Aneurysmatische Knochenzyste

Bei der aneurysmatischen Knochenzyste handelt es sich um einen gutartigen Knochentumor. Die im Knochen befindliche, blutgefüllte Zyste wird dabei durch Septen in mehrere einzelne Hohlräume unterteilt. Diese Knochenläsion tritt vor allem bei jungen Menschen auf.

Aneurysmatische Knochenzyste

Definition

Die aneurysmatische Knochenzyste gehört in die Kategorie der gutartigen Knochentumore. Es handelt sich dabei um eine im Knochen befindliche, blutgefüllte Zyste, welche durch Septen in mehrere einzelne Hohlräume unterteilt, also gekammert, ist.
Eine aneurysmatische Knochenzyste tritt in der Regel in einem Alter von 10-20 Jahren auf, ist somit also eine Knochenläsion des jungen Menschen. Ein Großteil der aneurysmatische Knochenzyste wird definitiv vor dem 20. Lebensjahr diagnostiziert. Die beiden Geschlechter sind gleichermaßen betroffen.

Eine aneurysmatische Knochenzyste kann sich generell an jedem Knochen des menschlichen Körpers ausbilden. Prädisponierte Stellen sind allerdings der Oberschenkelknochen (lat. Femur) und einer der beiden Unterschenkelknochen, nämlich das Schienbein (lat. Tibia). In jenen beiden Knochen ist jeweils der Bereich der Metaphyse, also der Teil zwischen Knochenschaft und gelenkbildendem Knochenanteil, der häufigste Manifestationsort. Außerdem tritt eine aneurysmatische Knochenzyste oft in der Wirbelsäule auf.

Als wichtigste Differentialdiagnose zur aneurysmatische Knochenzyste ist die juvenile Knochenzyste zu nennen. Mithilfe bildgebender Verfahren ist eine klare Differenzierung jedoch möglich.

Lesen Sie hier mehr zum Thema Juvenile Knochenzyste

Ursachen

Die Ursachen einer aneurysmatischen Knochenzyste sind relativ klar zu definieren. Es gibt eine Variante, die in etwa 80% zutrifft und bei der es sich um eine primäre idiopathische Knochenzyste handelt. Idiopathisch heißt, dass die Ursache für die Zystenbildung nicht näher bekannt ist oder definiert werden kann.
Die zweite Möglichkeit für die Ursache einer aneurysmatischen Knochenzyste ist die, dass sie sekundär im Rahmen von anderen bösartigen Knochenläsionen entstanden oder als Begleiterscheinung anderer Erkrankungen aufgetreten ist. Zudem gibt es keine nennenswerten Risikofaktoren oder geschlechtliche Prädispositionen im Zusammenhang mit der aneurysmatischen Knochenzyste, welche einen kausalen Einfluss haben könnten.

Symptome

Die aneurysmatische Knochenzyste ist eine relativ beschwerdearme Knochenläsion. Es treten nur selten Schmerzen und Schwellungen auf. In Ausnahmefällen kann eine Schwellung allerdings so ausgeprägt sein, dass sie einen Tumor, also eine Raumforderung vortäuschen kann, die von außen sichtbar ist. Häufig bemerken Betroffene überhaupt nicht, dass sie eine aneurysmatische Knochenzyste haben. Sie wird oft erst erkannt, wenn es als Folge oder Begleitsymptomatik zu einem Bruch des befallenen Knochens kommt. Durch die Zyste ist der Knochen weniger stabil und resistent, sodass er bei unverhältnismäßig geringer Belastung brechen kann. Somit ist die aneurysmatische Knochenzyste häufige ein Neben –oder Zufallsbefund bei Anfertigung von Röntgen –oder MRT-Bildern aufgrund anderer Indikationen.
Da es sich bei der aneurysmatischen Knochenzyste um einen gutartigen Knochentumor handelt, treten auch kein Gewichtsverlust, Nachtschweiß oder Fieber auf, wie sie bei einem bösartigen Tumor zu erwarten wären.

Falls Sie mehr über die Abgrenzung zu den bösartigen Knochentumoren wissen möchten, lesen Sie hier mehr zum Thema Knochenkrebs

Diagnose

Die Diagnosestellung einer aneurysmatischen Knochenzyste erfolgt mittels bildgebender Verfahren.

Eine klinische Diagnosestellung ist schwer bis unmöglich, da es keine typischen Symptome gibt, die für eine alleinige klinische Diagnosestellung ausreichend wären. Außerdem äußert sich die aneurysmatische Knochenzyste bei Betroffenen sehr variabel. Gibt es allerdings Hinweise in Form von Schmerzen oder Schwellungen an prädisponieren Knochen oder liegt ein Knochenbruch vor, der vermutlich durch eine Knochenzyste provoziert wurde, so wird zu allererst ein Röntgenbild in 2 Ebenen angefertigt. Hier kann man ganz klar die knöcherne Läsion erkennen, die sich meistens im Bereich der Metaphyse befindet und scharf abgrenzbar ist. Man spricht auch von einer „osteolytischen“ Läsion, also ein Abbau oder eine Auflösung der knöchernen Struktur im Bereich der Zyste.

Falls der Befund nach der Röntgenaufnahme noch immer nicht ganz klar ist oder der Befund von der Differentialdiagnose einer juvenilen Knochenzyste nicht abzugrenzen ist, wird eine MRT-Aufnahme angefertigt. Im MRT sieht man eine blutgefüllte Knochenläsion, die im Gegensatz zu der juvenilen Knochenzyste charakteristischer Weise gekammert, also durch ein Septum getrennt ist. Eine Diagnosesicherung kann letztendlich auch durch eine offene Biopsie erfolgen.

MRT

Eine MRT-Aufnahme wird im Rahmen der Diagnostik einer aneurysmatischen Knochenläsion erst dann angefertigt, wenn zuvor ein Röntgenbild gemacht wurde. Charakteristischerweise stellt sich die aneurysmatische Knochenzyste im MRT als eine knöcherne, mit Blut gefüllte Läsion dar, welche in sich durch Septen gekammert ist. Sie ist an Röhrenknochen, wie dem Oberschenkel, meistens im Bereich der  Metaphyse anzutreffen. Ein typisches Phänomen der aneurysmatischen Knochenzyste im MRT nennt sich „fluid-fluid-level“. Dies beschreibt ein sogenanntes Schichtungsphänomen, welches durch das Absinken von Bestandteilen im Blut, welches sich in der Zyste befindet, entsteht. Das Schichtungsphänomen kann wie eine weitere Unterteilung der bereits gekammerten Zyste aussehen, da sich die abgesetzten Blutbestandteile bzw. Sedimente linienartig darstellen. Man kann im MRT Bild die Differentialdiagnose einer juvenilen Knochenzyste durch die vorhandene Septierung sehr gut ausschließen, da die gekammerte Knochenzyste ein Merkmal der aneurysmatischen Knochenzyste ist.  

Behandlung

Als konservativer Behandlungsansatz bleibt einzig und allein bei Bedarf eine symptomorientierte Schmerztherapie. Welches Schmerzmittel am ehesten für Sie infrage kommt, ist unter anderem abhängig von Vorerkrankungen oder Allergien. Sprechen Sie die Schmerztherapie daher mit Ihrem Arzt ab.

Bei der aneurysmatischen Knochenzyste muss stattdessen vielmehr operativ therapiert werden. Eine operative Versorgung der aneurysmatischen Knochenzyste beinhaltet eine Ausräumung der mit Blut gefüllten Zyste. Die Ausräumung der Knochenzyste geht meistens  mit einer sorgfältigen Ausschabung, in der Fachsprache Kürettage genannt, einher. Außerdem wird die Läsion mit sogenannter Spongiosa, ein Material, welches sich physiologischerweise im Innenraum des Knochens befindet, aufgefüllt.
Alternativ zu Spongiosamaterial kann die Zyste auch vorerst mit Knochenzement befüllt werden. In einer zweiten OP kann zu einem späteren Zeitpunkt der Zement durch körpereigene Spongiosa beispielsweise aus dem Beckenkamm ersetzt werden.

Ein mögliches aber nur selten angewendetes Therapieverfahren ist die Bestrahlung der Zyste. Da Betroffenen meist sehr jung sind, hat dieser Ansatz durch die hohe Strahlenbelastung keinen signifikanten Nutzen und wird daher nur in Ausnahmefällen mit aggressiven Zystenformen eingesetzt. Die Behandlung einer aneurysmatischen Knochenzyste ist im Allgemeinen relativ schwierig, da nur wenige Knochenzysten gut auf die Therapie reagieren und es einige Jahre später nur selten zu keinem Rezidiv kommt. Da die meisten aneurysmatischen Knochenzysten zudem primär idiopathisch, also unbekannter Ursache sind, ist auch keine direkte kausale Therapie möglich.   

Wann ist eine OP notwendig?

Eine operative Versorgung einer aneurysmatischen Knochenzyste ist so gut wie immer indiziert. Eine OP ist nur dann nicht notwendig, wenn keinerlei Beschwerden vorliegen, keine Frakturanfälligkeit besteht und sich eine spontane Rückbildungstendenz abzeichnet. Da dies fast nie der Fall ist, reicht eine alleinige konservative Behandlung in Form von Schmerztherapie und abwarten, ob sich die Zyste zurückbildet, nicht aus. Eine operative Versorgung ist zwar aufgrund der hohen Rezidivrate nicht immer langfristig erfolgreich, jedoch stellt sie die einzige Möglichkeit dar, die aneurysmatische Knochenzyste vorerst zu bekämpfen. Sobald eine aneurysmatische Knochenzyste also als Haupt – oder Nebenbefund im Röntgen und/oder MRT diagnostiziert wurde, kann ein operatives Vorgehen individuell geplant werden.

Dauer

Der Heilungsprozess einer aneurysmatischen Knochenzyste dauert unterschiedlich lange. Es kommt darauf an, wie ausgeprägt der Befund ist, wie alt der/die Betroffene ist und ob es bereits zu einem Bruch des beteiligten Knochens gekommen ist, welcher in Zusammenhang mit der  aneurysmatischen Knochenzyste steht. Die Therapiedauer inklusive des Heilungsprozesses erstreckt sich in der Regel über Wochen bis Monate. Genau Angaben sind eher schwierig zu treffen, da unter anderem das Therapieverfahren variabel ist und Betroffene unterschiedlich gut darauf ansprechen. Zudem ist zu sagen, dass es selbst nach vollständiger Ausheilung zu einem Wiederauftreten der aneurysmatischen Knochenzyste kommen kann. Besonders anfällig für ein Lokalrezidiv sind Kinder, bei denen die aneurysmatische Knochenzyste vor dem 10. Lebensjahr aufgetreten ist.  Bösartige Entartungen die eine längere Heilungs –und vor allem Therapiedauer mit sich bringen würden, kommen im Rahmen einer aneurysmatischen Knochenzyste nur relativ selten vor.

Lokalisation der Knochenzyste

Knochenzyste im Kiefer

Der Kiefer als ein Manifestationsort der aneurysmatischen Knochenzyste ist eher selten. Typische Lokalisationen sind stattdessen der Oberschenkelknochen (lat. Femur), das Schienbein (lat. Tibia) und die Wirbelsäule. In weniger als 2% der Fälle tritt eine aneurysmatische Knochenzyste allerdings im Kiefer auf. Hierbei bildet sich die Zyste häufiger im Unter –als im Oberkiefer aus. Das Beschwerdebild einer aneurysmatische Knochenzyste im Kiefer erstreckt sich von symptomlosen Zysten bis hin zu entstellenden Deformitäten des Gesichts durch ein enormes Wachstum der Zyste.

Im Kiefer ist es besonders wichtig, auszuschließen, dass es sich um eine vaskuläre Zyste handelt. Ist dies erfolgt gelten alle diagnostischen Maßnahmen einer aneurysmatische Knochenzyste jeglicher Lokalisation: Bildgebung in Form von Röntgen und MRT, sowie eine Biopsie zur weiteren Untersuchung des Gewebes. Dementsprechend ist auch eine allgemeine Behandlung in Form einer operativen Versorgung bei einer aneurysmatische Knochenzyste im Kiefer notwendig.

Knochenzyste im Oberschenkel

Die aneurysmatische Knochenzyste im Oberschenkel gilt als eine typische Lokalisation. Zum Teil wird eine Zyste im Oberschenkel durch Schmerzen auffällig, die gegebenenfalls bis in die Beine und den Rücken ausstrahlen können. Anderenfalls kann eine aneurysmatische Knochenzyste am Oberschenkel auch als Zufallsbefund entdeckt werden.

Bei jungen Leuten bis zum 20. Lebensjahr ist eine aneurysmatische Knochenzyste im Oberschenkel tendenziell symptomärmer. Bei älteren Betroffenen ist das Risiko für einen Knochenbruch signifikant erhöht. Nicht selten stellen gerade sie sich mit einem Bruch des Oberschenkels vor, der aufgrund einer aneurysmatische Knochenzyste entstanden ist. Durch die zystische Raumforderung ist die knöcherne Struktur geschwächt, weniger stabil und bei bereits geringerer Belastung für einen Bruch anfällig. Diagnostisch wird die aneurysmatische Knochenzyste am Oberschenkel durch eine Röntgen –und MRT-Aufnahme gesichert und dann entsprechend operativ therapiert.

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen zu verwandten Themen finden Sie auf folgenden Seiten:

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 19.10.2017 - Letzte Änderung: 25.07.2023