Es gibt es viele Bänder im Knie, die der Stabilisation des Knies dienen. Jedes dieser Bänder kann reißen und es können auch mehrere Bänder gleichzeitig reißen. Häufige Ursachen für einen Bänderriss sind Sportarten, bei denen abrupte Stoppbewegungen ausgeführt werden. Je nach Ausmaß der Verletzung wird entschieden ob die eine konservative Therapie ausreicht oder ob eine Operation notwendig ist.
Spricht man von einem Bänderriss am Knie, so können damit verschiedenen Bänder gemeint sein. Am Knie können sowohl die Seitenbänder als auch die Kreuzbänder gerissen sein. In beiden Fällen ist ein Bänderriss (Synonym: Bandruptur) wie der Name schon sagt ein Riss bzw. Abriss der jeweiligen Bandstruktur.
Prinzipiell versteht man unter einem Bänderriss am Knie nicht unbedingt den kompletten Abriss, es kann sich auch lediglich um einen Anriss der Bandstrukturen handeln.
Das Knie gilt zudem als ein Gelenk, welches für eine Bandverletzung prädisponiert ist, da es einen langen Hebelarm hat.
Wichtige Bandstrukturen, die reißen können, sind zum einen die Seitenbänder (Außenbandriss, Innenbandriss), nämlich das Innen- und Außenband, und die beiden Kreuzbänder (vorderer Kreuzbandriss, hinterer Kreuzbandriss), vorderes Kreuzband und hinteres Kreuzband. Diese Bänder können theoretisch alle isoliert rupturieren, jedoch ist eine Bänderrisskombination sehr viel häufiger und wahrscheinlicher.
Erwähnenswert ist die Knieverletzung namens „Unhappy Triad“. Hierbei kommt es zu einer gleichzeitigen Ruptur von 3 Strukturen: dem Innenband, dem vorderen Kreuzband und dem Innenmensikus.
Zusätzlich zur Einteilung nach der betroffenen Bandstruktur kann man einen Bänderriss am Knie auch in eine frische oder chronische Verletzung einteilen.
Als häufige Ursache einer Bandruptur gilt die Rotationsbewegung im Kniegelenk bei fixiertem Unterschenkelknochen. Dadurch werden die Bänder so stark unter Stress gesetzt, dass sie ab einem gewissen Punkt diesem nicht mehr standhalten können und daraufhin abreißen. Jenen bestimmten Zeitpunkt nennt man Elastizitätspunkt. Wird er überschritten ist ein Bänderriss die Folge, vorher kann es bereits zu Zerrungen oder Dehnungen der Bänder kommen.
Solche Rotationstraumen sind für sportliche Aktivitäten wie Fußballspielen, Squash oder Handball typisch, da es hier oft zu schnellen Richtungswechseln kommt und sich das Knie dabei verdreht. Neben den häufigen Sportverletzungen kann es auch bei Verkehrsunfällen zu einer Ruptur der Bänder des Knies kommen.
Besonders anfällig ist dabei das hintere Kreuzband. Im sitzenden Zustand ist unser Kniegelenk ungefähr 90° angewinkelt. In diesem Moment sind die Seitenbänder etwas gelockert und nicht wie in ausgestreckter oder stehender Position gespannt. Dadurch fällt ein großer, das Kniegelenk vor Rotation sichernder und stabilisierender Faktor, weg, sodass sich äußere Gewalteinwirkungen wie ein Auffahrunfall auf die Kreuzbänder auswirken.
Wie bei der Dreifachverletzung „Unhappy Triad“ ist es nicht unüblich, dass neben den Bändern auch andere Strukturen des Kniegelenks, wie die Menisken oder knöcherne Anteile, in Mitleidenschaft gezogen werden.
Heutzutage wird außerdem die Annahme diskutiert, dass bei manchen Menschen eine gewisse Prädisposition für einen Bänderriss am Knie vorliegt. So geht man aktuell davon aus, dass die vorderen Kreuzbänder einer Frau häufiger reißen als die eines Mannes. Wieso das so ist, kann man nicht erklären.
Ein Bänderriss am Knie ist eine sehr schmerzhafte Verletzung. Der stechende und starke Schmerz setzt unmittelbar nach dem Rupturereignis, welches manchmal als „ploppendes“ oder knallendes Geräusch hörbar ist, ein. Die Quelle des Schmerzes hängt davon ab, welches Band am Knie gerissen ist. Neben dem Leitsymptom Schmerz geht ein Bänderriss in der Regel immer mit einer Schwellung des Kniegelenks einher. Die Schwellung lässt sich auf einen Gelenkerguss zurückführen, welcher meistens blutig ist und daher auch den Namen Hämarthros trägt. Jene beiden Symptome sind sehr charakteristisch für einen Bänderriss am Knie.
Welche Struktur letztendlich genau betroffen ist, lässt sich durch die eintretende Instabilität näher eingrenzen. Betroffene, deren Innen- oder Außenbänder betroffen sind, knicken vermehrt nach innen oder außen weg. Liegt eine Kreuzbandruptur vor, verspüren manche Patienten das Gefühl, dass der Unterschenkel unter dem Kniegelenk nach vorne wegrutscht. Generell ist aufgrund des Stabilitätsverlustes eine Gangunsicherheit erkennbar.
Ein Bänderriss geht in der Regel zudem mit einer Bewegungseinschränkung einher. Durch das Gelenkerguss und die damit verbundene Schwellung ist der Bewegungsgrad limitiert. Auch das eigene Schmerzempfinden schränkt die weitere Beweglichkeit und Belastbarkeit ein.
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Das diagnostische Spektrum bei einem Bänderriss am Knie ist relativ breit gefächert. Bevor apparative diagnostische Mittel wie das Röntgen oder die Kernspintomographie verwendet werden, bietet die klinische Untersuchung viele Möglichkeiten anhand von Stabilitätstests zu prüfen, ob ein Bänderriss vorliegt und wenn ja, welches Band betroffen ist.
Zuerst stehen, wie bei jeder Untersuchung, jedoch die Inspektion und Palpation des Kniegelenks an. Hier können bereits erste wichtige Hinweise auf einen Bänderriss erkannt werden: Liegt eine frische Bandruptur vor, kommt es häufig zu der Begleiterscheinung des blutigen Gelenkergusses, dem sogenannten Hämarthros. Ein akutes Hämarthros zeigt sich als geschwollene, leicht verfärbte Hautveränderung am Kniegelenk.
Palpatorisch kann man das Zeichen der „tanzenden Patella“ prüfen, um einen Gelenkerguss festzustellen. Dazu streicht der Arzt mit der einen Hand dem liegenden Patienten mit ausgestrecktem Bein den Recessus suprapatellaris, ein Schleimbeutel, aus. Gleichzeitig drückt er mit der anderen Hand auf die Kniescheibe (Patella) und achtet dabei auf einen federnden Widerstand, welcher hinweisend auf einen Kniegelenkserguss ist.
Mit den verschiedenen Stabilitätsuntersuchungen gibt es für jede Gruppe von Bändern des Kniegelenks spezifische Tests, mit denen eine vermehrte Beweglichkeit aufgrund einer Bandruptur nachgewiesen werden kann und im Anschluss an Inspektion und Palpation durchgeführt werden können.
Als erstes werden das Innen– und Außenband getestet. Dabei setzt man das Knie unter Valgus– und Varusstress. Darunter versteht man die Belastung des Knies inklusive der Bandstrukturen durch Kräfte, die das Gelenk einmal nach lateral (= Valgusstress) und ein zweites Mal nach medial (= Varusstress) abknicken lässt.
Mit der Durchführung des Valgusstress werden die lateralen Bänder gestaucht und die medialen Innenbänder gedehnt und auf ihre Stabilität hin getestet. Mithilfe des Varusstress kontrolliert man die Funktionalität des Außenbandes. Eine vermehrte „Aufklappbarkeit“ beim Abknicken verhärtet den Verdacht eines Bänderrisses. Zudem können durch die beiden Tests provozierten Schmerzen Hinweis auf eine Meniskusläsion sein.
Zur Kontrolle der Kreuzbänder kann das Schubladenphänomen und der Pivot-Shift-Test durchgeführt werden.
Mit dem Schubladenphänomen wird die Instabilität im Sinne einer vermehrten Verschieblichkeit geprüft, indem der Arzt das Knie des Patienten anwinkelt, sich auf die Fußspitze setzt und den Unterschenkel umfasst. Nun zieht er den Unterschenkel einmal nach vorne und drückt im Anschluss nach hinten. Eine vordere Instabilität spricht für eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes, eine hintere Instabilität für die des hinteren Kreuzbandes.
Ein weiterer Test, der bei einer vorderen Kreuzbandruptur positiv ist, ist der Pivot-Shift-Test, auch Subluxationstest genannt. Hierbei drückt man den Unterschenkel gegen das Knie und führt dann gleichzeitig eine Innenrotation unter Valgusstress durch. Der Pivot-Shift-Test ist dann als positiv zu bewerten, wenn es zu einer schmerzhaften Subluxation, eine unvollständige Gelenkausrenkung des Tibiaplateaus nach vorne außen kommt.
Bei Verdacht auf einen Bänderriss wird in den allermeisten Fällen auch eine Bildgebung des Kniegelenks gemacht. Hier ist ein MRT des Knies am besten, da hier die Bandstrukturen am besten beurteilt werden.
Ein weiterer Test, der in der Durchführung dem Schubladenphänomen ähnelt und wie der Pivot-Shift das vordere Kreuzband prüft, ist der Test nach Lachmann. Im Unterschied zum Schubladenphänomen ist das Kniegelenk nicht in 90° sondern nur 30° angewinkelt. In dieser leichten Flexionsstellung kann dann ebenfalls die Verschieblichkeit kontrolliert werden.
All diese klinischen Stabilitätsuntersuchungen dienen zur Diagnosestellung einer frischen Bandläsion. Liegt eine chronische Bandverletzung vor, so ist eine Umfangsminderung der Oberschenkelmuskulatur erkennbar.
Als Sicherstellung der Verdachtsdiagnose eines Bänderrisses wird so gut wie immer ein Kernspin des Knies verordnet. Die Kernspintomographie bedient sich im Vergleich zum Röntgen nicht der Röntgenstrahlung, sondern dem Magnetfeld und den Radiowellen. Bänderrisse können mit diesem schnittbildgebenden Verfahren sehr gut detektiert werden. Röntgenaufnahmen erfassen eher knöcherne Strukturen, sodass häufig ein Röntgenbild zum Ausschluss einer begleitenden Fraktur angeordnet wird.
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Die Wahl der Behandlung richtet sich im Falle eines Bänderrisses nach dem Ausmaß der verletzten Bänder, ob die Bänder völlig oder nur teilrupturiert sind und ob weitere Strukturen in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Eine Erstmaßnahme sollte unabhängig von der Entscheidung zur konservativen oder operativen Therapie die Anwendung des PECH-Schemas sein. Die Buchstaben beinhalten die jeweiligen Behandlungsschritte: So sollte man zu allererst mit der Belastung des Knies aufhören (P = Pause) und im Anschluss die betroffene Region kühlen (E = Eis). Des Weiteren ist es wichtig das Knie zu Bandagieren oder mit kühlen Wickeln zu komprimieren (C = Compression) und danach hochzulegen (H = Hochlagern). Alle 4 Schritte verfolgen das Ziel der Schwellungsreduktion und der Schmerzlinderung.
Die Entscheidung eine Bänderriss konservativ zu behandeln wird in der Regel dann getroffen, wenn es sich um einen isolierten Bänderriss oder einen Teilabriss handelt. Unterstützt wird die konservative Therapiewahl zudem durch die Annahme, dass die leichte Instabilität aufgrund des Bänderrisses durch die umliegende, gut ausgeprägte Muskulatur kompensiert werden kann. Außerdem ist es nicht unüblich, dass Betroffenen erst lange Zeit nach dem Rupturereignis bedingt durch wachsende Beschwerden einen Arzt aufsuchen. Alte Bänderrisse werden in solchen Fällen auch nicht mehr operativ sondern konservativ versorgt.
Diese konservative Behandlung erfolgt in Form von Stützschienen, sogenannten Orthesen oder einem Gipsverband. Durch jene Hilfsmittel ist eine Entlastung, Stabilisierung und Ruhigstellung des Kniegelenks gewährleistet, sodass die Strukturen stressfrei regenerieren können. Die Schiene hält das Kniegelenk in der richtigen Position und hält die Strukturen während der Bewegung in Führung. Ein isolierter Innen –oder Außenbandriss kann zum Beispiel durch einen 6 wöchigen Gipsverband ruhiggestellt werden.
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Nach Rückgang der Beschwerden, also der Schmerzen und Schwellung, ist es sinnvoll mit einer physiotherapeutischen Behandlung zu beginnen, um hierbei die Bänder und umliegende Muskulatur wieder zu stärken. Das Krafttraining und auch die koordinative Bewegungsschule sollen das Kniegelenk in sich wieder stabilisieren, um eine erneute Verletzung weniger wahrscheinlich zu machen und die einstige Belastungstoleranz wieder zu erlangen. Die Instabilität wird also durch ein gezieltes Muskelaufbautraining soweit kompensiert, dass Betroffene ihr Kniegelenk selbst durch rein konservative Betreuung wieder voll belasten können.
Kann die Stabilität nicht durch eine konservative Behandlung wiedererlangt werden, wird die Indikation einer operativen Behandlung gestellt. Weitere Kriterien, die für eine OP sprechen sind die Mitbeteiligung von Knorpel-Knochen-Schäden, frische und komplizierte Bänderrisse (z.B. „Unhappy Triad“) oder das Nichtansprechen auf eine konservative Therapie. Letztgenannter Aspekt ist trotz Compliance des Patienten bezüglich seiner konservativen Behandlung in Form von Ruhe, Schonen und Physiotherapie, häufig der Fall.
Je nachdem welche Bandstruktur gerissen ist, wird entsprechende Operationstechnik gewählt. Generell sind Kapselbandplastiken dann indiziert, wenn muskulär keine Stabilität möglich ist und die Patienten noch sehr jung sind. In der Regel werden hierfür Teile des Ligamentum patellae oder des M. semitendinosus entnommen und als Bandersatz eingesetzt. Die Indikationsstellung zur Operation speziell bei einem Kreuzbandriss ist vor allem für junge, sportliche Patienten vorteilhaft, da Studien erwiesen haben, dass jene Gruppe von einer Wiederherstellung durch Bandplastiken enorm profitieren und die volle Stabilität und Belastungsfähigkeit zurückgewinnen können.
In der Regel erfolgt der Eingriff in Form einer Gelenkspiegelung, der sogenannten Gelenkarthroskopie. Dabei handelt es sich um eine minimal-invasiven Eingriff, bei dem die benötigten Instrumente lediglich über kleine Hautinzisionen eingebracht werden und keine größeren OP-Narben zurückbleiben. Die Dauer der Arthroskopie am Knie ist im Vergleich zu einer offenen Operation deutlich reduziert.
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