Der Babinski-Reflex ist ein Fremdreflex, bei dem es durch Bestreichen des äußeren Fußrandes zu einem Hochziehen der Großzehe kommt, während alle anderen Zehen gebeugt werden.
Der Babinski ist eigentlich ein embryonaler Reflex, der nach wenigen Monaten verschwindet und dann nicht mehr auslösbar ist. Kommt es jedoch zu bestimmten Schädigungen des zentralen Nervensystems kann er wieder auslösbar sein und auf diese hinweisen.
Reflexe sind unbewusste Abfolgen aus einem Reiz, einer Überleitung und einer Reaktion auf diesen Reiz. Reflexe sind nicht bewusst auslösbar, da sie über das Rückenmark bzw. den Hirnstamm laufen, also nicht über das Großhirn, welches bewusste Bewegungen steuert. Es braucht also immer einen Auslöser, man spricht auch vom adäquaten Reiz. Allerdings kann das Gehirn über sogenannte supraspinale (von über dem Rückenmark kommende) Bahnen die Reflexe modifizieren und auch unterdrücken. Ein bekanntes Beispiel für einen solchen Reflex ist der Patellarsehnenreflex, wobei der Reiz hier das Beklopfen der Sehne mit dem Reflexhammer ist.
Beim Neugeborenen sind noch Reflexe aktiv, die später “abgeschaltet” werden, vermutlich handelt es sich hierbei um Schutzreflexe. Dazu zählt unter anderem der Babinski-Reflex, aber auch andere wie der Galant- oder Mororeflex. Im Laufe der ersten Lebensmonate werden diese Reflexe durch das Gehirn unterdrückt, weil sie nicht mehr benötigt werden.
Unter bestimmten Umständen wie Querschnittslähmungen können diese Reflexe wieder aktiv werden. Beim Babinksi-Reflex kommt es dabei durch kräftiges Bestreichen des äußeren Fußrandes zu einer Beugung der Zehen nach unten, die Großzehe hingegen wird entgegengesetzt nach oben gestreckt.
Der Babinski-Reflex ist (außer beim Neugeborenen/Säugling) ein pathologischer Reflex und sollte nicht auslösbar sein. Grund dafür ist, dass dieser wie die anderen embryonalen Reflexe durch supraspinale Zentren unterdrückt wird. Diese Nervenbahnen kommen aus dem motorischen Cortex des Großhirns, laufen in der Pyramidenbahn und werden auch als erstes Motoneuron bezeichnet. Das zweite Motoneuron ist jenes, das vom Rückenmark zum Muskel läuft. Wenn es zu einer Schädigung des ersten Motoneurons oder einer vorherigen Struktur im Großhirn entfällt die Regulation des zweiten Neurons und es kommt zu Symptomen, die unter dem Begriff Spastik oder spastische Lähmung zusammengefasst werden. Neben der Reaktivierung des Babinski-Reflexes kommt es dabei zu weiteren Symptomen wie:
erhöhte Muskelspannung
gesteigerte Reflexe
Kloni (unkontrollierte, rhythmische Zuckungen)
Da diese Symptome auf eine Schädigung der erwähnten Pyramidenbahn zurückzuführen sind nennt man sie auch Pyramidenbahn-Zeichen.
Ursachen für eine solche Spastik mit positiven Babinski-Reflex gibt es sehr viele, im Grunde führt jede Erkrankung mit Schädigung des ersten Motoneurons zu einer solchen. Eine wichtige Ursache hierfür sind Schlaganfälle. Doch auch die Multiple Sklerose oder Unfälle mit Querschnittslähmungen können zu diesen Symptome führen.
Lesen Sie hier mehr über den Aufbau des Nervensystems
Ein positiver Babinski-Reflex ist immer ein möglicher Hinweis auf eine Schädigung des zentralen Nervensystem, bei dem eine Suche nach der Ursache erfolgen sollte. Hierzu dienen je nach vermuteter Ursache verschiedene Untersuchungen. Neben neurologischen Tests im Rahmen einer körperlichen Untersuchung gehören hierzu das CT oder MRT, die Lumbalpunktion, Elektromyographie, Elektroneurographie, EEG und viele weitere Untersuchungen.
Zu beachten ist immer, dass ein positiver Babinski-Reflex eine Pyramidenbahn-Schädigung nicht beweist und ein negativer Babinski-Reflex diese auch nicht sicher ausschließt!
Ein Babinski Reflex tritt im Rahmen einer spastischen Lähmung durch Schädigung der Pyramidenbahn auf. Wichtigste Begleitsymptome sind daher:
Lähmungen bei gleichzeitig gesteigerter Muskelspannung
gesteigerte Reflexe
überspringende Reflexe oder verbreiterte Reflexzonen
Muskelklonus
Eine pauschale Aussage über die Behandlung kann nicht getroffen werden. Während ein Schlaganfall ein akutes Krankheitsbild ist und notfällig behandelt werden muss, ist eine Multiple Sklerose in der Regel kein Notfall und wird gänzlich anders therapiert. Auch Dauer und Prognose sind nur von der Ursache abhängig und können in unseren jeweiligen Artikeln nachgelesen werden.
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