Der Abszess an der Lippe stellt eine abgekapselte Eiteransammlung dar, die durch Bakterien hervorgerufen wird. Im Normalfall heilt der Abszess von selbst, kann jedoch auch zum Gehirn aufsteigen und einen Hirnabszess verursachen.
Dringen Bakterien (bei Abszessen handelt es sich meistens um Staphylococcus aureus) unter die Haut und in den Körper ein, werden sie vom Immunsystem mit einer Entzündungsreaktion bekämpft. Das bedeutet, die betroffene Stelle schwillt an, färbt sich rötlich, hat eine erhöhte Temperatur und reagiert empfindlicher auf Druck. Außerdem sammeln sich im Entzündungsherd weiße Blutkörperchen, welche die Bakterien fressen und anschließend selbst sterben. Sie sind zusammen mit anderen toten Bakterien als Eiter sichtbar. Dieser sammelt sich in der Höhle, die entsteht, wenn bei der Entzündungsreaktion Körpergewebe eingeschmolzen wird. Damit der Eiter nicht in das umliegende Gewebe gelangen kann, versiegelt der Körper den Abszess mit undurchlässigem Gewebe. Ursache für einen Abszess unter der Haut oder im Mund ist häufig eine durch Talg, Schweiß oder Schmutz blockierte Pore, durch die der Eiter nicht nach außen ablaufen kann. Im Mund entstehen Abszesse außerdem durch kleine Schnitte oder Risse der Mundschleimhaut, durch welche Bakterien eindringen können.
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Ein Abszess macht sich vor allem durch erhöhte Druck- und Schmerzempfindlichkeit der betroffenen Stelle bemerkbar. Oft schmerzt er sogar ohne Druck von außen. Außerdem ist die betroffene Stelle angeschwollen und gerötet und hat eine erhöhte Temperatur. Häufig zeichnet sich die Eiterbeule nach außen hin ab und lässt sich als harter Bereich tasten oder wird sogar durch die Haut hindurch sichtbar. In der Regel bleibt der Abszess durch die Vorkehrungen des Körpers örtlich begrenzt, es kann jedoch passieren, dass er sich über das Lymphsystem ausbreitet. In diesem Fall können als Symptome Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und Übelkeit hinzu kommen. In diesem Fall sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden, da eine Blutvergiftung droht. Die große Gefahr eines Abszesses auf der Oberlippe liegt in der Gefahr einer Verbreitung in den Schädel. Dabei kann es zu einem lebensbedrohlichen Hirnabszess kommen, weshalb an dieser Stelle besondere Vorsicht geboten ist.
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Abszesse verhalten sich gewissermaßen wie riesige Pickel – die sie ja eigentlich auch sind. Zu Beginn sind sie noch nicht klar abgrenzbar, reifen dann jedoch und bilden einen klaren Rand und im Zuge der fortschreitenden Entzündungsreaktion eine Eiterbeule, welche zum Ende hin in der Regel auch deutlich tastbar wird.
Für weitere Informationen empfehlen wir Ihnen unsere Seite zu: Symptome bei einem Abszess
In der Regel kann ein Abszess mit bloßem Auge diagnostiziert werden. Die betroffene Stelle fällt auf durch Rötung, Schwellung, erhöhte Temperatur und erhöhte Druck- und Schmerzempfindlichkeit. Ist eine Eiterbeule zu sehen und/oder zu tasten, kann diese außerdem vom Arzt angestochen werden, um den Eiter auf die verursachenden Bakterien zu überprüfen. Darüber hinaus ist es möglich, das Blut auf Entzündungswerte zu überprüfen, das sind Blutbestandteile, die vermehrt vorliegen, wenn im Körper eine Entzündungsreaktion stattfindet. Dies ist jedoch häufig gar nicht nötig.
Auch wenn es mitunter schwerfällt, sollte an einem Abszess so wenig wie möglich herumgedrückt werden. Durch jeden ausgeübten Druck besteht die Gefahr, dass der Eiter, und mit ihm die Entzündung, aus dem Abszess in umliegendes Gewebe gelangt. Besondere Vorsicht ist bei Abszessen auf der Oberlippe geboten, da von hier aus der Eiter vergleichsweise schnell ins Hirn gelangen und einen Hirnabszess verursachen kann. Zur Behandlung eines Abszesses ist in der Apotheke sogenannte Zugsalbe erhältlich. Deren Wirkung beruht darauf, dass sie durch Reizung der Haut eine Verstärkung der Entzündungsreaktion hervorruft. Dadurch arbeitet das Immunsystem stärker und der Abszess reift schneller. Ist er reif, die Gewebshöhle also vollständig mit Eiter gefüllt, öffnet er sich in der Regel von selbst nach außen und der Eiter fließt ab. Danach sollte die entstandene Öffnung gut desinfiziert werden und alle Flächen, die mit Eiter in Berührung gekommen sind, gründlich gereinigt werden.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter Abszess mit einer Salbe behandeln.
Anstelle der Salbe kann auch Hitze den Entzündungsprozess voran treiben, beispielsweise in Form von Kompressen mit warmem Wasser. Diese können als Hausmittel mit Kamillenextrakt gegen den Schmerz oder mit leicht antibiotisch wirkendem Knoblauch ergänzt werden.
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Wenn der Abszess immer größer wird oder über längere Zeit bestehen bleibt, oder wenn Symptome wie Fieber oder Abgeschlagenheit auftreten, sollte ein Arzt aufegsucht werden. Dieser kann den Abszess in einer kleinen Operation entfernen. Dabei wird die betreffende Stelle lokal betäubt und mit dem Skalpell ein kleiner Schnitt gesetzt, woraufhin der Eiter normalerweise von selbst abläuft. Anschließend wird die Gewebshöhle ausgespült und desinfiziert. In schweren Fällen werden außerdem Antibiotika verschrieben, um die Bakterien abzutöten, die bereits aus dem Abszess entkommen konnten.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter Operation eines Abszesses.
Als Lippenbändchen bezeichnet man das Häutchen, das den Kiefer vorne mit den Lippen verbindet. Auch hier kann sich ein Abszess bilden, beispielsweise als Folge eines kleinen Risses oder Kratzers durch spitze Nahrungsmittel. Ursache für einen Abszess am Lippenbändchen können auch ein neu gestochenes und nicht richtig verheiltes Piercing oder eine in der Nähe befindliche Entzündung sein, beispielsweise an einem Zahn. Die ständige Belastung durch Sprechen und Essen wirkt sich hier stark verlangsamend auf den Heilungsprozess aus, noch dazu wird das ohnehin durch die Entzündungsreaktion sensibilisierte umliegende Gewebe ständig gereizt. Dies kann sehr unangenehm und schmerzhaft werden. Gerade am oberen Lippenbändchen besteht außerdem die Gefahr einer Ausbreitung über die Blutgefäße ins Schädelinnere und damit eines Hirnabszesses. Daher ist Vorsicht geboten – besonders, wenn der Abszess länger als eine Woche erhalten bleibt, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden, um den Abszess zu überwachen und nötigenfalls aufzuschneiden.
Nicht zu verwechseln ist der Abszess mit der Aphte, welche eine Infektion mit Herpesviren im Mund darstellt. Eine Aphte verläuft uneitrig und ist im Mund mit der Zunge als offene Stelle zu tasten. Sie ist zwar schmerzhaft, aber in der Regel völlig ungefährlich und heilt innerhalb von einer Woche selbständig wieder ab.
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In der Regel heilen kleine Abszesse innerhalb einer Woche von selbst wieder aus. Gerade an Stellen wie der Lippe, die oft Reibung und Fremdkörpern wie Essen ausgesetzt sind, kann es jedoch schon mal etwas länger dauern. Ist jedoch nach einer Woche noch keine Besserung zu erkennen, sollte ein Arzt aufgesucht werden, damit der Abszess gegebenfalls operativ entfernt werden kann, bevor er sich auf umliegendes Gewebe ausbreiten kann. Größere Abszesse können auch nach operativer Behandlung mehrere Wochen brauchen, um vollständig abzuheilen.
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Einen Abszess an der Lippe vorzubeugen ist schwierig. Wichtig ist gute Pflege der Lippen, damit diese eine geschützte Hautbarriere haben.
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