Symptome einer Schizophrenie

Synonyme

Bewusstseinsspaltung, Spaltungsirresein, endogene Psychosen, schizophrene Psychosen, Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis

Definition

Um den Begriff der Schizophrenie zu verstehen, muss man zunächst einmal den Begriff „Psychose“ klären. Eine Psychose ist ein Zustand, bei dem der Patient den Bezug zur Wirklichkeit (Realität) verliert.

Normalerweise nehmen wir Menschen unsere Realität mit Hilfe unserer Sinne wahr und verarbeiten sie anschließend in unserem Denken. Im Rahmen einer Psychose, bzw. eines psychotischen Zustandes kann beides gestört sein.

Die Schizophrenie nun ist eine Form der Psychose, bei der zum einen die Sinneswahrnehmungen gestört sein können und es zu Halluzinationen kommen kann, zum anderen kann auch das Denken an sich schwer gestört sein. Die Verarbeitung von Wahrnehmungen können z.B. zu Wahnvorstellungen führen.

Alles in allem verlieren Menschen in einem psychotischen Zustand nach und nach den Bezug zur Realität und somit auch zu ihrem Leben. Sie können die ihnen zugetragenen Aufgaben (als Partner, Arbeitnehmer, Autofahrer etc.) zunehmend schwerer erfüllen.

Was Psychose bzw. Schizophrenie nicht meint, ist eine gespaltene Persönlichkeit bzw. multiple Persönlichkeitsstörung!

Symptome

Insgesamt kann das klinische Bild bzw. die Symptomatik von Patient zu Patient sehr verschieden sein. Obwohl es sich somit um eine Krankheit mit vielen Gesichtern handelt, gibt es eine Einteilung der klinischen Symptome in 3 Klassen:

  • Positivsymptomatik (die Positivsymptomatik finden Sie unter unserem Thema Schizophrenie)
  • Negativsymptomatik
  • Psychomotorische Symptomatik

Lesen Sie auch: Was ist eine schizophrene Psychose?

Negativsymptomatik

Unter die Negativsymptomatik fallen alle die Symptome, die man als „Basissymptome“ bezeichnen kann und bei denen es sich nicht um ein „Produkt“, also einer Fehlverarbeitung des Patienten handelt. Die wichtigsten Negativsymptome sind:

  • Flaches Gefühlsleben
    Viele Schizophrene wirken im emotionalen Erleben „abgestumpft“. Sie reagieren kaum emotional. Vieles wirkt „egal“. Der Gesichtsausdruck erscheint sehr unbewegt, die Stimme wirkt eintönig und der Blick ist gesenkt.
  • Wortarmut
    Vielen Schizophrenen ist es gemein, dass sie nur sehr wenig sprechen. Sie sind in ihren Antworten dann sehr einsilbig oder bleiben zur Gänze stumm. Eine mögliche Erklärung hierfür liegt entweder in einer grundsätzlichen Gedankenarmut oder aber am sog. „Gedankenabreißen“. Hierbei verschwinden Gedanken einfach, so dass es den Patienten nicht mehr möglich ist, auf Anforderungen oder fragen zu reagieren.
  • körperliche Erschöpfbarkeit
    Patienten verlieren nach und nach ihr körperliches Leistungsvermögen. Zum einen durch die Krankheit selbst, aber auch häufig im Rahmen der medikamentösen Therapie, kommt es häufig zu einer sehr großen Müdigkeit.
  • Sozialer Rückzug
    Menschen, die die Welt in der sie leben und die Menschen, die sie bislang kannten plötzlich ganz anders erleben, ziehen sich nach und nach immer mehr zurück. Sie beschäftigen sich zusehends mit ihren eigenen Gedanken und Ängsten. Dies führt nicht selten zu einem Zustand der Verwahrlosung, der bei unzureichender Nahrungszufuhr sogar lebensbedrohlich werden kann.
  • Schlafstörung
    Fast alle schizophrenen Patienten entwickeln früher oder später Ein- und Durchschlafstörungen. Bei der Therapie der Schlafstörung sind oft sind hier nur Medikamente hilfreich.
    Weitere Informationen zum Thema finden Sie auch unter: Schlafstörung.
  • Erhöhte Stressanfälligkeit
    Neben der körperlichen Erschöpfbarkeit, kann es auch eine „seelische Erschöpfbarkeit“ geben, bei der die Patienten Stress überhaupt nicht mehr gut vertragen können. Sie sind wenig belastbar und müssen sich (z.B. auf der Arbeit) häufiger zurückziehen.

Auch sind diese Symptome bei einer bipolaren Störung zu finden. Um sich zu vergewissern, ob es sich doch nicht um einer bipolare Störung handelt, lesen Sie auch: Was sind die Symptome einer bipolaren Störung?

Psychomotorische Symptome

Nicht selten findet sich bei schizophrenen Patienten ein Verlust der spontanen und ungezwungenen Bewegung und die Entwicklung seltsam anmutender Bewegungsmuster. Auch hier kann es zu unterschiedlichsten Ausprägungen der Symptome kommen.

  • Katatonie
    Die Katatonie ist die wohl extremste Form der psychomotorischen Symptomatik, diese tritt auch nur selten auf. Katatone Patienten sind zunächst einmal bewegungslos. Sie reagieren auf keinerlei Außenreize und bleiben manchmal für Tage stumm.
    Einige bleiben sehr still sitzen oder liegen, andere nehmen bestimmte Haltungen ein und verharren so stundenlang. Einige lassen sich passiv in andere Haltungen bringen und verharren so. Diese Patienten haben eine sog. wächserne Biegsamkeit (flexibilitas cerea)
  • Katatone Erregung
    Hierbei kommt es zu einem völlig ungerichteten Hin- und Herbewegen mit Rudern der Arme. Dies kann im schlimmsten Falle zur Selbstverletzung oder Fremdgefährdung führen.

Ursachen einer Schizophrenie

Über viele Jahre suchte man die eine Hypothese, die die Ursache einer Schizophrenie erklären könnte. Heutzutage ist sich die Wissenschaft sicher, dass es den einen, einzelnen Grund für die Erkrankung nicht gibt. Vielmehr geht man heutzutage davon aus, dass es eine Reihe von ursächlichen Faktoren gibt, die das Auslösen der Schizophrenie begünstigen. Diese Theorie sieht den Patienten als verwundbarer an, wenn er einige der unten aufgeführten Faktoren aufweist.

Faktoren, die die Vulnerabilität / Verletzlichkeit eines Menschen erhöhen sind:

  • Vererbung (Genetische Faktoren):
    Es gilt als gesichert, dass Menschen, die schizophrene Angehörige haben, ein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben. Die Wahrscheinlichkeit, wenn ein Elternteil erkrankt ist, liegt bei ca. 10-13%, wenn beide Elternteile erkrankt sind, steigt die Wahrscheinlichkeit auf etwa 40%.
    Dies zeigt jedoch auf der anderen Seite, dass dies keineswegs der ausschließliche Erkrankungsfaktor sein kann, da 60% der Angehörigen keine Schizophrenie entwickeln.
  • Biochemische Faktoren:
    Man weiß heute, dass die Nervenzellen im Gehirn (Neuronen) mit Hilfe von Botenstoffen (Transmittern) miteinander kommunizieren. Bezüglich der Schizophrenie kennt man heute die sog. „Dopaminhypothese“, der zufolge der Botenstoff Dopamin übermäßig aktiv ist und somit den gesamten Hirnstoffwechsel aus der Balance bringen. (Genau hier setzt die medikamentöse Therapie der Schizophrenie an)
    Neuere Forschungen zeigen, dass auch noch andere Botenstoffe eine veränderte Aktivität zeigen.
  • Veränderte Form des Gehirns:
    Es gibt Forschungsergebnisse, die zeigen, dass die Struktur des Gehirnes bei Kranken Veränderungen aufzeigen. Veränderungen wurden nachgewiesen sowohl auf mikroskopischer Zellebene (Veränderung der Zellanordnung im Hypokampus etc.), als auch in großen Strukturen (vergrößerte 3.Ventrikel, verkleinerte Stirnlappen etc.). Auch diese genannten Veränderungen treten keineswegs bei allen Patienten auf.
  • Eine Virusinfektion vor der Geburt:
    Es gibt die Hypothese, dass eine Virusinfektion der Mutter im 2. Drittel der Schwangerschaft die Entwicklung der Schizophrenie begünstigen kann.
    Weitere Informationen finden Sie auch unter unserem Thema: Virusenzephalitis
  • Psychologische Faktoren:
    Als in den 50er und 60er Jahren Erkenntnisse über die biologischen und genetischen Faktoren der Schizophrenie gewonnen wurden, traten die psychologischen Theorien in den Hintergrund.
    Allerdings können die biologischen Faktoren, die Entstehung der Schizophrenie nicht allein erklären.
    Wie bereit oben erwähnt, ist die Wahrscheinlichkeit, bedingt durch die Genetik an einer Schizophrenie zu erkranken bei einem Kind von zwei schizophrenen Eltern bei ungefähr 40 %. Wäre die Erkrankung ausschließlich biologisch bedingt, müsste die Wahrscheinlichkeit bei 100% liegen.
    Diese Erkenntnis ließ psychologische Theorien wieder interessanter werden, obwohl sie auch immer im Zusammenhang mit den biologischen Faktoren betrachtet werden müssen.

Informieren Sie sich hier rund um die Themen: 

Familientheoretische Modelle

Familientheoretische Modelle der Entstehung der Schizophrenie sahen zusammengefasst gestörte Kommunikation in der Familie als Ursache. Allerdings konnten die folgenden Theorien wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden:

  • Siegmund Freud sah im Jahre 1924 die Entwicklung der Schizophrenie als zweigestuft. In der ersten Stufe sah er eine Zurückentwicklung (Regression) des Patienten auf einen Zustand, der vor der eigentlichen Differenzierung des Ich steht.(höhere Entwicklung der Persönlichkeit). In der zweiten Stufe sah Freud einen Versuch des Patienten erneut die Kontrolle über das eigene Ich zu bekommen. Er machte eine Umwelt mit zahlreichen Entbehrungen dafür verantwortlich, dass der Patient in einen früheren Zustand des sog. „primären Narzissmus zurückfällt.
  • Fromm-Reichmann stellte im Jahre 1948 die Hypothese der sog. „schizophrenogenen Mutter“ auf. Dieser Hypothese zufolge ist die Mutter der schizophrenen Patienten emotionslos und kalt. Sie kann auf die Bedürfnisse ihres Kindes nicht eingehen. Vielmehr benutzt die Mutter das Kind zur Befriedigung eigener Bedürfnisse.
  • Bateson verfasste 1978 die Hypothese des sog. „Double-Bind“. Hier vermitteln die Eltern ständig doppelte Botschaften und stürzen die Kinder somit in große Entscheidungsschwierigkeiten.
  • Litz ergänzte 1973 die Hypothese des „Eheschisma“, bei dem Vater und Mutter im offenen Konflikt leben und um die Zuneigung des Kindes buhlen.

Das Konzept “High-Expressed Emotions“

Die Tatsache, dass diese älteren familientheoretischen Schizophrenieerklärungen nicht wissenschaftlich bestätigt wurden, bedeutet aber nicht, dass die Verhaltensweisen von Familienmitgliedern nicht etwas mit der Entstehung von Schizophrenie zu tun haben.
So gab es eine sehr bekannte Untersuchung, die nachweisen konnte, dass die Verhaltensweisen der Familienangehörigen einen entscheidenden Einfluss auf die Rückfallwahrscheinlichkeit der schizophrenen Patienten 9 Monate nach Entlassung aus der stationären Behandlung hatten. Dieses Konzept der „High-Expressed Emotions“ konnte nachgewiesen werden:

Das Konzept “High-Expressed Emotions“

High-Expressed Emotions (High EE) kann man als eine emotional aufgeladene Atmosphäre in der Familie beschreiben.
Hierunter fällt nicht nur Kritik, Abwertung, Ärger und Feindseligkeit, sondern auch emotionales Überengagement und extreme Sorge und Fürsorglichkeit, sowie ständiges Grübeln, Besorgnis, Abhängigkeit des eigenen Zustands vom Pat. ich denke ständig daran, was aus ihm werden soll“, „ich tue alles für ihn, wenn es ihm nur gut geht!“

Die Forschungsgruppe um dieses Konzept führte Interviews mit den Familien schizophrener Patienten und wertete anschließend mit Hilfe einer Tonbandaufnahme die Aussagen aus, so dass zum Schluss eine Einteilung in „Niedrig“ und „Hoch“ Emotionalität im Sinne des EE-Konzeptes.

Das Ergebnis war das Folgende:
Bei den Familien mit hoher belastender Emotionalität hatten 48 % der Patienten einen erneuten psychotischen Rückfall, bei den niedrig belastender Emotionaltät nur 21 %.

Diese Erkenntnis wurde in das nachfolgende Modell integriert und ist somit ein Teil des aktuellen Modells der Entstehung der Schizophrenie. Es war auch bedeutend für die psychologische Therapie bei Schizophrene in dem Sinne, dass ein Programm für ein Familienkommunikationstraining entwickelt wurde, welches zur Verhinderung von Rückfällen bei schizophrenen Patienten eingesetzt wird.

Vulnerabilitäts-Stress-Model

Wie bereits oben erwähnt, gilt heute das VSM als die wahrscheinlichste Urasche der Entstehung der Schizophrenie. Verschiedenste Faktoren (biologisch, soziale, familiäre etc.) führen zur erhöhten „Verwundbarkeit“ (Vulnerabilität).

Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell nach Libermann (1986)

  1. Ein ungünstiger Umweltfaktor erzeugt Stress
  2. Aufgrund unzureichender Bewältigungsstrategien kommt es zu autonomer Hypererregung
  3. Kognitive Defizite werden verstärkt, was wiederum den sozialen Stress erhöht
  4. Prodromalstadium (ohne Interventionen oder eigene Bewältigungsversuche schaukeln sich die Defizit weiter auf)
  5. Ausbruch schizophrener Symptome mit weiterer Beeinträchtigung der sozialen und beruflich Leistungsfähigkeit
  6. Weiterer Verlauf hängt von den Belastungsfaktoren, sowie Bewältigungskompetenzen und neuroleptischer Medikation

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 26.05.2007 - Letzte Änderung: 22.10.2021