Die Graue Substanz des Rückenmarks

Die im Querschnitt schmetterlingsförmige Gestalt der grauen Rückenmarkssubstanz lässt sich nach REXED in 10 Schichten (Laminae spinales I-X) einteilen. Dabei bilden die Schichten I-VI das Hinterhorn / die Hintersäule (Somatosensorik = Gefühl), die Schichten VIII und IX das Vorderhorn / die Vordersäule (Motorik = Muskulatur) und die Schichten VII und X eine sog. „dazwischenliegenden Teil“ (Pars intermedia), in dem verschiedene Verarbeitungen stattfinden.

Graue Substanz Rückenmark

Synonyme

Medizinisch: substantia grisea spinalis

ZNS, Rückenmark, Gehirn, Nervenzellen

Englisch: spinal cord

Erklärung

Die im Querschnitt schmetterlingsförmige Gestalt der grauen Rückenmarkssubstanz lässt sich nach REXED in 10 Schichten (Laminae spinales I-X) einteilen.
Dabei bilden die Schichten I-VI das Hinterhorn / die Hintersäule (Somatosensorik = Gefühl), die Schichten VIII und IX das Vorderhorn / die Vordersäule (Motorik = Muskulatur) und die Schichten VII und X eine sog. „dazwischenliegenden Teil“ (Pars intermedia), in dem verschiedene Verarbeitungen stattfinden.

Einteilung graue Substanz

Die Zellen der grauen Substanz des Rückenmarks lassen sich einteilen in:

  • Wurzelzellen und
  • Binnenzellen

Abbildung Rückenmark

1. + 2. Rückenmark -
Medulla spinalis

  1. Graue Rückenmarksubstanz -
    Substantia grisea
  2. Weiße Rückenmarksubstanz -
    Substantia alba
  3. Vordere Wurzel - Radix anterior
  4. Hintere Wurzel - Radix posterior
  5. Spinalganglion -
    Ganglion sensorium
  6. Rückenmarknerv - N. spinalis
  7. Knochenhaut - Periosteum
  8. Epiduralraum -
    Spatium epidurale
  9. Harte Rückenmarkhaut -
    Dura mater spinalis
  10. Subduralspalt -
    Spatium subdurale
  11. Spinnwebenhaut -
    Arachnoidea mater spinalis
  12. Hirnwasserraum -
    Spatium subarachnoideum
  13. Dornfortsatz -
    Processus spinosus
  14. Wirbelkörper -
    Foramen vertebrale
  15. Querfortsatz -
    Processus costiformis
  16. Querfortsatzloch -
    Foramen transversarium

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Wurzelzellen

Die Wurzelzellen sind meist motorische Nervenzellen (Nervenzellen, die Muskeln ansteuern), die das Rückenmark über die vordere Wurzel verlassen Man unterscheidet hier zwischen verschiedenen Arten von motorischen Nervenzellen:

  1. solche, die die quergestreifte Skelettmuskulatur versorgen (innervieren), das ist die Muskulatur, die wir willkürlich benutzen (zum Beispiel, wenn wir den Arm heben).
    Man nennt sie somatomotorische Wurzelzellen (Somatomotorik = „Körper“-Bewegung) oder auch Alpha-Motoneurone (sie liegen im Vorderhorn) und
  2. solche, die die Eingeweidemuskulatur versorgen (innervieren), die wir nicht willentlich steuern können (z.B. die Darmbewegungen), sowie Drüsenzellen.
    Man nennt sie viszeromotorische Wurzelzellen (lat. Viscera = die Organe, Eingeweide)
  3. sowie kleinere motorische Wurzelzellen, die sich Gamma-Motoneurone nennen.

Die Fasern der Skelett- und der Eingeweidemuskulatur ziehen in der vorderen Spinalwurzel noch zusammen, trennen sich aber dann.

Die somatomotorischen Wurzelzellen (= Vorderhornzellen, -Motoneurone) sind mit einem Durchmesser von 40-80 m (das sind 4-8 Hundertstel mm) die größten Nervenzellen vom Rückenmark.
Es sind multipolare Ganglienzellen, was bedeutet, dass sie außer einem impulsweiterleitenden Fortsatz (Axon) noch mindestens zwei „impuls-empfangende“ Fortsätze (= Dendriten) haben, in der Regel jedoch wesentlich mehr.

 

Abbildung Nervenzelle

  1. Dentriten
  2. Zellkörper
  3. Axon
  4. Zellkern


An ihnen enden viele Fortsätze (Axone) von anderen Nervenzellen in Form von Kontaktstellen (Synapsen), die Informationen von weiter weg gelegenen Körperstellen (Peripherie), aus anderen Rückenmarkssegmenten, aus der Großhirnrinde, aus dem Kleinhirn und aus dem Hirnstamm liefern. Diese Informationen sagen dem Motoneuron, wie es zu reagieren hat, damit eine für den Organismus sinnvolle Bewegung entsteht.

Abbildung Nervenendungen / Synapse

  1. Nervenendigung (Axon)
  2. Botenstoffe, z.B. Dopamin
  3. andere Nervenendigung (Dentrit)


Die viszeromotorischen Wurzelzellen sind kleiner (15-50 m) und gehören zum autonomen, also unwillkürlichen Nervensystem. Auch sie sind multipolar.
Die Zellkörper des bei Stressreaktionen aktiven Sympathicus liegen im Seitenhorn des Brust- und oberen Lendenmarks (C8-L2); ihre Fortsätze (Axone) verlaufen kurz mit denen der somatomotorischen Vorderhornzellen und führen dann aber als sogenannter Ramus communicans albus zum Grenzstrang des Sympathicus (= Truncus sympathicus), der neben der Wirbelsäule verlauft. Dort werden sie auf eine zweite Nervenzelle umgeschaltet.

Die Zellkörper des bei Ruhe aktiven Parasympathicus liegen im Kreuzbein(= Sakral-)mark (S2 bis S4) zwischen Vorder- und Hinterhorn. Ihre Fortsätze führen zu Ganglien (= Nervenzellansammlungen) in der Nähe ihrer Zielorgane, z.B. des Darmes und anderer Organe des Beckens und Unterbauches, und werden dort umgeschaltet.

Binnenzellen

Die Binnenzellen empfangen Nervenimpulse aus den sensiblen Nervenzellen (Neuronen), die in den Spinalganglien liegen und ihre Fortsätze (Axone) in das Hinterhorn des Rückenmarks senden. Sie bleiben mit ihren Fortsätzen allerdings innerhalb der grauen Substanz und vermitteln die ankommende Information, je nach Zelltyp, an unterschiedliche andere Nervenzellen weiter. Die Binnenzellen lassen sich untergliedern in

  • „kurze“ Zellen des Eigenapparates des Rückenmarks und
  • „lange“ Strangzellen

Die Zellen des Eigenapparates verbinden größtenteils als sog. Zwischenneurone (Interneurone) Nervenzellen des Rückenmarks untereinander.
Sie liegen in der grauen Substanz des Rückenmarks an verschiedenen Stellen verstreut. Die

  • Schaltzellen verbinden Nervenzellen des Rückenmarks, die auf der gleichen Seite (= ipsilateral) und auf der gleichen Etage (Segment) liegen. Die
  • Kommissurenzellen verbinden Nervenzellen, die auf der anderen Seite / Gegenseite (= kontralateral) des Rückenmarks, aber auf der gleichen Etage liegen und
  • Assoziationszellen verbinden Nervenzellen, die zwar auf der gleichen Seite, aber auf unterschiedlichen Etagen liegen, also zu unterschiedlichen „Segmenten“ gehören.

Durch diesen Eigenapparat ist gewährleistet, dass zum einen

  • nicht nur einzelne Muskelfasern und Muskelbündel, sondern ganze Muskeln und Muskelgruppen auf einen sensiblen Reiz hin aktiviert werden, und zwar zum anderen
  • unabhängig von der Verschaltung im Gehirn:

Erfährt die Haut z.B. einen Stich, finden durch die direkten Verschaltungen zu den Vorderhornzellen Abwehrbewegungen statt, die auch noch funktionieren, wenn das Rückenmark vom Gehirn durch einen Schnitt getrennt ist.
Durch segmentübergreifende Kommunikation können alle diejenigen Zellen im Vorderhorn erreicht werden, die zur Bewegung eines Muskels oder einer Muskelgruppe benötigt werden, und durch die Querverbindungen zwischen den Rückenmarkshälften wird zudem eine gleichsinnige Bewegung auf der anderen Seite ausgelöst: die Reaktion ist beidseitig (bilateral).
Wenn wir zum Beispiel mit dem linken Fuß stolpern, müssen trotzdem auf beiden Körperseiten Reaktionen erfolgen, um den Sturz abzufangen.

Auf dieser Ebene funktioniert auch eine einfache Reflexbahn.

Die „langen“ Strangzellen liegen in den Kernen des Hinterhorns des Rückenmarks.
Sie gehören zum afferenten, das heißt zum aufsteigenden, zuführenden System: Die Zellkörper erhalten ihre Informationen aus dem Spinalganglion, welches die erste Schaltstation (1. Neuron) für sensible Informationen aus dem Körperinneren und von der Körperoberfläche darstellt, und bilden somit die zweite Schaltstation (2. Neuron) auf dem Weg zum Gehirn.
Ihre Fortsätze sind lang und bilden dicke, zum Gehirn aufsteigende Stränge oder Bahnen. Diese verlaufen in der weißen Substanz auf jeder Seite des Rückenmarks vorne und seitlich, in den sog. Vordersträngen und Seitensträngen.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 26.05.2007 - Letzte Änderung: 25.07.2023