Gezielte Krebstherapie mit Tyrosinkinase- Hemmer

Synonyme

Zu den Tyrosinkinase-Hemmern gehören u.a.:
Imatinib, Sunitinib, Midostaurin und sehr viele Weitere

Einleitung

Tyrosinkinase-Hemmer werden auch als Tyrosinkinase-Inhibitoren bezeichnet. Es handelt sich hierbei um eine Gruppe von Arzneimitteln zur Hemmung des Enzyms Tyrosinkinase, die an der Entstehung, am Überleben und der Ausbreitung von Krebserkrankungen im Körper beteiligt sind. Tyrosinkinase-Hemmer, wie die Wirkstoffe Imatinib, Sunitinib und weitere, kommen bei der Behandlung verschiedener Tumorerkrankungen zum Einsatz, zum Beispiel bei der chronischen myeloischen Leukämie (CML), bestimmten Typen von Lungenkrebs (Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom) oder dem Nierenzellkarzinom.

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Indikationen für Tyrosinkinase-Hemmer

Die im Handel befindlichen Tyrosinkinase-Hemmer kommen bei unterschiedlichen Erkrankungen zum Einsatz, hauptsächlich Krebserkrankungen, daneben auch bei der Rheumatoiden Arthritis. Bei letzteren handelt es sich um eine entzündliche Erkrankung der Gelenke, die zunächst Finger- und Zehengelenke betreffen. Zu den Indikationen für Tyrosinkinase-Hemmer gehören:

In welchem Stadium der Erkrankung die Tyrosinkinase-Hemmer zum Einsatz kommen, bestimmt die Erkrankung und der Verlauf.

Wirkstoff und Wirkung

Bei Tyrosinkinasen handelt es sich um Enzyme, also Schlüsselfiguren des Stoffwechsels, die an der Entstehung und dem Überleben von bösartigen (malignen) Tumoren, Krebs, beteiligt sind.
Besonders unkontrollierte Aktivitäten dieser Enzyme führen zu stetigem Wachstum von Zellen, aus denen maligne Tumore hervorgehen können. Tumormassen verdrängen gesundes Gewebe und streuen entartete Zellen auf verschiedenen Wegen, also bilden Metastasen in anderen Organsystemen.
Besonders bei der Chronischen Myeloischen Leukämie spielt die erhöhte Aktivität des Enzyms Tyrosinkinase eine entscheidende Rolle in der Tumorentstehung und Ausbreitung.
Tyrosinkinase-Hemmer hemmen die Enzyme und unterbinden dadurch die erhöhte Zellteilung der kranken Zellen. Auch bei anderen Krebserkrankungen scheint ein Teil der Aktivität auf entartete Tyrosinkinasen zurückzugehen, was deren Wirksamkeit in der Behandlung erklärt. Tyrosinkinase-Hemmer wirken im Vergleich zu herkömmlichen Krebstherapeutika, sogenannte Zytostatika, noch gezielter auf kranke Zellen und gehen deshalb mit vergleichsweise weniger Nebenwirkungen einher. Sie gehören zum Wirkstoffspektrum der sogenannten gezielten Krebstherapie (englisch „targeted therapy“) und werden gentechnisch als monoklonale Antikörper hergestellt. Damit wirken sie auf eine spezifische Struktur der entarteten Tumorzellen.

Weitere Informationen finden Sie unter Tyrosinkinase.

Die Tyorsinkinase-Hemmer gehören aufgrund Ihrer Wirkungsweise zu den Chemotherapeutika. Es gibt noch weitere Chemotherapeutika, u.a. die Zytostatika. Falls Sie sich darüber informieren möchten, empfehlen wir Ihnen unsere Seite Substanzen der Chemotherapie

Nebenwirkungen

Tyroinkinase-Hemmer sind hochpotente Arzneimittel. Die Anwendung kann zu Nebenwirkungen führen, die nicht bei jedem Patienten auftreten müssen. Teilweise können diese schwerwiegend bis lebensbedrohlich sein, weshalb unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden sollte.

  • Bei der Einnahme von Tyrosinkinase-Hemmer sind unspezifische Nebenwirkungen möglich, wie Appetitverlust, Schwindel, Haarverlust, Gelenkschmerzen, Verdauungsstörungen, Übelkeit, Mundtrockenheit, Taubheit oder Missempfindungen, sowie zahlreiche Weitere. Mit diesen Nebenwirkungen ist in einem gewissen Ausmaß zu rechnen, treten sie allerdings in starkem Maße auf, sollte auch hier ein Arzt informiert werden.
    Falls Sie den Haarverlust im Rahmen der Chemotherapie befürchten, sollten Sie unbedingt folgende Seite lesen: Haarwachstum nach der Chemotherapie beschleunigen
  • Häufige Nebenwirkung der Behandlung mit Tyrosinkinase-Hemmern ist eine erhöhte Einlagerung von Wasser, Ödeme und Gewichtszunahmen.
  • Auch Infektionen können häufiger auftreten, Anzeichen dafür sind etwa Fieber, Schüttelfrost oder Halsentzündungen. Dies liegt an der verminderten Anzahl weißer Blutkörperchen, wodurch das Immunsystem geschwächt ist.
  • Auch blaue Flecken und Blutungen können auftreten, da die Blutgerinnung gestört sein kann.
  • Daneben kann auch die Zahl roter Blutkörperchen verringert sein, was sich durch Blässe, Müdigkeit und Kurzatmigkeit bemerkbar machen kann.
  • Gelegentlich können bei der Behandlung mit Tyrosinkinase-Hemmern Herzbeschwerden und Lungenbeschwerden auftreten, die mit Brustschmerzen, Husten oder erschwerter Atmung einhergehen.
  • Auch der Blutdruck kann erniedrigt sein, was zu Schwindel bis Ohnmacht führen kann.
  • Weitere Nebenwirkungen sind Hautprobleme
  • Weite Nebenwirkungen sind Darmbeschwerden mit Übelkeit, Durchfall, Erbrechen oder Bauchschmerzen.
  • Schwere Nebenwirkungen des Arzneimittels sind Leberschäden, Nierenschäden oder Muskelbeschwerden, die sich durch Verfärbung des Urins, verringerter Urinmenge oder Gelbfärbung von Haut und Skleren zeigen können. Sollten diese Nebenwirkungen bei der Behandlung auftreten, ist sofort ein Arzt zu verständigen, da es sich um bis zu lebensbedrohliche Nebenwirkungen handeln kann.

Generell erfordert die Behandlung mit Tyrosinkinase-Hemmern eine engmaschige Kontrolle der Symptome sowie Laborwerte. Patienten sollten sich genau über die Therapie aufklären lassen.

Die Tyrosinkinase-Hemmer gehören zu den Chemotherapeutika und verursachen durch ihre gezielte Wirkung weniger Nebenwirkungen als die klassischen Chemotherapeutika. Falls Sie sich für die allgemeinen Nebenwirkungen einer Chemotherapie interessieren, empfehlen wir Ihnen unsere Seite zu: Nebenwirkungen einer Chemotherapeutika

Wechselwirkung

Tyrosinkinase-Hemmer werden wie zahlreiche weitere Medikamente über bestimmte Enzyme der Leber verstoffwechselt und abgebaut. Damit können viele Medikamente die Wirkung der Tyrosinkinase-Hemmer beeinflussen, andererseits können auch Tyrosinkinase-Hemmer andere Wirkstoffe beeinflussen. Die Wirkung kann verstärkt sein, was mit einem erhöhten Risiko für Nebenwirkungen einhergeht; oder vermindert, was zu einer Abschwächung der Wirksamkeit der Krebstherapie führt.
Patienten sollten den behandelnden Arzt über jedes eingenommene Medikament informieren, auch wenn es sich dabei um pflanzliche Arzneistoffe handelt. Johanniskraut beispielsweise, das bei leichten bis mittelschweren Depressionen zum Einsatz kommt, kann den Abbau von Tyrosinkinase-Hemmern beschleunigen und die Wirkung schwächen. Weitere Medikamente, die mit Tyrosinkinase-Hemmern interagieren können sind Unterdrücker des Immunsystems, Psychopharmaka, Epilepsie-Medikamente, Bluthochdruckmedikamente und Cholesterinsenker. Auch andere häufig eingesetzte Medikamente wie Paracetamol oder Blutverdünner führen bei gleichzeitiger Anwendung zu Wechselwirkungen. Patienten sollten die Einnahme weiterer Medikamente mit ihrem Arzt und Apotheker besprechen.

Tyrosinkinase-Hemmer und Alkohol - Verträgt sich das?

Während der Behandlung mit Tyrosinkinase-Hemmern ist der Alkoholkonsum nicht unbedingt verboten. Alkohol sollte in Maßen genossen werden, außerdem muss weiterhin auf die regelmäßige Einnahme des Medikamentes geachtet werden. Treten Erbrechen oder Durchfall auf, kann die Wirksamkeit des Tyrosinkinase-Hemmers vermindert sein.

Kontraindikationen - Wann darf ein Tyrosinkinase-Hemmer nicht eingenommen werden?

Tyrosinkinase-Hemmer dürfen nicht eingenommen werden, wenn eine Allergie gegen den Wirkstoff oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels vorliegt. Vor der Einnahme sollte der behandelnde Arzt über bestehende oder zurückliegende Leber-, Nieren- oder Herzerkrankungen informiert sein. Auch eine zurückliegende Hepatitis-B-Infektion sollte untersucht werden, da es zur Reaktivierung der Erkrankung kommen kann, die tödlich verlaufen kann. Auch Patienten, die das Schilddrüsenhormonpräparat Levothyroxin einnehmen, sollten ihren Arzt darüber informieren. Tyrosinkinase-Hemmer können die Wirksamkeit dieser Arzneimittel vermindern, deshalb sollte die Schilddrüsenfunktion regelmäßig kontrolliert und die Dosis angepasst werden.

Dosierung

Es gibt eine Vielzahl von Tyrosinkinase-Hemmer, die je nach Indikation und Patient unterschiedlich dosiert werden müssen. Patienten sollten dabei genau auf die Anweisung ihres Arzt oder Apothekers achten, da die korrekte Einnahme eine Voraussetzung für die Wirksamkeit des Medikamentes ist. Die übliche Dosis in der Behandlung der Chronischen Myeloischen Leukämie mit dem Arzneimittel Glivec (enthält den Wirkstoff Imatinib, ein Tyrosinkinase-Hemmer) beträgt beispielsweise 400 oder 600 mg einmal täglich (bei Kapseln mit je 100mg macht das 4, bzw. 6 Kapseln).

Preis

Bei Tyrosinkinase-Hemmern handelt es sich um Wirkstoffe aus der Gruppe der gentechnisch hergestellten monoklonalen Antikörpern. Diese neuere, gezielte Behandlung von Krebserkrankungen ist noch immer sehr teuer. In der Regel handelt es sich um eine langjährige oder sogar lebenslange Therapie, um einen Rückfall zu unterdrücken. Glivec (enthält den Wirkstoff Imatinib) bei der Therapie der Chronisch Myeloischen Leukämie kostet in der 60 Stück Tablettenpackung, mit 100 mg Wirkstoff pro Filmtablette, über 1.500€.

Alternativen zu Tyrosinkinase-Hemmern

In der Therapie der Chronischen Myeloischen Leukämie gehört der Tyrosinkinase-Hemmer Imatinib zur Erstlinientherapie, vor allem wenn eine bestimmte genetische Mutation vorliegt. Spricht der Patient schlecht auf das Arzneimittel an, wird die Dosis zunächst verdoppelt. Eine weitere Option ist die Kombination mit Interferon alpha. Hat die Standarttherapie keinen Erfolg, wird meist eine Transplantation von Stammzellen von Familienspendern oder Fremdspendern durchgeführt.
Bei anderen Krebserkrankungen sind Alternativen zur Immuntherapie mit Tyrosinkinase-Hemmern die klassische Chemotherapie mit verschiedenen Arzneimitteln, den Zytostatika, oder die Strahlentherapie. Das Behandlungsschema richtet sich nach der Erkrankung und individuellen Faktoren.

Falls Sie sich für die klassiche Chemotherapie als Alternative zu den Tyrosinkinase- Hemmern interessieren, lesen Sie doch auch unsere Seite zu: Durchführung einer Chemotherapie

Wenn Sie mehr zu der Stammzelltransplanation als Alternativtherapie bei der Leukämie erfahren möchten, empfehlen wir Ihnen unsere Seite zu: Stammzelltransplantation

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 23.04.2019 - Letzte Änderung: 12.01.2023