Die Glasknochenkrankheit (Osteogenesis imperfecta) zeichnet sich durch erhöhte Brüchigkeit der Knochen aus. Die Knochen brechen dabei bei kleinsten Verletzungen. In Deutschland sind etwa 2.500-4.500 Menschen von der Glasknochenkrankheit betroffen.
Knochen besteht aus festem Bindegewebe (Kollagen), das faserig verknäuelt ist. In dieses Konstrukt lagern sich letztlich Kalksalze ein, die dem Knochen ihre abschließende Festigkeit geben und ihn mineralisieren.
Bei der Glasknochenkrankheit liegt eine Genmutation auf den Chromosomen 7 und 17 vor, die die Informationen für die Bildung des für den Knochen wichtigsten Kollagens enthalten, dem Kollagen Typ 1. Durch diese Mutation wird das Kollagen Typ 1 nicht korrekt gebildet. Außerdem ist die Verdrillung der einzelnen Kollagenfasern gestört, sodass eine verminderte Festigkeit und Stabilität des Knochens resultiert.
Die Glasknochenkrankheit (lat.: Osteogenesis imperfecta) ist eine Erkrankung, die sich durch erhöhte Brüchigkeit der Knochen auszeichnet. Die Knochen brechen bildlich gesprochen so leicht wie Glas, was der Krankheit ihren umgangssprachlichen Namen gibt.
In Deutschland sind etwa 2.500-4.500 Menschen von der Glasknochenkrankheit betroffen. Das entspricht etwa vier bis sieben Fällen auf 100.000 Einwohner.
Die Glasknochenkrankheit kann erblich bedingt sein. Ist sie in einer Familie bereits aufgetaucht, so wird sie autosomal-dominant vererbt, d.h. Kinder erkrankter Eltern bilden diese Krankheit ebenfalls aus, insofern sie die fehlerhafte Geninformation übertragen bekommen.
Die Glasknochenkrankheit kann allerdings auch spontan, d.h. durch zufällige Mutation in der DNA entstehen, ohne, dass in der Familie bereits ein solcher Fall vorgekommen ist.
Die Symptome der Glasknochenkrankheit beruhen vor allem auf der Instabilität der Knochen.
Die Patienten erleiden sehr schnell Knochenbrüche, auch ohne äußerliche Gewalteinwirkung, sogenannte Ermüdungsbrüche. Die Frakturen treten bis zum Beginn der Pubertät gehäuft auf und werden im Erwachsenenalter in der Regel seltener. Häufig sind schon beim Kleinkind große Fontanellen auffällig. Dazu kommt oft ein Kleinwuchs und Deformitäten des Skeletts, wie z.B. eine Skoliose (Seitwärtsbiegung der Wirbelsäule) oder eine Kyphose (Buckelbildung).
Die Muskulatur der Betroffenen ist häufig unterdurchschnittlich ausgeprägt. Weitere Auffälligkeiten sind z.B. blaue Skleren (das, was beim Auge normalerweise weiß ist, erscheint bläulich), Schwerhörigkeit, hypermobile Gelenke, Leistungseinbrüche, vermehrtes Schwitzen und ein auffällig weicher Schädel (Kautschuk-Kopf).
Im Rahmen der Glasknochenkrankheit treten außerdem häufig Herzklappenfehler auf, wie Insuffizienzen (ungenügendes Schließen der Klappen) oder auch eine offene Kammerscheidewand.
Die Glasknochenkrankheit kann in verschiedene Subtypen unterteilt werden, die jeweils besondere Merkmale haben. Dabei unterscheidet sich oft die Statur der Betroffenen, sowie die Ausprägung von Symptomen und der Verlauf der Erkrankung.
Typ I (Typ Lobstein): Der Typ I der Glasknochenkrankheit ist die mildeste Verlaufsform. Oft wird sie erst diagnostiziert, wenn das Kind bereits älter ist und sich auffällig oft Frakturen zuzieht. Es kommt jedoch auch vor, dass die Diagnose noch später gestellt wird, wenn Begleitsymptome auffällig werden, so z.B. Hörprobleme im Erwachsenenalter. Die Betroffenen haben in der Regel wenige Skelettauffälligkeiten. Ihre Gelenke sind meist extrem mobil und ihre Muskulatur eher schwach ausgeprägt. Die Skleren können bläulich verfärbt sein. Ansonsten ist der Typ I unauffällig.
Typ II: Der Typ II der Glasknochenkrankheit stellt die schwerste Verlaufsform der Erkrankung dar. Die Patienten sind extrem frakturgefährdet und leiden unter einer unterentwickelten Lunge. Bisher galt diese Form der Glasknochenkrankheit als nicht überlebensfähig, kann heutzutage jedoch besser behandelt werden, wodurch die Überlebenszeit verlängert werden kann. Dennoch treten bereits unter der Geburt bei vielen Kindern multiple Knochenbrüche auf, weshalb die Kinder auch bereits innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Geburt oft versterben. Auch die ungenügende Lungenreife ist ausschlaggebend für den frühzeitigen Tod der kleinen Patienten.
Typ III (Typ Vrolik): Patienten mit Typ III der Glasknochenkrankheit leiden ebenfalls unter einer starken Ausprägung der Erkrankung. Sie sind kleinwüchsig und weisen viele Skelettdeformierungen auf, die sowohl an den Extremitäten als auch an der Wirbelsäule auftreten. Dadurch kann auch die Atmung beeinträchtigt werden. Häufig sind diese Patienten auf einen Rollstuhl angewiesen.
Typ IV: Der Typ IV kann als eine leichtere Verlaufsform des Typ III angesehen werden. Auch diese Patienten sind kleinwüchsig, leiden aber weniger an Skelettdeformitäten und benötigen nicht so häufig einen Rollstuhl wie Patienten mit Typ III. Die Skleren der Betroffenen können normal, aber auch bläulich verfärbt sein.
Typ V: Bei Patienten mit Typ V der Glasknochenkrankheit tritt das Phänomen der überschießenden Kallusbildung auf. Dabei kommt es nach Frakturen zur überschießenden Knochenneubildung, sodass es zu Verdickungen an den Knochen kommt. Außerdem lagert sich bei diesen Patienten Kalzium in die Bandstrukturen zwischen Elle und Speiche, sowie zwischen Schien- und Wadenbein ein. Dadurch kommt es zu Problemen bei der Ein- und Auswärtsdrehung dieser Körperteile. Dies kann bereits bei der Untersuchung einen Hinweis auf die zugrunde liegende Erkrankung geben.
Typ VI: Patienten mit Typ VI haben normale bis bläuliche Skleren. Sie zeigen typische Symptome der Glasknochenkrankheit. Die Besonderheit ist jedoch, dass bei diesen Patienten keine genetische Ursache für die Symptome gefunden werden kann. Sie haben nicht die typischen Genmutationen wie die anderen Patienten mit Glasknochenkrankheit.
Typ VII: Das besondere Merkmal der Patienten mit Glasknochenkrankheit Typ VII ist die sogenannte Rhizomelie. Dabei sind die Oberarm- und Oberschenkelknochen im Vergleich zu den Unterarm- und Unterschenkelknochen relativ zu kurz.
Die Therapie der Glasknochenkrankheit stützt sich maßgeblich auf drei Pfeiler: Physiotherapie, Marknagelung und Bisphosphonate. Da die Glasknochenkrankheit genetisch bedingt ist, ist sie bislang noch nicht heilbar.
Die Therapie dient lediglich der Besserung der Symptomatik.
Physiotherapie: Die Physiotherapie gewinnt zunehmend an Bedeutung bei der Behandlung der Glasknochenkrankheit. Immobilität fördert den weiteren Verlust der Knochenmasse, daher sind gezielte physiotherapeutische Übungen förderlich, um die frakturgefährdeten Knochen zu stabilisieren. Dabei wird auch besonders Fehlhaltungen vorgebeugt, da die Muskulatur aufgebaut wird. Nach Möglichkeit sollte die Physiotherapie täglich durchgeführt werden. Zudem bietet es sich an, die Übungen im Wasser auszuführen. Dabei können sich die Patienten gut selbst bewegen und es besteht keine Sturz- und Frakturgefahr.
Marknagelung: Die Marknagelung dient der direkten Stabilisierung der Knochen. Dazu wird der entsprechende Knochen im Rahmen einer Operation in mehrere Stücke zerteilt. Anschließend werden die Stücke perlschnurartig auf einen Nagel oder Draht aufgefädelt, sodass die ursprüngliche, achsengerechte Stellung des Knochens wieder hergestellt ist. Auf diese Art und Weise lassen sich Knochendeformitäten im Anschluss an Frakturen vermeiden. Dazu können auch Teleskopnägel verwendet werden, die sich auseinanderziehen lassen und somit das Wachstum nicht behindern. Somit müssen die Nägel nicht so oft aufgrund unzureichender Länge gewechselt werden. Die Marknagelung darf allerdings nicht bei Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand durchgeführt werden. Auch kann sie nicht angewandt werden, wenn zu wenig Knochensubstanz vorhanden ist, da der Nagel dann nicht genug Halt im Knochen hat.
Bisphosphonate: Die Behandlung der Glasknochenkrankheit mit Bisphosphonaten ist ein medikamentöser Therapieansatz.
Bisphosphonate sind Präparate, die knochenabbauende Zellen hemmen und so sekundär zu einer Vermehrung der Knochensubstanz führen. Dadurch kann die Frakturrate bei den Patienten vermindert werden. Auch Knochenschmerzen treten unter Bisphosphonattherapie seltener auf.
Da die Glasknochenkrankheit genetisch bedingt ist, kann sie nicht durch prophylaktische Maßnahmen verhindert werden.
Ein an die Erkrankung angepasster Lebensstil kann ihren Verlauf jedoch mildern und die Symptome lindern. Betroffene sollten ihre Knochen nicht zusätzlich belasten, d.h. sie sollten auf Alkohol und Rauchen verzichten. Zusätzlich wirkt eine ausgewogene Ernährung mit Vermeidung von Über- und Untergewicht protektiv und kann das Befinden der Patienten verbessern.
Auch das physiotherapeutische Training sollte konsequent ausgeführt werden. Auf diese Weise lassen sich die besten Behandlungserfolge erzielen.
Die Prognose der Glasknochenkrankheit hängt vor allem vom Typ der Erkrankung, d.h. von der Aggressivität des Verlaufs ab. Dies kann von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein und lässt sich nicht genau vorhersagen. Durch die heutigen medizinischen Maßnahmen hat sich die Prognose insgesamt jedoch deutlich verbessert.
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