Procain ist ein Betäubungsmittel, dem vor allem eine historische Bedeutung zukommt. Procain wurde in der Zahnmedizin als erstes Mittel der lokalen Schmerzunterdrückung während des Eingriffes verwendet.
Procain ist ein örtliches Betäubungsmittel (Lokalanästhetikum), dem vor allem historische Bedeutung zukommt. Es wurde in der Zahnmedizin als erstes Mittel zur lokalen Schmerzunterdrückung während eines Eingriffes angewandt.
Procain kommt heute als Lokalanästhetikum nur noch selten zur Anwendung. Verwandte Medikamente, wie zum Beispiel Lidocain, sind nebenwirkungsärmer, es treten weniger allergische Reaktionen auf, und vor allem können diese besser und schneller ins Gewebe eindringen.
Außerdem sind sie nach einmaliger Injektion länger wirksam.
Heute findet das Medikament noch Anwendung bei der lokalen und regionalen Schmerztherapie. Hierbei können zum Beispiel Nervenknoten neben der Wirbelsäule betäubt (Paravertebralanästhesie) und der Schmerz so ausgeschaltet werden.
In der Neuraltherapie, einem wissenschaftlich nicht gesicherten Verfahren der Alternativen Medizin, betrachtet man beispielsweise bei einer Mandelentzündung die Mandeln als sogenanntes „Störfeld“, versucht dieses mittels Procain zu „blockieren“ und hofft so auf Heilung.
Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Linderung von Ohrenschmerzen, wie sie etwa bei Mittelohrentzündung, äußerer Ohrentzündung oder ohne erkennbare Ursache nach einem Tauchgang auftreten.
Procain Spritzen werden in der Schulmedizin zur lokalen Betäubung vor zum Beispiel kleinen operativen oder zahnmedizinischen Eingriffen genutzt. Dafür wird das Procain direkt in das Gewebe eingespritzt. Sie sind aber auch eines der wichtigsten Arzneimittel in der Neuraltherapie. Die Neuraltherapie gehört zu den alternativen Therapieformen und umfasst die lokale Therapie mit Lokalanästhetika. Bei den verschiedenen Stufen der Neuraltherapie wird das Procain zum Beispiel bei der Segmenttherapie direkt in die Haut gespritzt. Dies kann bei Rückenschmerzen oder Verspannungen angewandt werden. Die nächste Ebene ist die erweiterte Segmenttherapie. Hier wird das Procain in die Nähe von Nervenknoten gespritzt.
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Procain Tabletten finden nur in sehr seltenen Fällen Anwendung und spielen deshalb in der Procain Therapie der Schulmedizin oder der Neuraltherapie keine Rolle. Bekannte Nebenwirkungen der Tabletten sind Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.
Procain-haltige Salbe kann bei Schmerzen der Muskeln oder Gelenke auf die betroffene Stelle aufgetragen werden. Ein weiterer Anwendungsbereich findet sich bei stark schmerzenden Narben. Die Wirkstoffe der Salbe dringen in die Haut ein und können neben einer lokalen Betäubung, durchblutungsfördernd und entzündungshemmend wirken. Außerdem kann die Salbe gegen Juckreiz oder Hauterkrankungen, wie die Schuppenflechte angewendet werden. Die erste Procain-haltige Salbe wurde zur Behandlung von Hämorrhoiden entwickelt und es konnte gezeigt werden, dass ein regelmäßiges Auftragen der Salbe im Bereich des Afters zu einem Rückgang der Hämorrhoiden geführt hat.
Erfahren Sie hier mehr zum Thema Lidocain als Salbe.
Procain Kapseln werden in der alternativmedizinischen Alterungstherapie eingesetzt, welche allerdings umstritten ist. Es wird geglaubt, dass durch die regelmäßige Einnahme von Procain Kapseln Krankheiten und Beschwerden des Alters vermindert oder sogar gänzlich vermieden werden können. Zu diesen Beschwerden gehören Altersschwerhörigkeit oder verminderte Gedächtnisleistung im Alter. Einen wissenschaftlichen Nachweis hierfür gibt es nicht. Nebenwirkungen der Kapseln sind in seltenen Fällen Kopfschmerzen oder ein Gefühl der Unruhe.
Die Procain Basen Infusion ist eine Weiterentwicklung der Therapie mit Procain. Procain und die Base Natriumhydrogenkarbonat werden in Kochsalz gegeben und dem Patienten über die Vene verabreicht. Durch die zusätzliche Gabe einer Base wird die Verfügbarkeit von Procain im Gewebe und somit seine Wirkung verbessert. Außerdem wird das Procain nicht so schnell abgebaut. Dies führt dazu, dass neben der betäubenden Wirkung des Procains auch die Entzündungshemmung und der Effekt der Gefäßerweiterung noch stärker ausgeprägt sind.
Außerdem verhindert das Natriumhydrogenkarbonat, dass das Procain zu stark an den Rezeptoren im Gehirn wirkt, sodass die Benommenheit als Nebenwirkung gedämpft wird. So können größere Mengen an Procain gegeben werden. Die Zugabe der Base hat neben den unterstützenden Funktionen auch den Effekt, dass Gewebe, welches durch chronische Schmerzen übersäuert ist, durch sie wieder neutralisiert wird.
Die Therapie mit der Procain Basen Infusion wird über mehrere Sitzungen hinweg durchgeführt. Eine Sitzung dauert dabei ungefähr eine Stunde. In dieser Zeit wird der Patient durchgängig von geschultem Personal überwacht. Das Verfahren gilt als nebenwirkungsarm. In manchen Fällen treten Schwindel durch Abfallen des Blutdruckes, Benommenheit oder Kopfschmerzen auf, die durch die Schnelligkeit der Infusion gut beeinflusst werden können.
Lesen Sie mehr zum Thema: Procain-Basen-Infusion
Procain wirkt wie alle klassischen Lokalanästhetika am Ort seiner Verabreichung auf den Nerv. In den Nervenzellen werden genau diejenigen „Kanäle“ für einige Zeit blockiert, die für die Weiterleitung u.a. des Schmerzsignales zuständig sind – die Natriumkanäle.
Durch diese würde normalerweise bei einem Schmerzereignis das Mineral „Natrium“ einströmen (Depolarisation), die anderen Zellen auf dem Weg zum Gehirn würden dadurch ebenfalls zur Depolarisation angeregt werden und schließlich würde diese Depolarisation in den Zellen im Gehirn ankommen und bei entsprechender Verschaltung als „Schmerz“ wahrgenommen werden.
Jetzt sind die Natriumkanäle aber blockiert: Das Gehirn bekommt für die Dauer der Wirkung kein Signal mehr und die betroffene Stelle wird als taub wahrgenommen.
Nicht angewendet werden sollte Procain bei bekannter Überempfindlichkeit gegen eines der Inhaltsstoffe des Arzneimittels, sowie bei der Blutfarbstoffsynthesestörung (hepatische Porphyrie) oder bei bekanntem Pseudocholinesterasemangel.
In der Schwangerschaft sollte das Medikament wenn möglich nicht eingenommen werden.
Erfahren Sie mehr über Alternativen auf unserer Seite: Lokalanästhetika in der Schwangerschaft
Die Ohrentropfen sollten nicht bei Hautverletzungen im Gehörgang oder einem beschädigten Trommelfell angewendet werden.
Auch ist von der arteriellen und rückenmarksnahen Verabreichung abzusehen.
Nebenwirkungen kommen vor allem bei der Anwendung als Injektion und in Bezug auf das Herz-Kreislauf-System und das Zentrale Nervensystem vor, sind aber selten: Procain wirkt herzkraft- und herzschlagfördernd, was allerdings bei richtiger Dosierung nicht zu Problemen mit dem Blutdruck führt. Auch EKG-Veränderungen sind möglich.
Bei plötzlichem Blutdruckabfall muss an eine Überdosierung gedacht werden. Nebenwirkungen im Bereich des Zentralen Nervensystems sind ein Missempfinden um den Mundbereich, eine Bewusstseinsstörung oder ein Krampfanfall.
In seltenen Fällen kann Procain eine allergische Reaktion hervorrufen. Daher darf Procain nicht angewendet werden, wenn beim Patienten Überempfindlichkeitsreaktionen gegen andere Medikamente bekannt sind. Bei einer allergischen Reaktion kann es zu Nesselausschlag, Schwellung des Gewebes durch Wassereinlagerung, Verkrampfung der Atemwege oder Atemnot kommen. Auch von Hautrötung, Juckreiz und Blasenbildung, sowie von Schwellung und Bluterguss wurde schon berichtet.
Als Tropfen richtig angewendet ist das Mittel gut verträglich. Aber auch als Injektion verläuft die Behandlung fast immer komplikationslos.
Lesen Sie mehr zum Thema unter: Nebenwirkungen von Procain
Procain kann die Wirkung bestimmter Antibiotika einschränken (Sulfonamide).
Auf der anderen Seite führen bestimmte Medikamente zum Zweck der Erschlaffung der Muskulatur (nichtdepolarisierende Relaxantien) zu einer Verlängerung der Wirkung, sowie Medikamente, die das vegetative Nervensystem stimulieren (Cholinesterasehemmer wie Physostigmin), zu einer Verstärkung der Wirkung von Procain.
Der älteste Anwendungsbereich von Procain ist die lokale Betäubung. Heute wird Procain vor allem noch in der Zahnmedizin eingesetzt. In der Alternativmedizin wird Procain bevorzugt in der Neuraltherapie angewendet. Hier macht man sich neben dem betäubenden Effekt auch weitere therapeutische Wirkungen zunutze. Auf der Ebene der Zellen wirkt Procain entzündungshemmend, was dazu führt, dass in der Neuraltherapie Procain als lokale Injektion auch bei Entzündungen angewandt wird. Zudem wirkt die Injektion von Procain gefäßerweiternd. Dieser Effekt wird in der Schmerztherapie mit Procain ausgenutzt. Es werden noch weitere teilweise nicht schlüssig belegte Effekte des Procains in der Alternativmedizin beschrieben.
Lesen Sie mehr über: Die Lokalanästhesie beim Zahnarzt
Procain kann man in der Apotheke oder Versandapotheke erhalten. Häufig haben auch Ärzte Procain Lösungen zum Spritzen in ihren Praxen vorrätig und können bei Bedarf die Patienten gleich vor Ort behandeln, ohne dass dieser vorher die benötigten Ampullen in der Apotheke kaufen muss.
Ein bis zweiprozentige Procain Lösung in Ampullen zum Spritzen bzw. fertige Spritzen kann man rezeptfrei in der Apotheke oder auch in Versandapotheken erhalten. Auch Procain-haltige Ohrentropfen sind rezeptfrei. Alle anderen Darreichungsformen, sowie höher dosierte Procain-Lösungen müssen vom Arzt rezeptiert werden.
Vor mehr als hundert Jahren wurde das heutige Procain vom deutschen Chemiker Alfred Einhorn entdeckt und bekam den Namen Novocain. Der Gleichklang des Namens zu Cocain kommt nicht von ungefähr.
Zwanzig Jahre lang war Cocain das wichtigste örtliche Betäubungsmittel und konnte um die Jahrhundertwende vom Novocain (dem „neuen (=novo) Cocain“) abgelöst werden.
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