine Chromosomenabberation ist eine Veränderung der Chromosomen, die im Lichtmikroskop sichtbar ist. Im Gegensatz dazu gibt es Genmutationen, diese Veränderungen sind viel kleiner und sind nur durch eine genauere genetische Diagnostik zu erkennen.
Bei Chromosomenabberationen kann man zwei Formen unterscheiden. Es gibt strukturelle und numerische Abberationen. Die strukturellen Abberationen wurden in diesem Kapitel besprochen und werden auch Chromosomenmutationen genannt. Sie gehen mit einer Veränderung der Chromosomen an sich einher.
Numerische Abberation bedeutet, dass eine falsche Anzahl an Chromosomen vorliegt. Der Normale Karyotyp des Menschen, also die Anzahl der Chromosomen, lautet 46,XY bei Männern und 46,XX bei Frauen. Dabei muss man beachten, dass die Chromosomen in doppelter Ausführung vorliegen, die einzige Ausnahme stellen die Geschlechtschromosomen beim Mann dar. Die Geschlechtschromosomen, die den einzigen Unterschied im Genom bei Männern und Frauen darstellen, werden durch die Buchstaben angezeigt.
Bei numerischen Abberationen können Chromosomen häufiger vorkommen oder fehlen. Das bekannteste Beispiel ist hierbei der Down-Syndrom, die Trisomie 21, der Name besagt, dass das 21. Chromosom, statt in doppelter Ausführung, dreimal vorliegt. Der Karyotyp eines Menschen sieht dann so aus: 47,XY+21 bei Männern bzw. 47,XX+21 bei Frauen.
Ein Beispiel für das Fehlen eines Chromosoms ist das Turner-Syndrom oder auch Monosomie X, bei diesem fehlt ein X-Chromosom, daraus folgt der Karyotyp 45,X0. Die betroffenen Menschen sind Frauen mit bestimmten körperlichen Auffälligkeiten.
Mehr zu diesem Thema erhalten Sie unter: Chromosomenaberration - Was versteht man darunter?
Das Klinefelter-Syndrom ist keine Chromosomenmutation. Chromosomenmutationen gehen mit einer Veränderung der Struktur einher. Beim Klinefelter-Syndrom liegt eine falsche Anzahl an Chromosomen vor. Diese Veränderung wird numerische Chromosomenabberation genannt.
Vom Klinefelter-Syndrom können nur Männer betroffen sein. Im Normalfall besitzen Männer neben den 44 anderen Chromosomen (22 Chromosomen, die jeweils in zwei Kopien vorliegen), ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom. Beim Klinefelter-Syndrom ist ein X-Chromosom zu viel vorhanden.
Die größten Auswirkungen hat diese Veränderung auf die Geschlechtsorgane. Die Betroffenen haben kleine Hoden und in den meisten Fällen keine funktionierende Spermienproduktion, außerdem ist die Testosteron-Produktion des Hodens eingeschränkt.
Das Klinefelter-Syndrom wird häufig erst im Rahmen einer Kinderwunsch-Beratung festgestellt. Bei einer überwiegenden Mehrheit der Betroffenen bleibt es unentdeckt. In der Pubertät kann es zu einer Brustentwicklung kommen, meist kommt es nur zu einer spärlichen Entwicklung der Körperbehaarung. Die Betroffenen sind allerdings nicht in ihrer Intelligenz eingeschränkt.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter: Klinefelter Syndrom
Bei einer Punktmutation spricht man von einer Mutation der Gene, die in Form der DNA vorliegen. Die DNA ist aus vier verschiedenen Nukleotiden aufgebaut. Bei einer Punktmutation kommt es zum Austausch eines Nukleotids durch ein anderes. Die DNA der Gene wird in einem komplexen Prozess abgelesen. Als Endprodukt dieses Prozesses steht ein Protein.
Welches Protein entsteht, wird im Wesentlichen durch die Abfolge der Nukleotide bestimmt. Drei aufeinanderfolgende Nukleotide bestimmen, welche Aminosäure an die entstehende Proteinkette angehängt wird. Aus dem Zusammenschluss sehr viele Aminosäuren wird dann ein Protein.
Ist nun aber ein Nukleotid durch ein anderes ausgetauscht, kann es dazu kommen, dass eine andere Aminosäure in das Protein eingebaut wird. Die Folge ist eine sogenannte Missense-Mutation. Das entstehende Protein kann durch den Austausch der Aminosäure völlig funktionsfähig bleiben oder aber auch seine Funktion einbüßen.
Eine andere Möglichkeit ist der Einbau eines sogenannten Stop-Codons. Solche Mutationsart wird als die Nonsense-Mutation bezeichnet. Das Stop-Codon markiert das Ende des Proteins, wird es an der falschen Stelle eingebaut, so ist das Protein nicht vollständig.
Bei diesen Formen der Punktmutationen bleibt die Anzahl der abzulesenden Nukleotide gleich. Vor und nach Punktmutation werden die richtigen Aminosäuren eingebaut. Das „Leseraster“ bleibt also erhalten. Schwerwiegender sind Mutationen, bei denen ein Nukleotid eingebaut oder entfernt wird, also Insertion oder Deletion. Bei dieser Mutation werden nun nach dem fehlenden oder eingebauten Nukleotid, drei andere Nukleotide kombiniert, dadurch werden abweichende Aminosäuren eingebaut und es entsteht ein völlig anderes Protein.
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Die Mukoviszidose ist ein Krankheitsbild, dass durch eine Mutation in einem Chlorid-Kanal entsteht. Diese Kanäle sind wichtig für die Schleimbildung des Körpers, da dem Chlorid folgend, Wasser austreten kann und so der Schleim dünnflüssiger wird.
Obwohl alle Organsysteme von dieser Erkrankung betroffen sind, steht die Lunge im Vordergrund. Durch den zähflüssigen Schleim kann die Lunge nicht ihrer Selbstreinigungsfunktion nachkommen.
Ein dünnflüssiger Schleim ist die Voraussetzung für den Abtransport von Krankheitserregern und anderen Stoffen aus der Lunge. Durch das Fehlen der Reinigung kommt es vermehrt zu Lungenentzündungen. Unter anderem deshalb haben Betroffene eine drastisch reduzierte Lebenserwartung.
Die Mutation des Kanals geht auf eine Genmutation zurück. Das bedeutet, dass die Abfolge der Bestandteile der DNA innerhalb des Gens verändert ist. Die Mutation ist viel kleiner als Chromosomenmutationen allerdings mit sehr schwerwiegenden Folgen. Es sind hunderte verschiedene Mutationen des Gens bekannt, die alle zu einer Dysfunktion des Kanals führen.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Mukoviszidose
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