Abszess am Ohr

Dr-Gumpert Dr. Nicolas Gumpert
aktualisiert: 21.09.2022
Dermatologie
Abszess am Ohr

Ein Abszess ist eine mit Eiter gefüllte Kapsel , die durch eine Entzündung entsteht und theoretisch an jeder Stelle des Körpers auftreten kann. Ein Abszess ist meist schmerzhaft, gerötet und geschwollen. Ein Abszess muss nicht gefährlich sein, aber er sollte immer vom einem Arzt angesehen und im besten Fall behandelt werden. Im schlimmsten Fall kann ein Abszess zu einer Schädigung von wichtigen Organen oder einer Blutvergiftung (Sepsis) führen.

Ursachen

Dies sind häufige Ursachen für das Ausbilden von Abszessen am Ohr:

  • Hautverletzungen:
    Auslöser für die Bildung eines Abszesses sind fast immer Bakterien. Meistens handelt es sich dabei um eine Infektion mit Bakterien, die zur natürlichen Hautflora gehören. Diese gelangen durch eine schlecht versorgte Wunde oder durch kleinste Hautverletzungen in den Körper. Ein Abszess am Ohr kann in Folge einer Operation, einer Spritze oder einer kleinen Wunde im Bereich des Ohres entstehen. Aber auch ohne erkennbare äußere Ursache kann es zur Bildung eines Abszesses am Ohr kommen. Eine generelle Abwehrschwäche, wie sie beispielsweise bei der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) besteht, erhöht das Risiko, einen Abszess zu entwickeln.
  • Mittelohrentzündung:
    Eine der häufigsten Ursachen für einen Abszess am Ohr stellt eine Komplikation der akuten Mittelohrentzündung dar, die Mastoiditis. Dabei handelt es sich um eine akute Entzündung des Warzenfortsatz des Schläfenbeins (Processus mastoideus), einem Knochenvorsprung hinter dem Ohr. Die Entzündung führt zu einer Abszessbildung, meist ausgehend von einer entzündeten Schleimhaut in Verbindung mit einer Mitbeteiligung des Knochens (Knocheneinschmelzung). Etwa in der dritten oder vierten Woche nach einer Mittelohrentzündung macht sich der Abszess durch eine druckschmerzhafte Schwellung hinter dem Ohr bemerkbar.
  • Gehörgangsentzündung:
    Ein Abszess am Ohr kann auch aufgrund einer Gehörgangsentzündung (Otitis externa) entstehen. Darunter versteht man eine Entzündung der Haut im äußeren Gehörgang, die durch Bakterien oder Pilze verursacht wird. Häufig ist eine solche Gehörgangsentzündung nach dem Schwimmen zu beobachten, was zu der Bezeichnung „Swimmer´s Ear“ geführt hat. Kommt verunreinigtes Wasser ins Ohr und bestehen gleichzeitig kleinste Verletzungen der Haut des Gehörgangs (z.B. durch unsachgemäßes Reinigen des Ohrs mit Wattestäbchen), kann es zu einer Infektion kommen.
  • Entfernen von Ohrenschmalz:
    Ohrenschmalz wirkt antibakteriell
    und sollte nicht zu oft entfernt werden, da es dann nicht mehr seine schützende Funktion ausüben kann. Ein Abszess kann sich in Folge einer Entzündung am Ohr bilden und zu weiteren Komplikationen wie einer Ausbreitung der Entzündung auf den Knochen oder zu Nervenlähmungen führen.
  • Entstehung aus einem Furunkel:
    Ebenso häufig kommt es im Bereich des Ohrs zu Furunkeln, die sich zu Abzsessen ausweiten können. Unter einem Furunkel versteht man eine schmerzhafte Entzündung des Haarbalgs und des umliegenden Gewebes. Furunkel entstehen am Ohr beispielsweise durch Verletzungen der Haut beim Rasieren oder bei der Ohrhaarentfernung.
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Lesen Sie mehr zum Thema unter: Ursachen für das Ausbilden von Abszessen

Symptome

Je nachdem, wo sich der Abszess am Ohr befindet, können unterschiedliche Symptome auftreten. So kommt es beispielsweise bei einer Mastoiditis nach anfänglicher Besserung oder auch nach einer akuten Mittelohrentzündung zu erneuten Ohrenschmerzen, einer Druckempfindlichkeit hinter dem Ohr und einer Schwellung, die mit einem Abstehen der Ohrmuschel einhergeht.

Hautabszesse im Bereich des Ohrs können wie vergrößerte Pickel aussehen, sie kennzeichnen sich durch Rötung und Schwellung des Gewebes. Meist kommt es zu Schmerzen und einem Spannungsgefühl durch die Schwellung, außerdem besteht eine ausgeprägte Druckschmerzhaftigkeit. Beispielsweise kann ein Schmerz durch Druck auf die knorpelige Erhebung vor dem Gehörgang (Tragus) oder beim Ziehen an der Ohrmuschel ausgelöst werden.

Ein Abszess am Ohr kann außerdem zu einem ausgeprägten Juckreiz führen, auch Ausfluss aus dem Ohr oder eine Hörminderung können auftreten. In vielen Fällen kommt es durch den Abszess zu Schmerzen beim Kauen oder sogar beim Sprechen. Außerdem kann es zu schmerzhaften und vergrößert tastbaren Lymphknoten am Hals kommen. Auch eine starke Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens mit Fieber ist durch einen Abszess am Ohr möglich.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Symptome bei einem Abszess

Diagnose

Für die Ermittlung der Diagnose eines Abszesses am Ohr wird zunächst die Krankengeschichte erhoben (Anamnese). Dabei ist es für den Arzt beispielsweise wichtig zu erfahren, wie das Ohr gereinigt wird und welche Hygieneprodukte angewendet werden. Wattestäbchen sollten grundsätzlich nicht zur Reinigung des Ohres angewendet werden.

Das Ohr wird untersucht (Inspektion) und nach Rötung, Schwellung und Schmerzpunkten untersucht. Dies sind die typischen Entzündungszeichen und sind in der Regel bei einem Abszess anzufinden. Auch wenn der Abszess außerhalb vom Ohr lokalisiert ist, wird in der Regel der Gehörgang mit einem Ohrspiegel (Otoskop) untersucht, um eine Mitbeteiligung des Trommelfells auszuschließen. In manchen Fällen ist es sinnvoll, einen Abstrich von dem Abszess am Ohr zu nehmen, um den auslösenden Erreger labormedizinisch zu bestimmen und gezielt Medikamente einsetzen zu können.

Behandlung

Ein Abszess im Bereich der Ohren, am Kopf oder am Hals bergen ein besonderes Risiko, weshalb sie auf keinen Fall selbst behandelt werden sollten, sondern grundsätzlich in die Hände eines Arztes gehören. Die unmittelbare Nähe eines solchen Abszesses zum Gehirn kann bei unsachgemäßer Behandlung dazu führen, dass die Bakterien ins Gehirn gelangen und beispielsweise eine bakterielle Hirnhautentzündung (Meningitis) verursachen.

Lesen Sie auch: So wird ein Abszess behandelt!

Salbe gegen einen Abszess am Ohr

Generell sollte bei einem Abszess am Ohr zunächst ein Arzt aufgesucht werden, anstatt durch eine Eigenbehandlung eine größere Schädigung hervorzurufen. Von dem Arzt kann die betroffene Person sich bezüglich des weiteren Vorgehens beraten lassen.
Bei einem kleineren Abszess kann eine sogenannte Zugsalbe Linderung schaffen. Wie der Name verrät, zieht die Salbe den Eiterherd und die Entzündung heraus. Sie kann schmerzhemmend, entzündungshemmend, durchblutungsfördernd und antibakteriell wirken. Zudem hemmt sie die Bildung von Talg.
Je nach Präparat können verschiedene Wirkstoffe in den Zugsalben enthalten sein. Oft wird sulfoniertes Schieferöl eingesetzt. Dieses ist beispielsweise in dem Wirkstoff Ammoniumbituminosulfat enthalten. Dieses wird auch als Ichthammolum bezeichnet. Der Wirkstoff sorgt dafür, dass der Abszess sich nach ein paar Tagen selbst entleert.
Je nach Schweregrad und individuellen Faktoren sind verschiedene Konzentrationen und Dosierungen zielführend.
Auch wenn einige Salben rezeptfrei in der Apotheke oder im Internet frei erhältlich sind, wird dringend dazu geraten, einen Arzt zu kontaktieren. Dieser kann einschätzen, ob eine Behandlung mit einer Salbe ausreichend ist oder ob andere Maßnahmen ergriffen werden müssen.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter Ein Abszess mit einer Salbe behandeln

Wann braucht man Antibiotika bei einem Abszess am Ohr?

Da es sich bei einem Abszess am Ohr um eine bakterielle Entzündung handelt, ist eine Antibiotikabehandlung naheliegend. Aber da der Abszess von einer Kapsel umgeben ist, kann oftmals der Wirkstoff eines Antibiotikums schwer bzw. ungenügend die Stelle erreichen. Eine alleinige Behandlung mit Antibiotika ist selten ausreichend. In der Regel bedarf es zusätzliche Maßnahmen.
Wenn es im Rahmen des Abszesses im Ohr zu Fieber kommt, müssen Antibiotika eingesetzt werden. Fieber ist ein Zeichen, dass die Bakterien bereits im Blut angelangt sind. Es besteht die Gefahr einer Blutvergiftung. Sollte Fieber auftreten, ist ein sofortiger Arztbesuch unbedingt notwendig.   

Operativer Eingriff bei einem Abszess am Ohr

Ein größerer Abszess am Ohr muss in einem kleinen operativen Eingriff eröffnet werden, damit der Eiter abfließen kann.
In der Regel verspürt der Betroffene sofort ein erleichterndes Gefühl und eine deutliche Schmerzreduktion, wenn die Eiterhöhle eröffnet wird, da die Schmerzen, die durch den starken Druck auf das umliegende Gewebe verursacht werden, schlagartig abnehmen. Häufig wird ein in antibakterieller Lösung getränkter Mullstreifen in die Wunde gelegt. Dieser wirkt als Drainage, worüber verbliebener Eiter abfließen und die Wunde langsam von unten her abheilen kann. Eine Mastoiditis muss in der Regel operiert werden. Dabei wird eine sogenannte Mastoidektomie durchgeführt. Der Knochen hinter dem Ohr wird freigelegt, aufgefräst und die Eitermasse wird entfernt.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Operation eines Abszesses!

Diese Hausmittel helfen bei einem Abszess am Ohr

Es gibt verschiedene Hausmittelempfehlungen. Laut einiger Stimmen sollte auf Pfefferminze, Kampfer und Kaffee verzichtet werden. Dagegen können Aloe Vera, Kamille, Heublume und Arnika unterstützend wirken. In manchen Fällen kann das lokale Auftragen einer Proplistinktur den Heilungsprozess unterstützen. Manche Autoren raten zum Trinken von Brennesseltee.
Desweiteren unterstützt Wärme den Heilungsprozess. Dies kann in Form von einer Rotlichtlampe sein oder in Form von Kompressen. Es gibt verschiedene Vorschläge und Erfahrungen bezüglich warmer Kompressen. Einige Autoren empfehlen Kompressen mit purem heißem Wasser, andere raten zu Kompressen mit Kamille oder Ringelblume und wieder andere raten zu Kompressen mit heißer Milch.
Als Hausmittel scheinen in manchen Fällen zerkleinerte Rosinen, ein zerquetschtes Kohlblatt, Bockhornkleesamen, erwärmte Zwiebel- oder Knoblauchscheiben oder Klettenblätter hilfreich zu sein. In manchen Fällen können zusätzlich zu anderen Maßnahmen homöopathische Mittel unterstützend wirken. Beispielsweise werden Traumeel® S Tabletten in Kombination mit 5 Tropfen Notakehl D 5 empfohlen. In der Regel sollten diese 4-mal täglich 2 tagelang eingenommen werden.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Hausmittel gegen einen Abszess

Besonderheiten bei Kindern

Beim Kind sollte man bei einem Abszess am Ohr noch vorsichtiger sein. Da die Blut-Hirn-Schranke anders ist und funktioniert als bei Erwachsenen, kann dies fatale Konsequenzen haben. Die Blut-Hirn-Schranke ist noch durchlässiger, da ein Schutztransporter, das P-Glykoprotein, noch nicht vollständig ausgebildet ist. Dies kann dazu führen, dass bestimmte Erreger schneller ins Gehirn gelangen können. Die Gefahr von Komplikationen ist höher.
Dazu kommt, dass Kinder oft weniger auf hygienische Maßnahmen beim spielen und toben achten. Kleinere Kinder können noch nicht verstehen, dass sie den Abszess nicht berühren oder „aufknibbeln“ dürfen. Der Erreger kann sich schneller verbreiten und der Abszess kann schlechter abheilen.
Zudem dürfen bestimmte Medikamente von Kindern noch nicht eingenommen werden. Nur 20% aller Arzneistoffe sind für Kinder zugelassen. Überdies ist ein operativer Eingriff für Kinder und Eltern oftmals ein traumatisches Ereignis. Wenn allerdings frühzeitig adäquate ärztliche Unterstützung und Beratung genutzt wird, ist das Abheilen eines Abszess am Ohr bei Kindern in der Regel komplikationslos.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Ohrenschmerzen bei Kindern

Abszess am Ohrläppchen

Ein Abszess kann sich im Rahmen eines entzündeten Ohrringlochs am Ohrläppchen entwickeln. Es kann sich aber auch ohne Grund an dieser Stelle bilden. Die Vorgehensweise und die Maßnahmen sind ähnlich wie an anderen Stellen des Ohres.
In der Zeit des Abszess sollten natürlich keine Ohrringe oder Ohrschmuck getragen werden. Zunächst sollte der Abszess am Ohrläppchen von einem Arzt begutachtet werden. Mit dem Arzt kann der Einsatz von Hausmittel zusätzlich zu anderen Maßnahmen besprochen werden.
Basis für die Wirksamkeit der Behandlung ist das Einhalten von Hygienemaßnahmen. Es sollte auf keinen Fall an dem Abszess am Ohrläppchen herum gedrückt werden. Dieser sollte überhaupt nicht berührt werden. Wenn dies versehentlich geschehen ist, sollten die Hände gründlich gewaschen werden. Solange der Abszess am Ohrläppchen vorhanden ist, sollte auf das Baden verzichtet werden. Der Erreger könnte sonst noch weiter verteilt werden.
Der Abszess sollte nach Anleitung des Arztes gewissenhaft gereinigt werden. Wenn dieser sich entleert, sollte ein Pflaster aufgetragen werden. Wichtig ist, dass dieses regelmäßig gewechselt wird und danach sollten stets gründlich die Hände gewaschen werden. Regelmäßig, bestenfalls täglich, sollten der Kopfkissenbezug und die Handtücher gewechselt werden. Beides sollte bei mindestens 90° separat gewaschen werden.
Selbstverständlich sollte mit keiner anderen Person das Handtuch oder der Kopfkissenbezug geteilt werden. Wenn Mützen oder Kapuzen getragen werden, sollte das Ohrläppchen mit einem Pflaster geschützt werden. Wenn Fieber auftritt, sollte immer sofort ein Arzt kontaktiert werden.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Entzündung der Ohrläppchen

Prognose

Grundsätzlich haben Abszesse am Ohr eine gute Prognose, allerdings nur, wenn sie sachgerecht behandelt werden. Mithilfe der korrekten Therapie heilt ein Abszess am Ohr innerhalb weniger Tage ab.

Einige Faktoren können jedoch dazu führen, dass der Heilungsprozess langwieriger wird. Vor allem im Gesichtsbereich und am Ohr sollte man auf keinen Fall an dem Abszess herumdrücken, da dadurch die Abszesskapsel aufplatzen und die Krankheitserreger ins Gehirn transportiert werden können. Der Blutabfluss von Gesicht und Gehirn ist eng miteinander verbunden und Verschleppung der Erreger kann zu einer Hirnhautentzündung (Meningitis) führen.

Außerdem kann sich ein Abszess am Ohr ausweiten und auf den Knorpel und die Knochen übergreifen. Auch ein Abszess der Ohrspeicheldrüse kann verursacht werden. Vor allem bei Zuckerkranken (Diabetikern) aber auch selten bei anderen Menschen kann es zu einer Entzündung des umgebenden Knochens kommen, einer sogenannten Otitis externa maligna.

Lesen Sie auch: Heilung eines Abszesses

Vorbeugung

Grundsätzlich können Abszesse überall am Körper entstehen. Am Ohr entstehen sie beispielsweise durch zu wenig oder durch übertriebene Hygienemaßnahmen. Das Ohr sollte nicht mit Wattestäbchen gereinigt werden, sondern stets nur mit Wasser sanft ausgespült werden. Nach dem Duschen oder Schwimmen kann das Ohr zur Vorbeugung von Infektionen und Abszessen trocken geföhnt werden.

Außerdem treten Abszesse gehäuft bei immungeschwächten Menschen auf. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert die Infektanfälligkeit im Allgemeinen zu verringern. So sollten beispielsweise Zuckerkranke (Diabetiker) auf eine dauerhaft gute Einstellung des Blutzuckerspiegels achten. Grundsätzlich sollte übermäßiger Nikotin- und Alkoholkonsum vermieden werden.

Lesen Sie mehr dazu unter: Wie kann man einem Abszess am besten vorbeugen?

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