Borderline Syndrom- Wichtige Informationen für Angehörige

Angehörige von Borderline-Patienten sind aufgrund der Symptome des Krankheitsbildes häufig sehr stark mit involviert. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie man in einer solchen Situation nicht nur mit dem Erkrankten umgeht, sondern sich dabei auch selber nicht vergisst.

Borderline Syndrom - Informationen für Angehörige

Einleitung

Bei einem Borderline Syndrom handelt es sich um eine Anzahl verschiedener Symptome, welche man als Persönlichkeitsstörung des Borderline-Types zusammenfast. Die Patienten sind häufig sehr impulsiv und haben meist Störungen in den zwischenmenschlichen Kontakten. Zusätzlich schwanken die Stimmung sowie das Selbstbild häufig stark. Nicht nur für den Patienten, auch für die Angehörige ist es daher schwer, mit einem Borderline-Syndrom zu Recht zu kommen. Deshalb ist es wichtig, dass Angehörige von Patienten mit einem Borderline-Syndrom sich ebenfalls Hilfe holen.

Ursachen / Wer ist schuld?

Bei einem Borderline-Syndrom handelt es sich um eine Persönlichkeitsstörung, welche durch verschiedene Faktoren bedingt ist. Um den Patienten besser verstehen zu können, ist es für viele Angehörige wichtig zu wissen, wie es zur Ausprägung des Borderline-Syndroms kam und was die Ursachen dafür sind. Wichtig ist es zu wissen, dass die Ursache nicht sicher geklärt ist und somit geht man von verschiedenen Faktoren aus, welche dazu beitragen könnten, dass ein Borderline-Syndrom entsteht. Dennoch trifft den Angehörigen keine Schuld an der Erkrankung und der Angehörige sollte nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass sein Kind, sein Geschwisterchen oder sein Elternteil an einem Borderline-Syndrom leidet.

Ein wichtiger Faktor ist die genetische Komponente. Es gilt als relativ sicher, dass Kinder, deren Eltern emotional instabil waren, eine gewisse Instabilität in ihrem emotionalen Verhalten aufweisen. Ob dies jedoch erlernt wurde oder genetisch vererbt wurde, ist schwer zu sagen, dennoch geht man davon aus, dass eine genetische Komponente dabei ist. Einige Psychoanalytiker hingegen behaupten, dass alleine die Umwelteinflüsse entscheidend sind, dass ein Kind ein Borderline-Syndrom ausbildet. Kommt es in der Kindheit zu sexuellem Missbrauch oder zu sonstigen Übergriffen oder Gewalttaten kann dies dazu führen, dass das Kind ein Borderline Syndrom ausbildet. Deshalb ist es wichtig, dass nach traumatischen Ereignissen die Angehörigen mit ihren Kindern eine ausreichende Therapie besuchen um zu vermeiden dass das Kind ein Borderline-Syndrom entwickelt. Die meisten Patienten mit einem Borderline Syndrom stammen aus chaotisch-instabilen Familienverhältnissen oder aber aus vernachlässigenden Familienverhältnissen.

Deshalb ist es für die Angehörigen wichtig zu versuchen, ein stabiles Familienleben auszubauen um somit der Entwicklung eines Borderline-Syndroms entgegen zu wirken. Dies bedeutet keinesfalls, dass ein Angehöriger schuld daran ist, wenn das Kind ein Borderline-Syndrom entwickelt, nur weil der Angehörige beispielsweise geschieden ist oder manchmal ein etwas chaotisches Leben führt. Wichtig ist vor allem eine emotionale stabile Ebene, die durch Liebe und Fürsorge füreinander vermittelt wird. Dennoch gibt es auch Kinder, die aus glücklichen Familien zu kommen scheinen und dennoch ein Borderline-Syndrom entwickeln, was für die Angehörigen dann sehr schwierig erscheint da sie nicht wissen, wodurch die psychische Erkrankung bedingt ist. Deshalb ist es wichtig, dass Angehörige sich keine Schuldzuweisungen machen und auch nicht mit dem Finger auf andere zeigen und bei anderen die Schuld suchen.

Symptome -> Was Borderline ist und wie man damit umgehen kann.

Um als Angehöriger einen Patient mit Borderline Syndrom verstehen zu können, sollte man in etwa wissen, was in dem Patient vorgeht und wie er sich in etwa fühlt. Natürlich kann man nicht jede Handlung des Patienten nachempfinden, doch wenn ein Angehöriger grob weiß, was das Borderline Syndrom für den Betroffenen bedeutet, kann er viel mitfühlender (empathischer) mit dem Patienten umgehen und auch verstehen, dass man als Angehöriger eines Borderline-Patienten manchmal machtlos ist.

Patienten mit einem Borderline Syndrom haben meistens ein sehr geringes Selbstwertgefühl und nehmen ihr eigenes Ich sehr verzerrt war. Dies kann dazu führen, dass sie sich selber verletzten oder aber dass sie im nächsten Moment ein völlig überzogenes Bild ihres eigenen Ichs haben. Diese Identitätsstörungen sind für Angehörige von Borderline-Patienten häufig nur schwer zu ertragen, vor allem dann, wenn der Patient sich selber etwas antut, sich beispielsweise den Unterarm oder den Oberschenkel mit kleinen Schnitten aufritzt. Auch plötzlich auftretende starke Aggressionen oder starke Ängste können den Angehörigen verunsichern und dazu führen, dass er immer weniger Verständnis für den Patienten mit der Bordeline Störung zeigen kann. Da viele Patienten erstmal diese Symptome in der Pubertät entwickeln, ist es für die Eltern häufig schwierig zu unterscheiden, was nun als Pubertät abgetan werden kann und ab wann professionelle Hilfe gesucht werden sollte.

Als Angehöriger eines Borderline-Patienten ist es wichtig, offen und respektvoll mit der Symptomatik umzugehen. Bei dem Borderline Syndrom handelt es sich um eine psychische Erkrankung die genauso Handlungsbedarf hat wie beispielsweise ein zu hoher Blutdruck. Wichtig ist es jedoch zu wissen, dass es, anders wie bei einem Bluthochdruck zum Beispiel, keine komplette Heilung des Borderline-Syndroms gibt. Dennoch können die Patienten lernen mit der Erkrankung zu leben und diese so weit in den Griff zu bekommen, dass es auch für die Angehörigen nicht schwierig ist mit einem Patient mit Borderline Syndrom zusammen zu wohnen. Dennoch sollte man sich als Patient und als Angehöriger ins Gedächtnis rufen, dass die Behandlung eines Borderline Syndroms nicht alleine durch ein paar Tabletten ausheilt sondern dass es sich um einen langwierigen Prozess handelt, der Patient und Angehörigen viel Kraft abverlangt. Deshalb ist es immer wichtig, offen miteinander zu kommunizieren und vor allem sollte der Angehörige daran denken, dass auch er Bedürfnisse hat und mit einigen Situationen überfordert sein darf. Hier hilft es sehr wenn auch der Angehörige des Patienten mit einem Borderline Syndrom psychologische oder psychiatrische Hilfe in Anspruch nimmt.

Was kann man als Angehöriger tun?

Als Angehöriger eines Patienten mit Borderline Syndrom hat man häufig das Gefühl, nur hilflos daneben stehen zu können. Viele Situationen überfordern einen und man hat Angst, dass der Patient nicht wieder „normal“ wird. Als Angehöriger ist es deshalb wichtig, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Am Besten eignet sich hier die Hilfe eines Psychologen da dieser in der Gesprächstherapie gut ausgebildet ist und wichtige Hinweise geben kann. Auch Selbsthilfegruppen oder –foren können sehr hilfreich sein.

Genauso wichtig ist es jedoch, das eigene Leben nicht zu vergessen und auch einmal an sich selber zu denken. Ein Angehöriger der den Patienten mit Borderline Syndrom immer nur unterstützt und ständig da ist um alles abzufangen, ist weder für sich noch für den Patienten eine optimale Hilfe. Außerdem ist es enorm wichtig, nicht hysterisch oder panisch auf den Patienten zu reagieren, auch dann nicht, wenn der Patient sich ritzt. Hier ist es wichtig, ganz rational zu handeln und den Patienten nur zu einem Arzt zu schicken, welcher die Wunden versorgt. Der Psychiater soll dann mit dem Patienten genau analysieren wie es so weit kommen konnte, das ist jedoch nicht die Aufgabe des Angehörigen. Wichtig ist es für den Angehörigen, immer die Ruhe zu bewahren und nicht panisch zu werden, auch wenn dies schwer fällt. Gleichzeitig sollten die Symptome des Patienten auch ernst genommen werden. Spätestens wenn ein Patient sich selber immer wieder tiefe Schnittwunden oder ähnliches zufügt oder gar von Selbstmordgedanken berichtet, sollte dringend die Hilfe eines Psychiaters in einem Krankenhaus auf einer Station aufgesucht werden, wo der Patient über einen längeren Zeitraum stationär behandelt und überwacht wird. Hier kann es auch helfen, als Angehöriger den Patienten bei einigen Gesprächen zu begleiten da man somit die Problematik besser verstehen kann.

Auch ist es wichtig zu wissen, dass es immer wieder zu Verschlechterungen der Symptome, sogenannten Rezidivs, kommt. Hierbei ist es wichtig, das Verhalten des Patienten nicht auf sich selber zu beziehen. Vielmehr muss der Angehörige eines Patienten mit Bordelinesyndrom sich immer wieder bewusst machen, dass auch Aggressionen oder übertriebene Ängste zu der Krankheit dazu gehören und man sollte als Angehöriger versuchen, diese Emotionen des Patienten zu verstehen und sie nicht zu rationalisieren.

Dennoch sollte man als Angehöriger auch negative Emotionen zulassen dürfen und sich eingestehen, dass man manchmal auch einfach nicht weiter weiß. Hier ist es wichtig, dass man selber etwas Abstand gewinnt. Jeder Patient ist für sich selber verantwortlich, dies gilt vor allem bei psychischen Erkrankungen. Der Angehörige muss wissen, dass er den Patient mit Borderline-Syndrom nicht retten kann, das kann nur der Patient selber. Gleichzeitig sollte man versuchen, die Verschiedenheit des anderen zu akzeptieren. Als Angehöriger kann man nicht verstehen, was in dem Patient mit Bordeline Syndrom vor sich geht und das ist anfangs schwer zu akzeptieren.

Wichtig ist es jedoch, nicht die eigenen, rationalen Maßstäbe anzulegen sondern vielmehr zu akzeptieren, dass jeder Mensch anders ist und selber bestimmt, wie er sein Leben gestalten möchte.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 19.08.2015 - Letzte Änderung: 22.10.2021