ADS beim Erwachsenen

ADS bezeichnet ein Subtyp des ADHS. Es äußert sich anders als das typische ADHS, hat aber den gleichen Ursprung. Häufig persistiert diese ADHS-Form bis ins Erwachsenenalter.

ADS beim Erwachsenen

Definition

Der Begriff „ADS“ bezeichnet das sog. Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom, ein Subtyp des ADHS.
Es äußert sich anders als das typische ADHS, hat aber den gleichen Ursprung.

Man kennt es auch als „ADHS vom überwiegend unaufmerksamen Typ“, bei dem nicht die typische Hyperaktivität und Impulsivität im Vordergrund stehen, sondern die Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen. Diese zeigen sich jedoch eher als geistige Abwesenheit und soziale Zurückhaltung, sind daher also weniger auffällig als beim hyperaktiven Typ.

Häufig persistiert diese ADHS-Form bis ins Erwachsenenalter.

Ursache

Die genaue Ursache von ADS ist noch unklar. Es sind Risikofaktoren, assoziierte Gene und weitere Auslöser für ADHS allgemein bekannt, aber warum diese bei einigen Menschen Symptome verursachen und bei anderen nicht, scheint von weiteren noch unbekannten Faktoren abzuhängen.
Auch ist nicht endgültig geklärt, warum manche einen ruhigen unaufmerksamen Typ ausbilden und andere einen impulsiven hyperaktiven Typ. Nach heutigem Stand der Wissenschaft handelt es sich bei ADHS und seinen Subtypen um sogenannte multifaktorielle Erkrankungen. Das bedeutet, dass mehrere Faktoren bei der Entstehung der Erkrankung beteiligt sind.

Vor allem die genetische Veranlagung, aber auch das soziale Umfeld und andere äußere Einflüsse spielen dabei eine Rolle. ADS/ADHS kann also vererbt werden, muss es aber nicht. Häufig finden sich bei mehreren Mitgliedern einer Familie Symptome.
Ein „ADHS-Gen“ gibt es aber nicht, vielmehr verursacht das Zusammenspiel verschiedener genetischer Variationen im Zusammenhang mit der Umwelt die sehr variable Symptomatik. Faktoren wie z.B. die Erziehung, die Entwicklung, die sozialen Kontakte und viele andere beeinflussen die Erkrankung.

Bei manchen Patienten zeigen sich auch strukturelle Veränderungen im Gehirn. Die Betroffenen scheinen in der Signalvermittlung über Botenstoffe in verschiedenen Hirnarealen eingeschränkt zu sein. Diese Vorgänge sind jedoch noch nicht eindeutig geklärt und auch nicht bei jedem Patienten gleich ausgeprägt.

Diagnose beim Erwachsenen

Die Diagnose wird klinisch, also anhand von Symptomen gestellt. Da diese beim ADS-Subtyp oft weniger auffällig und leicht mit z.B. einer Depression verwechselt werden können, wird die Diagnose oft erst spät oder gar nicht gestellt. Labortests oder Ähnliches gibt es nicht.

Besteht der Verdacht auf eine Erkrankung, erfolgt die Diagnose nach Beurteilung durch einen erfahrenen Arzt. Dieser fragt im ausgiebigen Patientengespräch spezifisch die Kernsymptome, typische Verhaltensmuster und weiteres ab. Zudem stehen verschiedene Persönlichkeits- und Verhaltenstests zur Verfügung, um den Verdacht zu erhärten und das Ausmaß bestimmen.

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Test zur Diagnose von ADS

Um die ADS-Diagnose stellen zu können, gibt es viele (Selbst-)Tests, unter anderem auch von der WHO (World Health Organisation) konzipiert, die auf den Leitsymptomen des allgemeinen ADHS beruhen. Diese Fragebögen können teilweise auch versteckte bzw. kompensierte Symptome beim Erwachsenen feststellen. Gerade Patienten des ADS-Subtyps ohne Hyperaktivität und Impulsivität fallen aber auch bei solchen Tests durch das Raster, weshalb die Bestätigung durch einen erfahrenen Arzt nach ausgiebiger Untersuchung zwingend erforderlich ist.

Symptome

Hauptsymptom ist, wie die Bezeichnung ADS bereits vermuten lässt, die Aufmerksamkeitsstörung, die seit der Kindheit besteht. Damit ist eine Konzentrationsschwäche gemeint, bei der es den Betroffenen an Ausdauer bei Denkaufgaben mangelt.
Zudem sind sie leicht ablenkbar, wirken desorganisiert und unaufmerksam. Sie erbringen oft schlechtere Leistungen in der Schule bzw. am Arbeitsplatz und sind in vielen Bereichen ihres Lebens weniger erfolgreich, da sie Schwierigkeiten beim Planen und strukturiertem Handeln haben.

Ihre Zurückhaltung und Introversion führen zu Problemen im sozialen Umfeld. Freundschaften zu schließen fällt ihnen schwerer, da sie ihre Aufmerksamkeitsstörung auch beim Zuhören und Erlernen sozialer Normen behindert.
Im Gegensatz zu den hyperaktiven Subtypen können ADS-Patienten unter einer Hypoaktivität, also Unteraktivität, leiden. Hierfür typisch sind eine langsame Arbeitsweise und eine Überforderung im beruflichen, aber auch sozialen Alltag. Dies führt auch zu einer schnellen Erschöpfung. Die Patienten wirken in sich gekehrt, still und sind womöglich sozial isoliert.

Diese Symptome sind jedoch deutlich unauffälliger als beim hyperaktiven ADHS-Typ. Viele erfahren daher erst als Erwachsene von ihrer Erkrankung bzw. werden gar nicht diagnostiziert. Mit anderen ADHS-Typen haben sie lediglich die Unaufmerksamkeit gemein. Diese äußert sich zwar in der Regel weniger auffällig als beim typischen ADHS, kann den Patienten jedoch trotzdem massiv beeinträchtigen. Häufig sind z.B. mangelnde Konzentration und Ablenkbarkeit, Flüchtigkeitsfehler und Vergesslichkeit, schlechte Organisation, Probleme beim Abschließen von Aufgaben und viele mehr. ADS-Patienten können Anweisungen schlechter folgen, verlieren schnell das Interesse und scheuen Aufgaben, die eine hohe Konzentration erfordern.

Erwachsene sind sich der Erkrankung meistens nicht bewusst, zeigen Kompensationsstrategien und die typischen Symptome sind bei ihnen im Vergleich zu Kindern leicht zu übersehen.

Bei vielen ADS-Patienten treten zusätzlich psychologische Probleme auf. Diese können durch das ADS selbst bedingt sein, wie z.B. Stimmungsschwankungen oder Reizbarkeit, aber auch durch die Erfahrungen, die der Erwachsene durch seine Erkrankung bereits seit der Kindheit gesammelt hat. Dazu zählen Versagensängste, Depressionen, Angststörungen und Ähnliches. ADS ist beim Erwachsenen somit ein Risikofaktor für viele weitere psychiatrische Erkrankungen und sollte behandelt werden.

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Behandlung/ Therapie

ADS wird durch eine Kombination verschiedener Behandlungsansätze therapiert. Dabei werden Ärzte, Psychologen und viele andere Berufsgruppen selbst involviert, aber auch der Patient muss aktiv mitwirken.

ADS kann man nicht heilen. Die Therapie ermöglicht in den meisten Fällen jedoch ein normales Leben. Je nach Ausprägung der Symptome und individuellen Faktoren des Betroffenen stehen von Verhaltenstherapie bis Arzneimittel eine Vielzahl an Therapiemöglichkeiten zur Verfügung.
Jeder Patient spricht darauf anders an, es muss also für jeden einzelnen ein individueller Therapieplan erstellt werden, mit dem er zurecht kommt. Viele Patienten profitieren bereits von einfachen Ansätzen wie ausreichend Schlaf, Bewegung, geregelten Tagesabläufen usw., die ihnen das Organisieren ihres Alltags erleichtern. Techniken zum Ordnen der Gedanken wie z.B. Meditation können ebenso helfen.

Psychologen und Psychiater bieten außerdem Psychotherapien und Verhaltenstrainings an, die Betroffenen helfen, zwanghafte Kompensationsstrategien aufzugeben und den Umgang mit ihrer Krankheit zu erlernen. Ziel dieser Therapien ist es, das jeweilige Potenzial des Patienten zu fördern und soziale Fähigkeiten auszubauen. Dazu gehört, die Konzentrationsprobleme zu vermindern und das Selbstwertgefühl und Eigenmanagement des Patienten zu steigern, um ihnen so die Kontrolle und Organisation des Alltags zu erleichtern. Dadurch können Betroffene ihre ADS-bedingten Schwächen ausgleichen und assoziierte Probleme vermeiden.

Bei ausgeprägteren Formen des ADS kommt eine Pharmakotherapie, also Medikamente, in Frage. Hierbei kommen vor allem sogenannte Stimulantien, besonders Metylphenidat (Handelsname Ritalin,s. unten), zum Einsatz. Da bei jedem Medikament Nebenwirkungen auftreten können, sind konsequente Kontrollen der Therapie und ggf. Dosisanpassungen durch einen erfahrenen Arzt notwendig.

Den größten Therapieerfolg erzielt man durch eine Kombination der genannten Therapien. Hat die Erkrankung einen hohen genetischen Faktor, leiden also viele Familienmitglieder an ähnlichen Symptomen, sind bei ihnen häufig auch die gleichen Medikamente wirksam. Im Vergleich zu Kindern können Erwachsene mit ADS deutlich besser an der Behandlung mitwirken und die Therapie ist in den meisten Fällen erfolgreich.

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Medikamente gegen ADS

In vielen Fällen ist eine konservative Psychotherapie nicht ausreichend und die Kombination mit einem Medikament ist indiziert, das die Signalübertragung im Gehirn über Botenstoffe steigert. Dies soll die kognitive Leistung und somit Konzentrationsfähigkeit steigern.

Bei den meisten Patienten wird dadurch eine deutliche Besserung der Symptomatik erzielt. Sie sind zudem gut verträglich und auch langfristig einsetzbar. Allerdings handelt es sich bei diesen Medikamenten um Verwandte der sogenannten Amphetamine, die ein gewisses Suchtrisiko aufweisen. Bei ADS-Patienten ohne Hyperaktivität werden die gleichen Medikamente wie beim typischen ADHS eingesetzt, die Wirkung ist jedoch etwas schwächer. Dafür ist bei ihnen meist eine geringere Dosierung ausreichend.

Mittel der Wahl ist das sogenannte Metylphenidat, das unter dem Namen Ritalin ®oder Medikinet auf dem Markt ist. Es blockiert die Wiederaufnahme der Botenstoffe und verstärkt die Aktivierung der Nervenzellen im Gehirn. Nebenwirkungen sind z.B. Magenbeschwerden und Kopfschmerzen.

Andere Präparate wie z.B. Attentin und Elvanse stammen ebenfalls aus der Familie der Amphetamine und besitzen ähnliche Wirkmechanismen und Verträglichkeit.

Prognose

Behandelt hat ADS eine sehr gute Prognose. Mit der richtigen Therapie, Verständnis der Erkrankung und ausreichend Training können Patienten ein ganz normales Leben führen.

Da vielen Betroffenen ihre Erkrankung jedoch nicht bewusst ist, leiden sie über viele Jahre an den Symptomen und Begleiterkrankungen des ADS. Die Lebensqualität hängt somit massiv von der frühzeitigen Diagnose und Behandlung ab.

An welchen Arzt soll ich mich wenden?

Beim Kind wird die Diagnose vom Kinderarzt gestellt. Meist werden Eltern und Lehrer auf die Symptome aufmerksam und leiten die Diagnostik ein.

Beim Erwachsenen werden die Symptome oft mit anderen psychiatrischen Beschwerden verwechselt, sodass der Patient aufgrund anderer Probleme in Behandlung ist und erst der behandelnde Arzt Hinweise auf eine ADS-Erkrankung findet. Dies ist meist der Hausarzt oder Psychiater/Psychologe. Dann ist die Diagnostik und Behandlung durch einen Psychiater oder Psychotherapeuten indiziert.

Probleme in der Partnerschaft

ADS-Patienten zeigen oft eine niedrige Sozialkompetenz. Die Probleme, die sie schon in der Kindheit hatten, erschwert ihnen auch als Erwachsene das Ausbauen von Beziehungen.
Negative Erfahrungen und assoziierte psychologische Probleme senken das Selbstwertgefühl und belasten Beziehungen. Die Betroffenen sind oft überempfindlich, reagieren unangemessen und können schlecht auf ihren Partner eingehen. Dieser kann die Probleme des ADS-Patienten nicht ausreichend nachvollziehen. In einer Partnerschaft kommt es so schnell zu Missverständnissen, mangelnder Kommunikation, Streits und Frustration.
Die Scheidungsrate bei ADS-Patienten ist deutlich höher als in der Normalbevölkerung.

Bei Problemen in Beziehungen hat die Psychotherapie einen besonders hohen Stellenwert. Durch Verhaltenstherapien können sie den sozialen Umgang lernen und Erfolgserlebnisse steigern ihre Selbstkompetenz. Je früher die Krankheit diagnostiziert und angemessen therapiert wird, desto weniger Probleme haben die Patienten später.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 13.03.2017 - Letzte Änderung: 22.10.2021