Knorpelschaden im Schultergelenk

Das Schultergelenk besteht aus dem Oberarmkopf (Caput humeri) und der Schultergelenkpfanne (Cavitas glenoidales), welche beide mit Knorpel überzogen sind. Die Knorpelstruktur und Gelenkflüssigkeit sorgen dafür, dass bei Bewegungen keine Reibungen und Schmerzen entstehen. Falls ein Knorpelschaden vorliegt, also ein Art Riss im Knorpelgewebe, kann es zu Schmerzen kommen, die unter Umständen behandelt werden müssen. Es kann sich hierbei um einen kleinen Riss handeln, aber auch unter Umständen deutlich größere Ausmaße annehmen.

Problematisch bei einem Knorpelschaden ist, dass der Knorpel nicht, wie die meisten anderen Strukturen in unserem Körper, über seine eigene Blutversorgung verfügt, sondern größtenteils über andere Strukturen mitversorgt wird. Falls Knorpelgewebe zu Schaden kommt, ist eine körpereigene Regeneration meist aus diesem Grund nur sehr eingeschränkt möglich.

Die Knorpelglatze beschreibt den Zustand, wenn kein Knorpel mehr vorhanden ist. Lesen Sie für mehr Informationen den Artikel unter: Knorpelglatze - Ist das gefährlich?​​​​​​​

Ursachen

Die Gründe für einen Knorpelschaden sind nicht immer eindeutig zu diagnostizieren. So kann ein Schaden mehrere Ursachen haben. Ein vorangegangener Unfall ist typisch für einen solchen Abrieb des Knorpelgewebes, aber auch falsche, zu große Belastungen können als Folge einen solchen Schaden hervorrufen. Wenn das Gelenk einer plötzlichen, sehr starken Belastung ausgesetzt wird, zum Beispiel bei einem Autounfall oder beim Sport, kann der Knorpel beschädigt werden.
An der Schulter kann das Auftreten eines Knorpelschadens typischerweise durch bestimmte Sportarten begünstigt werden. Hierzu zählen unter anderem Tennis, American Football, Wrestling, Bodybuilding und Kugelstoßen. Häufig kommt es außerdem zu einem Absplittern eines Knorpelstücks, was wiederum zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führen kann.

Dauerhafter mechanischer Stress auf das Gelenk resultiert über lange Zeit auch in Knorpelschäden in den Gelenken. Risikofaktoren für das Entstehen einer chronischen Erkrankung der Gelenke, wie zum Beispiel Arthritis, sind typischerweise Übergewicht und bestimmte Berufsgruppen, die deshalb ihre Gelenken zu hohen Belastungen aussetzen. Oft sind Schäden jener Ursache grossflächiger als bei einem Schaden nach einem Unfall oder einer Sportverletzung.
Bei der Entstehung dieser Erkrankungen spielen außerdem Einflussgrößen wie Alter und individuelle Belastungen für das Gelenk eine entscheidende Rolle.

Symptome

Die Symptome eines Knorpelschadens an der Schulter sind sehr ähnlich zu anderen Schulterverletzungen. Hierzu gehören:

  • Schmerzen, welche oft einhergehen mit „über-Kopf“-Arbeiten, ein „Knacken“ im Gelenk, mit oder ohne damit verbundener Schmerzen
  • Schmerzen in der Nacht
  • ein Instabilität-Gefühl des Schultergelenks
  • Bewegungseinschränkungen im Gelenk
  • Stärkeeinbußen
  • Schwellungen und
  • andere Entzündungszeichen wie Erwärmung und Rötung

Diagnose

Die Experten für Verletzungen der Gelenke, und deshalb auch bei Erkrankungen, die mit einem Knorpelschaden im Schultergelenk einhergehen, sind Fachärzte für Orthopädie oder Allgemeinmedizin. Für die Diagnosestellung ist es wichtig, ob der Schmerz in direktem Zusammenhang mit einem Unfall steht, wie lange er schon besteht und bei welchen Bewegungen Schmerzen auftreten. Um dies herauszufinden, wird der behandelnde Arzt einige Tests durchführen um unter anderem Stabilität und Bewegungsfreiheiten untersuchen zu können.
Um andere Probleme ausschließen zu können, können Röntgenbilder gemacht werden, wobei Knorpelgewebe darin nicht untersucht werden kann. Um dies beurteilen zu können, wird deshalb meist ein MRT vom Schultergelenk (Magnet-Resonanz-Topographie) angeordnet. Hiebei wird unter Umständen ein Kontrastmittel injiziert, um Beschädigungen besser beurteilen zu können. Die endgültige Diagnose kann jedoch in den meisten Fällen erst bei einer Arthroskopie festgestellt werden.
Die International Cartilage Repair Society hat unterschiedliche Schweregrade für die Einteilung von Knorpelschäden erstellt:

Grad 0: (normal) gesundes Knorpelgewebe
Grad 1: Der Knorpel hat weiche Stellen oder Blasen
Grad 2: Kleine Beschädigungen des Knorpels sind sichtbar
Grad 3: Beschädigungen mit Spaltbildung (bei mehr als 50% des Knorpelgewebes im Gelenk)
Grad 4: Die Beschädigungen des Knorpels gehen bis auf den darunterliegenden Knochen und exponieren diesen.

Die Knorpelschaden im Schultergelenk kann am besten im MRT beurteilt werden.

Lesen Sie hierzu auch mehr: MRT vom Schultergelenk

Therapie

Es gibt zwei konkret unterschiedliche Therapieansätze bei einem Knorpelschaden im Schultergelenk. Zum einen gibt es die konservative Therapie, auf die viele Patienten, je nach Größe und Art des Knorpelschadens gut ansprechen.
Diese Therapie enthält unter anderem den Einsatz von schmerz- und entzündungshemmenden Medikamenten (NSARs), und Übungen für das Gelenk mit Physiotherapie oder zuhause.
Außerdem ist es eine konservative Therapie sinnvoll, um die Symptome zu lindern und das Gelenk so wenig wie möglich Belastungen auszusetzen. Falls der Schaden nicht übermäßig groß ist, kann es durchaus sein, dass diese Behandlung allen Ansprüchen des Patienten gerecht wird.

Wenn diese konservative Methode sich jedoch als insuffizient erweist, kann der behandelnde Arzt eine Operation in Erwägung ziehen. Größtenteils werden Knorpelschäden des Schultergelenks mittels Arthroskopie behandelt. Hierbei handelt es sich um eine minimal-invasive Operation, bei der, mit unterschiedlichen Methoden das Knorpelgewebe wiederhergestellt werden kann.
Meist wird eine Technik angewandt, die Mikrofraktuierung genannt wird. Hierbei sollen Einblutungen entstehen, die das Gewebe zur Knorpelbildung anregen. Das Verfahren der Knorpeltransplantation, bei der Knorpel aus anderen Gelenken entnommen, und in das betroffene Gelenk eingesetzt wird, hat sich bei der Behandlung von Knorpelschäden im Schultergelenk noch nicht durchgesetzt.

Konservative Therapiemöglichkeiten

Kann Hyaluronsäure helfen?

Hyaloronsäure als ein wichtiger Bestandteil des Bindegewebes und auch der Gelenksflüssigkeit, kann im Rahmen der Arthrosetherapie verwendet werden. Denn gerade bei Patienten mit Knorpelschäden, ist die Verfügbarkeit von Hyaloronsäure im Gelenk deutlich herabgesetzt.

Das aus tierischem Ausgangsmaterial gewonnene Präparat wird in mehreren Sitzungen (1-5 Injektionen) in das geschädigte Gelenk gespritzt, wo es dann als eine Art „Gelenkschmiere“ und Stoßdämpfer dient. Besonders in den frühen Stadien von Knorpelschäden kann dieses Verfahren zu einer deutlichen Verringerung der Schultergelenksschmerzen führen, sodass eine bessere Belastung möglich ist.

Erfahren Sie hier mehr zum Thema: Hyaluronsäure zur Behandlung von Gelenkserkrankungen

Kann Chondroitin/Glucosamin helfen?

Neben der Injektion von Hyaloronsäure in das Schultergelenk, sprechen einige auch von der Möglichkeit, bestimmte Nahrungsergänzungsmittel (Chondroitinsulfat und Glucosamin) einzunehmen, die der Arthrose entgegen wirken sollen.

Chondroitinsulfat ist ein natürliches Molekül, welches von knorpelbildenden Zellen des Körpers gebildet wird und an dem Aufbau und der Stärkung des Gelenkknorpels beteiligt ist. Das Zuckerderivat Glukosamin stellt ebenfalls einen wichtigen Baustein des Knorpelgewebes dar. Erste medizinische Studien über die therapeutische Wirkung der oral eingenommenen Präparate sind jedoch widersprüchlich. Eine wesentliche Besserung der Symptome bzw. ein Rückgang des Knorpelschadens konnte bisher nicht sicher verzeichnet werden.

Lesen Sie hier mehr zum Thema Chondroprotektiva

Kann Homöopathie helfen?

Alternativ oder sogar auch begleitend kann ein homöopathischer Ansatz verfolgt werden. Hierbei stehen verschiedenste homöopathische Arzneimittel bei degenerativen Erkrankungen wie Knorpelschaden zur Verfügung. 

Zu den gängigen Mitteln zählen herbei: Acidum formicicum, Acidum sulfuricum, Aranin (gewonnen aus der schwarzen Nachtspinne), Aristolochia (Pfeifenblume), Calcium sulfuricum, Formica rufa (gewonnen aus der roten Waldameise), Harpagophytum (Teufelskralle), Kalium sulfuricum.

Kann Akupunktur helfen?

Die Akupunktur kann als alternativer oder ergänzender Therapieversuch bei einem Knorpelschaden im Schultergelenk in Erwägung gezogen werden. Nach der traditionellen chinesischen Medizin bewirken die feinen Nadeleinstiche in ganz bestimmten, ausgewählten Körperpunkten eine Reizung dieser Stellen. Dadurch kann man bestimmte Körperregulationen beeinflussen. 

Der genaue Wirkmechanismus ist allerdings bisher noch nicht geklärt. Einige Patienten berichten, dass durch regelmäßige Akupunktur zu Arthrosetherapie die Schmerzen in dem betroffenen Gelenk verringert und die Beweglichkeit verbessert worden seien. Erste medizinische Studien zur Untersuchung der Wirksamkeit der Akupunktur bei Kniegelenksarthrose zeigen ein positives Ergebnis.

Informieren Sie sich hier rund um das Thema Akupunktur

Kann Osteopathie helfen?

Die Osteopathie, als ein Bereich der Alternativmedizin, diagnostiziert und therapiert bestimmte Funktionsstörungen des Bewegungsapparates des Menschen. Besonders bei schmerzhaften Knorpelschäden in Gelenken, kann es schnell unbewusst zu Schonhaltungen kommen, die nicht nur zu muskulären Verspannungen führen, sondern die beginnende Arthrose zusätzlich noch weiter begünstigen.

Mit bestimmten manuellen Techniken kann die Osteopathie diese Schonhaltungen aufdecken und beheben. Zudem kann sich der osteopathische Therapieansatz parallel zu den orthopädischen und physiotherapeutischen Behandlungsmethoden um die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Beweglichkeit in dem Schultergelenk kümmern. 

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Welche Hausmittel kann ich unterstützend einnehmen?

In den meisten Fällen ist eine medikamentöse Therapie gegen die Beschwerden bei Knorpelschäden im Schultergelenk oder Arthrose allgemein unumgänglich. Ergänzend können jedoch auch verschiedene Hausmittel angewendet werden.

Wer profitiert von einer OP der Schulter?

Erst wenn alle konservativen Therapiemöglichkeiten versucht und ausgeschöpft worden sind, sollte über eine operative Behandlung des Knorpelschadens am Schultergelenk diskutiert werden.
Das bedeutet, dass erst dann über einen künstlichen Gelenksersatz nachgedacht werden sollte, wenn eine medikamentöse, orthopädische, physiotherapeutische und/oder alternativmedizinische Behandlung zu keiner Beschwerdeminderung mehr führt.

Warum der operative Eingriff so lange wie möglich herausgezögert werden sollte, liegt nicht unbedingt nur an den damit einhergehenden Operationsrisiken. Es liegt vielmehr an der Tatsache, dass ein künstlicher Gelenksersatz keinesfalls eine unbegrenzte Lebensdauer (ca. 10 Jahre ) besitzt, sodass ein Gelenksersatz im jungen/jüngeren Lebensalter möglicherweise auch mit einem oder sogar mehreren Operationen für den Materialaustausch im Laufe des Lebens einhergehen kann.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 12.08.2014 - Letzte Änderung: 30.03.2024