Der amerikanische Anästhesist Arthur Guedel hat 1920 in Studien festgestellt, dass eine Narkose aus verschiedenen Stadien besteht.
Der amerikanische Anästhesist Arthur Guedel hat 1920 in Studien festgestellt, dass eine Narkose aus verschiedenen Stadien besteht. Diese unterscheidet man anhand von Reflexen, der Pupillenweite, den Bewegungen, dem Puls, dem Atemantrieb und dem Bewusstsein des Patienten.
Diese Stadien hat Guedel bei der Ether-Narkose beobachtet und sie lassen sich nur auf eine reine Gasnarkose übertragen und nicht auf die heute oft genutzten venösen Narkosen. Die Beimengung von Opioiden führt zum Beispiel zu völlig anderen Pupillenweiten.
In der Einteilung nach Arthur Guedel gibt es vier Stadien der Narkose. Das erste Stadium ist das Analgesie- und Amnesiestadium. Danach beginnt das Exzitationsstadium. Das dritte Stadium wird Toleranzstadium genannt und das vierte Stadium ist die Vergiftung. Diese Stadien lassen sich nur bei reinen Gasnarkosen eindeutig beobachten. Da Kindernarkosen häufig mit Gas eingeleitet werden, ist hierbei die Stadieneinteilung noch erkennbar.
Das Stadium Eins bezeichnet die Analgesie- und Amnesiephase. Diese beginnt bereits mit dem Aufdrehen des Gases durch den Anästhesisten. Zunächst werden die sensorischen Areale der Hirnrinde gelähmt. Die Empfindungen auf Temperaturen und Druck nehmen ab. Zunächst ist der Patient noch nicht vollständig schmerzfrei, das Schmerzempfinden ist jedoch reduziert.
Der Patient ist zudem noch bei Bewusstsein und kann selbst beschreiben, dass er müde wird und wegdämmert. Der Muskeltonus, also die Fähigkeit Muskeln selbst anzuspannen, ist noch gegeben. Auch die Reflexe können noch normal ausgelöst werden. Dies kann durch einfaches Klopfen mit dem Reflexhammer auf die Kniescheibensehne getestet werden.
Kreislauf und Atmung funktionieren noch ohne Einschränkung. Die Pupillenmotorik ist ebenfalls noch nicht eingeschränkt. Die Pupillen werden bei Lichteinfall kleiner und danach wieder größer. Wird die Narkose in diesem Stadium abgebrochen, kann der Patient leichte Erinnerungslücken haben. Das Stadium Eins endet mit dem vollständigen Bewusstseinsverlust.
Das zweite Stadium hat Guedel Exzitationsstadium genannt. Dieses Stadium beginnt mit dem vollständigen Bewusstseinsverlust. Das Narkosegas führt zu einer zentralen Dämpfung, bei der keine kontrollierten Impulse vom Großhirn abgegeben werden können. Statt der kontrollierten Impulse des Großhirns werden unkontrollierte Impulse durch das Mittelhirn ausgelöst.
Diese führen zu plötzlichen Muskelzuckungen. Daher müssen Kinder bei einer Gaseinleitung sicher liegen und angeschnallt sein, sodass sie nicht von dem OP-Tisch fallen können. Die Betroffenen sind bewusstlos und zeigen einen starken Speichelfluss. Das Schmerzempfinden wird weiter reduziert. Der Kreislauf, also der Blutdruck und Puls, und der Muskeltonus nehmen zunächst zu und auch die Reflexe werden stärker.
Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Großhirn normalerweise Reflexe dämpft und diese Dämpfung nun ausfällt. Die Betroffenen haben zudem starken Harndrang und können Urin verlieren. Die Atmung ist noch nahezu normal vorhanden, kann jedoch etwas unregelmäßig sein.
Die Pupillen sind weit. Eine Gefahr in diesem Stadium ist das Erbrechen und darauffolgende Einatmen des Erbrochenen, was zu Lungenentzündungen führen kann. Das Exzitationsstadium dauert nicht lange und endet mit dem Beginn der Toleranzphase.
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Das dritte Stadium ist das Toleranzstadium und der gewünschte Zustand während des operativen Eingriffs. Der Beginn dieses Stadiums ist das Ende der unwillkürlichen Muskelzuckungen. Das Großhirn, das Mittelhirn und auch das Rückenmark sind jetzt vollständig gehemmt. Dies führt zu einem Wegfall oder einer starken Hemmung von Reflexen und dem Muskeltonus.
Die Muskeln erschlaffen und bieten damit gute Operationsbedingungen. Das Schmerzempfinden ist komplett ausgeschaltet. Die Atmung ist abgeschwächt und unregelmäßig, sodass hier künstlich nachgeholfen werden muss. Der Blutdruck und die Herzfrequenz sinken ebenfalls ab.
Die Pupillen sind zunächst eng und werden im Laufe des dritten Stadiums wieder groß. Dieses Stadium kann durch enge Kontrolle der Gasmenge lange beibehalten werden und der Patient kann nach dem Ende des Eingriffs aus diesem Stadium heraus geweckt werden. Ein Abgleiten in das vierte Stadium wird vermieden und zeigt sich durch ein vollständiges Aussetzen der Eigenatmung.
Das vierte Stadium der Narkose nach Guedel ist die Vergiftung. Der Beginn dieses Stadiums wird durch das Ausbleiben der Eigenatmung markiert. Die Regulationszentren für die Atmung und den Kreislauf, welche im Hirnstamm sitzen, werden gelähmt und sowohl Kreislauf als auch Atmung werden weiter gesenkt.
Die Pupillen sind maximal weit gestellt und reagieren nicht mehr auf Licht. Der Muskeltonus und die Reflexe sind nicht mehr vorhanden. Das Vergiftungsstadium endet mit dem Zusammenbruch des Kreislaufs. Zu Guedels Zeiten war dies ein Todesurteil für den Patienten. Heute kann man mit künstlicher Beatmung und kreislaufstabilisierenden Medikamenten den Patienten dennoch retten.
Ein Gegengift gegen Narkosegase existiert nicht, jedoch kann durch starkes Anfluten mit Sauerstoff aus dem Narkosegerät das Gas schneller ausgeatmet werden. Ohne intensivmedizinische Behandlung kommt es zu einer Sauerstoffunterversorgung des Gehirns und anderer Organe.
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Auch bei Überleben der Vergiftung sind Spätschäden möglich. Das Vergiftungsstadium wird heute kaum noch erreicht, da Narkosen mit Medikamentenmischungen durchgeführt werden und das Gas daher geringer dosiert werden kann.
An dieser Stelle empfiehlt die Redaktion sich auch über die möglichen Risiken einer Narkose zu informieren. Lesen Sie hierzu unseren Artikel: Risiken einer Narkose
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