ACTH wird in der Hypophyse gebildet und wandert zu der Nebennierenrinde. Dort stimuliert es diese und führt zu einer Ausschüttung von Cortison. Cortison ist für den Menschen überlebenswichtig und muss fein reguliert werden. Über Rückkopplungsmechanismen durch das ACTH wird dies gewährleistet.

ACTH

Definition

ACTH ist die Abkürzung für Adrenokortikotropes Hormon. Dieses Hormon wird in der Hypophyse gebildet und an das Blut abgegeben. Durch die Ausschüttung von ACTH wird die Produktion und Ausschüttung von Cortison in der Nebennierenrinde gesteuert. Auch die Insulinausschüttung wird durch ACTH beeinflusst.

Im Laufe des Tages verändert sich der ACTH-Spiegel im Blut. Dies nennt man zirkadianen Rhythmus. Verschiedene Umwelteinflüsse, wie die Temperatur, können die Produktion beeinflussen. Bei verschiedenen Erkrankungen kann der ACTH-Spiegel im Blut verändert sein und dies hat schwere Folgen für den ganzen Körper.

Die Funktion von ACTH

Das Adrenokortikotrope Hormon aus der Adenohypophyse gehört zur Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse. Der Hypothalamus stellt ein wichtiges Areal im Gehirn dar, welches zahlreiche Körperfuktionen steuert. Die Hypophyse ist eine Hormondrüse, welche den Hormonhaushalt steuert. Zunächst wird im Hypothalamus ein Hormon ausgeschüttet, welches die Ausschüttung des ACTH in der Hypophyse auslöst und dieses gelangt dann in die Nebennierenrinde und stimuliert die Ausschüttung des Hormons Cortisol.

Cortisol hat viele Wirkungen im Körper. In der Leber führt Cortisol zu einer Produktion von Zuckern, der Gluconeogenese, und dem Abspeichern dieses Zuckers als Energiereserve. In den Armen und Beinen führt Cortisol zu einem Fettabbau, da dieses Fett zur Energiebereitstellung genutzt wird. Auch der Blutdruck steigt durch Cortisol an. Muskelgewebe wird eher abgebaut und auch die Knochen werden abgebaut. Außerdem wirkt Cortisol immunsuppressiv. Das heißt die Produktion von ACTH führt über Cortisol zu einer Abschwächung der körpereigenen Abwehr.

Bei zu viel Cortisol führt dies zu einer Rückkopplung und der Körper produziert weniger ACTH und folglich wird auch weniger Cortisol ausgeschüttet. Hormone, wie Cortisol, können auch als Medikamente verwendet werden, um gezielt andere Hormonspiegel, wie das ACTH, zu steuern.

Lesen Sie hier mehr zum Thema: Die Wirkung von Cortison.

Der Funktionskreislauf

Verschiedene Hormone können sich gegenseitig beeinflussen und die Produktion hemmen oder stimulieren. Diese Systeme sind eng aufeinander abgestimmt. Beim ACTH handelt es sich um einen Bestandteil der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse.

Der Hypothalamus (übergeordnetes Kontrollzentrum des Gehirnes) produziert CRH, welches in die Hypophyse (Hormondrüse) gelangt. Dort wird in der Folge ACTH hergestellt und an das Blut abgegeben. Wenn das ACTH in die Nebennierenrinde gelangt wird dort Cortisol ausgeschüttet. Gelangt ACTH jedoch in zu großen Mengen wieder an den Hypothalamus wird die Produktion von CRH und allen folgenden Hormonen gehemmt. Auch Cortisol kann die anderen Schritte beeinflussen. Wenn der Cortisolspiegel zu hoch ist, werden weniger CRH und weniger ACTH produziert.

Die Ausschüttung der einzelnen Schritte hängt jedoch auch von externen Faktoren ab. Zunächst verläuft die Produktion nach einer zirkadianen Rhythmik. Das heißt, dass abhängig von der Uhrzeit, im 24-Stunden-Rhythmus, unterschiedliche Hormonmengen ausgeschüttet werden. Auch die Temperatur oder körperlicher oder psychischer Stress können die Hormonausschüttung regulieren. Daher haben Menschen, welche dauerhaft unter Stress stehen, höhere Cortisolspiegel und ein schwächeres körpereigenes Abwehrsystem.

Lesen Sie auch den Artikel: Hormone der Nebennierenrinde.

Der Stimulationstest

Bei dem Stimulationstest versucht der Arzt herauszufinden, ob eine sogenannte primäre Nebennierenrinden-Unterfunktion vorliegt. Der Test wird bei einem nüchternen Patienten durchgeführt und der Betroffene sollte währenddessen ruhig im Bett liegen.

Zunächst wird bei dem Betroffenen der Cortisolspiegel bestimmt. Danach wird ein künstlich hergestelltes ACTH über einen venösen Zugang direkt in das Blut gespritzt. So simuliert der Arzt eine gesteigerte Ausschüttung von ACTH und gibt der Nebennierenrinde den Befehl mehr Cortisol auszuschütten. Eine gesunde Nebenniere würde darauf nun erwartungsgemäß Cortisol ausschütten. Nach einer halben und einer ganzen Stunde werden erneut Proben genommen und der Cortisolspiegel bestimmt.
Bei einem fehlenden Anstieg kann von einer primären Nebennierenunterfunktion oder einer schon länger bestehenden sekundären Nebennierenunterfunktion ausgegangen werden.

Der Test kann zu Überempfindlichkeitsreaktionen führen und Hautreaktionen, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen und Juckreiz verursachen. Bei einem akuten allergischen Schock muss direkt gegengesteuert werden.

Informieren Sie sich hier rund über die Themen:

Normalwerte von ACTH

Normalwerte bei Laborwerten sind immer nur statistisch ermittelte Werte. Eine leichte Abweichung muss daher keinen Krankheitswert haben.
Da ACTH einer zirkadianen Rhythmik unterliegt sind die Werte je nach Uhrzeit unterschiedlich. Zwischen acht und zehn Uhr liegt der Normwert zwischen 10 und 60pg/ml. Am Abend gegen 21 Uhr befindet sich der Wert zwischen 3 und 30pg/ml.

Bei dem Stimulationstest sollte der Wert um mindestens 70pg/ml ansteigen oder auf mindestens 200pg/ml ansteigen.

Die Folgen eines ACTH-Mangels

Ein ACTH-Mangel kann durch eine Unterfunktion der Hypophyse oder des Hypothalamus entstehen. Die Folge ist ein ebenfalls erniedrigter Cortisolspiegel. Die Betroffenen leiden dementsprechend unter den Folgen des Cortisolmangels.

Hierzu gehören Müdigkeit, Energielosigkeit und Gewichtsverlust bis hin zur Anorexie. Auch Muskel- und Gelenkschmerzen werden von Betroffenen beschrieben. Es kann zu Fieber und einer Anämie kommen. Besonders Kinder haben häufig eine Unterzuckerung durch den Mangel an Cortisol.
In vielen Fällen kommt es auch zu einem niedrigen Blutdruck, welcher bei einem plötzlichen Lagewechsel weiter abfällt. Frauen leiden oft unter trockener, juckender Haut und einem Verlust von Schamhaaren. Die Haut von Betroffenen wirkt alabasterfarben. Die Kombination dieser Symptome wird auch Morbus Addison genannt.

Eine Addison-Krise kann auch ausgelöst werden, wenn Betroffene dauerhaft Cortisol einnehmen und dieses plötzlich abgesetzt wird. Leicht abgewandelt können die Symptome bei einer primären Nebennierenunterfunktion sein. Hierbei sind jedoch die ACTH-Werte im Normbereich und nur der Cortisolspiegel ist erniedrigt.

Lesen Sie hier mehr zum Thema: Morbus Addison.

Die Folgen einer ACTH-Erhöhung

Eine gesteigerte ACTH-Ausschüttung führt zu einer gesteigerten Cortisol-Ausschüttung. Dies wiederum löst einen Morbus Cushing aus. Die Ursache einer erhöhten ACTH-Produktion ist häufig ein Tumor im Bereich der Hypophyse.

Betroffene leiden unter einer veränderten Fettverteilung. Während die Gliedmaßen dünner werden, nehmen die Betroffenen am Körperstamm und am Kopf zu. Dies wird auch Stammfettsucht genannt. Der Nacken wirft eine Fettfalte auf, welche als Büffelnacken bezeichnet wird und das Gesicht wird rundlich. Die Haut wird dünner und empfindlicher, wodurch es zu vermehrten Dehnungsstreifen, Hämatomen und Akne kommt. Bei Erwachsenen entwickelt sich eine Osteoporose und bei Kindern zeigt sich eine Wachstumsschwäche. Typisch ist auch ein Bluthochdruck und Atherosklerose (Verkalkung der Gefäße), sowie Ödeme. Betroffene entwickeln sekundär einen Diabetes Mellitus, da die Glukosetoleranz abnimmt.
In einigen Fällen kommt es zu einem Libidoverlust und einer fehlenden Menstruationsblutung. Betroffene sind zudem schnell reizbar und können auch eine Depression entwickeln. In schweren Fällen kommt es auch zu einer paranoiden Psychose. Durch die immunsuppressive Wirkung des Cortisols sind Betroffene sehr anfällig für Infekte. Die Wahrscheinlichkeit von tiefen Beinvenenthrombosen und Lungenembolien steigt ebenfalls an.

Mehr Informationen zum Thema Morbus Cushing finden Sie hier.

ACTH-assoziierte Erkrankungen

Die Erkrankungen, welche mit ACTH zusammenhängen, beziehen sich nahezu alle auf einen Mangel oder einer Überproduktion des Hormons. Verschiedene Tumore in der Hypophyse (übergeordnetes Kontrollzentrum des Gehirnes) oder im Hypothalamus (Hormondrüse) können die Produktion von ACTH steigern oder senken. Die Hormonproduzierenden Zellen in einem Tumor lassen sich nicht mehr durch die negative Rückkopplung beeinflussen und die Hormonspiegel nehmen immer weiter zu.

Eine gesteigerte Produktion kann zu einem Morbus Cushing, Diabetes Mellitus und Bluthochdruck führen. Eine gesenkte Produktion führt zu einer Nebennierenrindenunterfunktion. Hierbei sind die meisten Symptome auf den Cortisolmangel zu schieben, jedoch produziert die Nebennierenrinde auch noch andere Hormone, wie die Geschlechtshormone und Hormone für den Salz- und Wasserhaushalt des Körpers. ACTH wirkt also über die Nebenniere auf den ganzen Körper und kann eine Vielzahl an Erkrankungen auslösen.

Verschiedene andere Erkrankungen kommen zudem als Ursache für eine erniedrigte ACTH-Produktion in Frage. Hierzu zählen die Tuberkulose, das Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom, HIV und viele andere Krankheiten.

Erfahren Sie hier mehr zum Thema: Hypophysentumor.

ACTH bei Stress

Obwohl der Hauptfaktor für die Ausschüttung von ACTH das CRH aus dem Hypothalamus (übergeordnetes Kontrollzentrum des Gehirnes) ist, gibt es weitere Faktoren.
Bei langandauerndem Stress steigt die Produktion des ACTH deutlich an. Die dauerhaft erhöhten Spiegel führen über das Cortisol zu einer erhöhten Infekt-Anfälligkeit und Müdigkeit. Dies ist einer der Gründe, warum chronischer Stress krank machen kann.

Bei kurzzeitigem Stress wird ACTH kaum verändert und es kommt eher zur Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin, welche nur kurzwirksame Stresshormone sind.  

Lesen Sie auch den Artikel: Die Folgen von Stress

Weiterführende Information

Mehr Informationen zum folgenden Thema finden Sie unter:

Eine Übersicht aller Themen der Anatomie finden Sie unter: Anatomie A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 12.04.2019 - Letzte Änderung: 25.07.2023