In diesem Artikel geht es um das Enzym Alpha Amylase, warum es vermindert oder sogar vermehrt vorkommen kann und wie man das am Besten untersucht.
Die Alpha Amylase ist ein Enzym des Verdauungstraktes, welches von zahlreichen Lebewesen gebildet wird – so auch vom Menschen.
Enzyme wiederum sind, ganz allgemein gesprochen, Moleküle welche als Katalysator für biochemische Reaktionen dienen, also Stoffwechsel- und Umwandlungsprozesse beschleunigen, die ohne Enzym nur spontan und sehr langsam ablaufen würden.
Wie die meisten Enzyme sind Amylasen Eiweiße. Im menschlichen Körper übernehmen sie hauptsächlich die Aufgabe, aufgenommene Nahrung zu spalten und diese so für den Darm verwertbar bzw. resorbierbar zu machen.
Daneben wird die Alpha-Amylase im klinischen Alltag zur Diagnose verschiedener Stoffwechsel- und Organstörungen, Infektionskrankheiten und auch einiger Krebsarten bestimmt.
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Produziert wird die Alpha-Amylase zum allergrößten Teil in den Speicheldrüsen des Mundes, sowie in der Bauchspeicheldrüse, dem Pankreas.
Entsprechend wird sie je nach Bildungsort als als Speichel- oder Pankreasamylase bezeichnet.
Daneben können in der Krebsdiagnostik aber auch Alpha-Amylasen, welche in den Eierstöcken und Lungen gebildet werden, eine Rolle spielen.
Nichtsdestotrotz wird das Enzym fast ausschließlich von besagten Drüsen gebildet und über deren Ausführungsgänge direkt in das Lumen des Verdauungstraktes ausgeschüttet.
Nur ein sehr geringer Teil gelangt natürlicherweise in den Blutkreislauf und kann hier gemessen werden.
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Eine verminderte Produktion von Alpha-Amylase tritt typischerweise im Rahmen einer Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse, also einer Pankreasinsuffizienz auf.
Diese entsteht beispielsweise im Rahmen einer heftig verlaufenden akuten, typischerweise jedoch eher im Verlauf einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis), welche zur massiven Zerstörung von gesundem Bauchspeicheldrüsengewebe führt.
Ein Mangel an Alpha-Amylase könnte in der Theorie dann zu einer mangelhaften Verwertung von über die Nahrung aufgenommenen Kohlenhydraten führen, was wiederum eine ungenügende Energiezufuhr für den Körper nach sich ziehen würde.
In der Realität kann eine verminderte Amylase-Bildung im Pankreas jedoch durch die Bildung von Enzymen im Magen und in den Speicheldrüsen des Mundraumes ausgeglichen werden und ist daher unproblematisch.
Deutlich schwerer wiegt bei Funktionsstörungen des Pankreas der Mangel an Enzymen, welche an der Verdauung von Fetten beteiligt sind, sowie eine möglicherweise gestörte Insulinproduktion.
Zwar kann eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse im Endstadium zu einer Insuffizienz, also Unterfunktion, derselben führen und damit die Amylase-Produktion einschränken,
aber eine floride Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) führt über die Schädigung der Amylase-produzierenden Zellen nichtsdestotrotz zunächst zu einem vermehrten Übergang des Enzyms in den Blutkreislauf.
Dementsprechend stellt der im Blutlabor gemessene Alpha-Amylase-Wert einen wichtigen Marker für eine aktive chronische oder akute Pankreatitis dar.
Zunehmend wird die Alpha-Amylase-Messung hier jedoch durch die Bestimmung des Pankreas-spezifischeren Enzyms Lipase verdrängt.
Dies spielt aber vor allem auch dann eine Rolle, wenn Erkrankungen der Kopfspeicheldrüsen, etwa der großen Ohrspeicheldrüse (Glandula parotidea), für einen Anstieg der Alpha-Amylase im Blut verantwortlich sind.
Dies kann beispielsweise im Rahmen von Mumps, umgangssprachlich als Ziegenpeter bezeichnet, der Fall sein, bei welcher es durch eine Infektion mit dem Mumps-Virus zur Schädigung der Amylase-produzierenden Zellen der Kopfspeicheldrüsen, aber auch zu einer Beteiligung der Bauchspeicheldrüse kommen kann.
Eine erhöhte Alpha-Amylase im Blut kann daneben auch auf andere Krankheitsbilder hinweisen. So kann ein Gallenstau, welcher meist durch Gallensteine verursacht wird, zu einem Anstieg der Amylase-Aktivität im Blut führen, da sich Gallenwege und Bauchspeicheldrüsenausführungsgang eine gemeinsame Endstrecke teilen, sodass ein Aufstau von Galle und Pankreassekret in den Pankreas erfolgt, welches wiederum eine Schädigung der Drüse zur Folge hat.
Auch ein Nierenversagen kann erhöhte Alpha-Amylase-Werte nach sich ziehen, da hier die Ausscheidung des Enzyms über die Niere vermindert ist. Ebenso können sowohl bösartige, als auch gutartige Tumoren der Bauchspeicheldrüse, sowie nach neusten Erkenntnissen auch psychischer Stress einen Anstieg des Laborparameters nach sich ziehen.
Bei allen möglich Ursachen für eine verstärkte Alpha-Amylase-Aktivität sollte aber bedacht werden, dass erhöhte Amylase-Werte bei knapp 10% der Bevölkerung festgestellt werden können, ohne dass hierfür trotz umfangreicher Diagnostik eine Ursache gefunden werden kann.
Wie auch bei zahlreichen anderen Laborparametern haben veränderte Werte der Alpha-Amylase also nicht zwangsläufig einen Krankheitswert.
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Wie bereits beschrieben wird eine erhöhte Alpha-Amylase vor allem bei Schädigungen des Gewebes der Bauch- oder Kopfspeicheldrüse gemessen, welche mit verschiedenen Krankheitsbildern in Verbindung stehen kann, jedoch auch als unbedenkliche Normvariante auftreten kann.
Eine Senkung der Alpha-Amylase sollte demach primär über eine Therapie der zugrunde liegenden Ursache erreicht werden.
Erwähnt werden sollte hierbei, dass der häufigste Grund für einen Amylase-Anstieg die chronischen und akuten Bauchspeicheldrüsenentzündungen darstellen.
Diese werden wiederum im Großteil der Fälle durch von Gallensteinen gebildeten Abflussstörungen des Pankreassafts und durch Alkoholkonsum ausgelöst.
Sind Abflussstörungen als Ursache der Amylase-Aktivitäts-Erhöhung ausgeschlossen, kann also eine Reduzierung des Alkoholkonsums hilfreich sein, um eine möglicherweise angegriffene Bauchspeicheldrüse zu schonen und damit letztlich auch die Alpha-Amylase zu senken.
Eine symptomatische Senkung der Amylase-Werte des Blutes ist jedoch tatsächlich möglich. So sind verschiedene Medikamente bekannt, welche einen Abfall des Enzymaktivität im Blutserum bewirken. Hierzu zählen vor allem Beta-Blocker wie Propanolol. Der tatsächliche Nutzen einer gezielten medikamentösen Senkung der Alpha-Amylase-Aktivität ist dabei jedoch als fragwürdig anzusehen.
Außer, dass die Alpha-Amylase im Blutserum bei verschiedenen organischen Erkrankungen ansteigt, wurde in den letzten Jahren klar, dass psychischer Stress ebenfalls zu erhöhten Serum-Konzentrationen des Enzyms führt.
Dies hängt mit der Verknüpfung der Speicheldrüsen mit dem sympathischen Nervensystem zusammen. Hierbei handelt es sich um den Teil des sogenannten vegetativen Nervensystems, welcher in Stresssituationen aktiviert wird und zu erhöhter Reaktionsbereitschaft und Leistungsfähigkeit führt.
Die Sekretion der Amylasen ist mit der Konzentration an Plasma-Noradrenalin verbunden und wird so indirekt über das Sympathische Nervensystem reguliert.
Aus diesem Grund könnte die Speichel-Alpha-Amylase in Zukunft als Biomarker für stressbedingte Reaktionen des Körpers herangezogen werden.
Interessant ist hierbei, dass die Alpha-Amylase weitgehend unabhängig von Cortisol, dem wohl wichtigsten Stress-Hormon, ausgeschüttet wird und so einem anderen Sekretionsmuster folgt.
Sie könnte dadurch möglicherweise eine nützliche Erweiterung der Stressdiagnostik darstellen.
Darüber hinaus wurde in einigen Studien die These aufgestellt, dass die Amylase sogar ein sensiblerer Marker für Stress darstellt als das bisher hierfür regulär bestimmte Cortisol. Konsequenterweise wurde mittlerweile auch erkannt, dass die Serum-Konzentration der Alpha-Amylase durch Medikamente der Beta-Blocker-Gruppe, etwa Propanolol, gesenkt wird, welche für eine Unterdrückung von Stressempfinden und körperliche Reaktionen auf Stress, wie Herzrasen und Blutdruckanstieg, bekannt sind.
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