Geschichte des Fastens

In der früheren Geschichte wurde das Fasten ausschließlich aus gläubigen Gesichtspunkten praktiziert. Erst 1880 beschäftigten sich die ersten Mediziner mit dem Thema Fasten. Heute dient das Fasten vor allem der Reinigung des Körpers.

Fasten Geschichte

Synonym

Heilfasten, Diät, Ernährung, Abnehmen

Fasten in der medizinischen Geschichte

Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Fasten von den meisten Kirchen nicht mehr praktiziert und begann in der Versenkung zu verschwinden. Um 1880 griffen die Ärzte Henry Tanner und Ed Hooker Dewey das Thema Fasten wieder auf und belebten es neu.

Tanner führte an sich selbst ein 42-tägiges Fasten unter Aufsicht von weiteren Ärzten durch, Dewey stellte während der Beobachtung zahlreicher Fastenkuren den therapeutischen Effekt dar. So war er der Auffassung, dass Patienten, die an fieberhaften Infekten litten auf keinen Fall durch zu viel Ernährung weiter geschwächt werden sollten, und der Körper vielmehr eine Fastenkur benötige, um wieder zu Kräften zu kommen. Diese These wurde von den meisten Schulmedizinern abgelehnt. Dewey wurde von den meisten belächelt und seinen Feststellungen mangelnde wissenschaftliche Begründungen unterstellt. Trotzdem konnte sich das Heilfasten zu dieser Zeit zunehmend auch unter den Schulmedizinern durchsetzen.
Ein großer Verfechter von Dewey war der deutsche Arzt Siegfried Möller. Er sah im Praktizieren des Fastens ein Gegenmittel der Busse und des körperlichen Verfalls. Möller schrieb außerdem zahlreiche Bücher zum Thema Fasten und praktizierte während einer schweren Krankheit diverse Fastenkuren auch an sich selbst.

Zur Jahrhundertwende kam es zu einer Trennung zwischen dem ganzheitlichen Fasten, das zwar auch physische Aspekte und Krankheiten behandeln aber auch die seelische und psychische Komponente nicht außer acht lassen sollte, von der schulmedizinischen Sichtweise. Diese war vor allem Dingen geprägt durch zahlreiche in tierexperimentellen Untersuchungen erforschten Erkenntnissen über den Hungerstoffwechsel. Man versuchte den Fastenvorgang ausschließlich naturwissenschaftlich zu ergründen und Für und Wider gegeneinander abzuwägen. Zu dieser Zeit der Trennung kam es auch zur Verhärtung beider Fronten. Viele Jahre später näherten sich die Mediziner und die Naturheilkundler wieder ein wenig an. Im Jahre 1937 zeigten die Internisten Dr. Grote, der vornehmlich schulmedizinische Praktiken anwandte und Alfred Brauchles, der ernährungstechnische physiologische Zusammenhänge darstellte, dass eine Zusammenarbeit beider Bewegungen möglich ist.
Während des dritten Reiches erlangte die Naturheilkunde und damit auch das Fasten einen neuen Höhepunkt. Grund waren die absoluten Befürworter der Naturheilkunde im Regime, die diese Art der Medizin besonders förderten. So wurde der Fastenkurerfinder Buchinger durch die Aufforderung zur Publikation diverser Fastenbücher eng mit dem Begriff Heilfasten und Naturheilkunde in Verbindung gebracht. Das Regime wollte erreichen, dass Fasten und Naturheilkunde sich in Deutschland weit verbreitete und flächendeckend angewandt wurde.

Fasten in der heutigen Medizin

Der Wissenschaftler Bloom stellte im Jahre 1959 erste Versuche an übergewichtigen Patienten an, die sich einer längeren Fastenkur unterzogen. Bei sehr stark übergewichtigen Patienten wurde eine Fastendauer von 249 Tagen erreicht. Der Erfolg war sehr vielversprechend, verloren die Patienten dabei einen Großteil Ihres Körpergewichtes (Fasten Abnehmen). Aus diesen Versuchen resultierte die heute noch bekannte „0-Diät“. Die Universität Ulm stellte ebenfalls zahlreiche Versuche zum Thema Fasten an und untersuchte physiologische Vorgänge während des Fastens. Fastenkuren wurden zu dieser Zeit bei Patienten stationär im Krankenhaus durchgeführt. Begleitende Behandlungen, wie Darmreinigung, psychische Betreuung etc. unterblieben aber. Das Hauptaugenmerk lag auf der Gewichtsreduktion und dementsprechend dem Abnehmen. So schnell die Patienten auch das Körpergewicht reduzieren konnten, so schnell nahmen sie auch am Ende der Fastenkur wieder zu. Des Weiteren konnten zahlreiche kreislaufbedingte Nebenwirkungen festgestellt werden. Die hohen Kosten der stationären Behandlung ließen die Krankenhausbetreiber bald die Überlegung anstellen, auf eine ambulante Behandlung umzuschwenken. Weitere Studien, die einen übermäßigen Eiweißabbau während des Fastens beschrieben, schmälerte die Fasteneuphorie. Mediziner rieten unbedingt zur Gabe von Eiweißen während des Fastens, unabhängig wie lange die Kur dauerte. Naturheilkundler entgegneten darauf, dass dieser Eiweißabbau zum Konzept des Fastens gehöre und eher die Genesung beschleunige. Wieder entstanden verhärtete Fronten zwischen Schulmedizin und Naturheilkundler.
Die Industrie erkannte ihre Chance und produzierte Nahrungsergänzungsmitteln mit eiweißhaltigen Zusatzstoffen, die vermehrt in Geschäften angeboten wurden und großen Absatz fanden. Das Fasten begann aus dem Fokus der Medizin herauszuwandern und in die Apotheken und Supermärkte Einzug zu nehmen, wo man zunehmend diese Präparate erstehen konnte. Immer mehr Menschen praktizierten das Fasten mit diesen Hilfsmitteln ohne ärztliche Aufsicht. Im Jahre 1978 starben 60 übergewichtige Patienten, die sich ohne ärztliche Betreuung einer Fastenkur mit Eiweißsubstitution unterzogen hatten. Das Fasten verlor seinen allheilenden Ruf und geriet in Vergessenheit. Auch heute noch zitieren Gegner des Fastens die Vorkommnisse aus dem Jahre 1978. Richtig ist, dass die Patienten nicht am Fasten, sondern durch fehlerhaft hergestellte Eiweißpräparate zu Tode kamen.
Eiweiß scheint die Hauptkritik am Fasten generell zu sein. So beschreiben Fastenkritiker immer einen zu hohen Eiweißverlust durch das Fasten verbunden mit dem Verlust von eiweißspeichernden Muskelfasern. Nicht vergessen darf man, dass der Mensch und das Tier in seiner Geschichte zahlreiche ungewollte Fastenperioden erfolgreich überstanden hat. Die Fastenbefürworter sehen mit diesem Argument die Eiweißverlustangst somit als unbegründet.
Heute wird das Fasten in einer etwas anderen Form angewandt. Es werden naturbelassene Produkte, die einen Gesamtbrennwert von 500 kcal nicht überschreiten den fastenden Patienten empfohlen. Des Weiteren wird den Patienten angeraten, die reduzierte Nahrungsaufnahme mit körperlichen Bewegung und Physiotherapie, Naturheilkunde, Psychotherapie und einer Diätschulung zu kombinieren. Die „Absegnung“ der Schulmedizin führte dazu, dass Fasten heute meistens wieder wie in alten Zeiten durchgeführt wird. So werden Fastenurlaube, Wanderturen und Kurse unter dem Motto „Fasten im Alttag“ angeboten. Oft gibt es einen nicht medizinischen Fastenleiter, der selbst meist nicht mitfastet und für Fragen und zur Beobachtung jedem Fastenteilnehmer zur Seite steht.
Nicht außer acht lassen darf man, dass auch heute noch zahlreiche zum Teil medizinische Institutionen ihr Geschäft mit dem Heilfasten gefunden haben. So werden von Reiseveranstaltern kommerzielle Fastenreisen und Wanderurlaube angeboten und rege genutzt. Außerdem gibt es nicht nur zahlreiche für Fastenliebhaber eigens hergestellte Nahrungsergänzungsmittel in der Apotheke und im Reformhaus zu kaufen, sondern zahlreiche niedergelassene Ärzte und Kliniken bieten zum Teil auch eine stationäre Fastenbehandlung an, die allerdings nicht von den Krankenkassen finanziert und somit vom Patienten selbst getragen werden müssen. Wichtig ist festzuhalten, dass eine ärztliche Beobachtung des Fastens zwar prinzipiell gut , ein stationär begleiteter Fastenurlaub aber oft unnötig ist. Wichtig ist vor einer Fastenkur eine ausführliche körperliche ärztliche Untersuchung durchführen zu lassen, um auszuschließen, dass die Patienten an Krankheiten leiden, bei denen ein Fasten unterbleiben sollte.
Des Weiteren sollte der Patient während einer Fastenkur seine Grenzen richtig einschätzen. So ist, wie beschrieben, das Hungergefühl, die Gereiztheit, der Schwindel und die Müdigkeit zu Beginn normal. Kommt es aber zu stärkstem Schwindel und Kreislaufproblemen sollte auch nicht gezögert werden die Fastenkur abzubrechen. Stark übergewichtige Menschen müssen zudem folgendes beachten:im Fettgewebe sind zahlreiche Giftstoffe des täglichen Lebens gespeichert. Durch das Fasten über lange Zeit kommt es zu einem radikalen Einschmelzen der Fettmassen mit einer verbundenen Freisetzung der Giftstoffe. Diese Giftstoffe können dann im Körper zu Nebenwirkungen führen und müssen beachtet werden. Wird eine Fastenkur zur Gewichtsreduzierung bei stark übergewichtigen Patienten durchgeführt, sollte man trotzdem, so raten die heutigen Mediziner, eine Mindestmenge an Kalorien zu sich nehmen, um die zum Teil sehr starke Giftstofffreisetzung einzudämmen. Bei bestimmten Erkrankungen ist es medizinisch indiziert auf Nahrung zu verzichten. Bei Entzündungen der Bauchspeicheldrüse oder bei diversen Magen-Darminfektionen sollte ein zeitlich begrenzter Nahrungsverzicht duchgeführt werden. Man spricht in diesem Fall aber nicht von Fasten, sondern von einer Nahrungskarenz.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 17.10.2010 - Letzte Änderung: 22.10.2021